Vor dem Vergessen bewahrt
Vor dem Vergessen bewahrt
In Zusammenarbeit mit der Kantonalen Denkmalpflege und dem Besitzer haben zwei Restauratoren in Steffisburg eine über 250 Jahre alte Inschrift an einem ehemaligen Bauernhaus zu neuem Leben erweckt.
Text & Fotos: Beat Straubhaar
Während der Bildhauer früher hauptsächlich Vorlagen für seine Plastiken skizzierte, entstanden ab 1987 eigenständige kreative Zeichnungen.
«Nüssler» als Ersatzeinkommen
Text von 27,4 Meter Länge
Mit der Unterstützung der Denkmalpflege konnte im vergangenen Jahr der stark verwitterten Schrift neue Kraft verliehen werden. In abgedunkeltem Zustand und mit Streiflicht fanden die Restauratoren Roger Tinguely aus Steffisburg und Hans Salzmann von der Schwarzenegg den genauen Wortlaut. In ihrem Arbeitsbeschrieb ist zu lesen: «Die Befunde zeigen, dass die Inschrift im Wortwechsel in grüner und blauer Ölfarbe mit schwarzer Kontur gestaltet war.» Die beiden Spezialisten fanden das Farbprogramm auf den Konsolen mit den Farbtönen in Oxidrot, Ockergelb, Kupfergrün, Berlinerblau und Schwarz. «Eine eher seltene Kombination, der Wechsel von blau und grün, da blau eine teure Farbe war», meint Roger Tinguely. Die Restaurierung der Frakturinschrift, welche über drei Hausseiten und total 27,4 Meter läuft, dauerte rund zwei Monate. Verwendet wurden natürliche Farbpigmente und Leinöl. Bevor jedoch der Pinsel zum Einsatz kam, musste Dispersionsfarbe aus dem 20. Jahrhundert entfernt werden und die verwitterten Karnies-Friese wurden nachgeschnitzt. Die Inschrift wurde nach den Farbbefunden mit Künstlerölfarbe in Handmischung nachgezeichnet, die Konsolenmalereien nach den Befunden lasierend retuschiert und die schwarze Kontur nachgezogen. «Die Farbigkeit zeugt vom Denken des Erbauers, der kulturelle Einfluss des Spätbarocks ist unverkennbar», erklärt Hans Salzmann. Ihre Recherchen hätten ergeben, dass der gleiche Maler auch auf dem Belpberg und in Gerzensee tätig war.
Neues Leben in altem Haus
Heute wird das Haus von Ernst Reussers Enkelin Christa Schwarz-Reusser und deren Gatte Benjamin bewohnt. Zwei ihrer drei Kinder kamen hier per Hausgeburt zur Welt. «Wir haben damit dem Haus neues Leben eingehaucht», sagt Christa Schwarz. Im Garten pflegt die junge Familie das ökologische Gleichgewicht. «Die Pflanzen- und Tierwelt sind uns sehr wichtig», meint Benjamin Schwarz, auf einen neu angelegten Kräutergarten hinweisend. Dass der Ort speziell ist, beweist auch eine seit Jahren ansässige mittlere Population von Geburtshelferkröten direkt neben dem Haus. Dem «Glögglifrösch» scheint es hier, auch mit neu angelegten Steinmauern und einem Biotop, bestens zu gefallen. Etwas daneben steht immer noch das Hühnerhaus der Urgrossmutter – jetzt benutzt als Therapie- und Massageraum. «Das ist über Jahrzehnte bis heute in Frauenhand geblieben …», lacht die Urgrossenkelin. Nur der «Nüssler» für den Markt ist Geschichte.
Dass der Ort speziell ist, beweist auch eine seit Jahren ansässige mittlere Population von Geburtshelferkröten.