Höhlenbewohner mit Familiensinn

Höhlenbewohner mit Familiensinn

Höhlenbewohner mit Familiensinn

Während sich viele andere Wildtiere im Winter zur Ruhe legen, bleibt der Fuchs auch in der kalten Jahreszeit aktiv. Zwar glauben viele, den Fuchs als listigen und schlauen Dieb zu kennen, doch es gibt noch vieles mehr, was die kleinen Raubtiere so besonders macht…

Text: Anja Rüdin  |  Fotos: zvg

Seit Anfang des Jahrtausends sind Füchse Teil der Fauna unserer Städte. Während sich viele über die Möglichkeit freuen, das Wildtier im eigenen Garten zu beobachten, beklagen sich andere über Schäden oder fürchten die Verbreitung von Krankheiten. Lernt man den Fuchs jedoch besser kennen, wird schnell klar: Ein friedliches Nebeneinander ist mit etwas Toleranz und dem richtigen Verhalten problemlos möglich.


Doch wie fand der Fuchs überhaupt den Weg in unsere Siedlungsgebiete? Nach Ausrottung der Tollwut in der Mitte der 80er-Jahre stieg der Fuchsbestand in der Schweiz rasant an. Durch die starke Ausweitung unserer Siedlungsgebiete überlappten sich in den Folgejahren die Wohngebiete von Fuchs und Mensch zunehmend. Die Füchse scheint dies nicht zu stören: Sie finden in Stadtnähe ein reiches Nahrungsangebot, sichere Rückzugsplätze in Schuppen, unter Holzstapeln etc. und vor allem eine geringe Bejagung.


Anspruchslose Opportunisten 

Da der Fuchs keine besonderen Anforderungen an seinen Lebensraum stellt, findet man ihn sowohl in Wald- und Grasland wie auch in Wohngebieten. Auch in der Thunersee-Region sind Füchse zu finden: Während sie im ländlichen Raum seit jeher allgegenwärtig sind, haben sie sich auch im Stadtgebiet in den letzten 20 Jahren stark etabliert, weiss der Wildhüter der Region, Andreas Rubin. Ihre Anpassungsfähigkeit macht Füchse auch zum am weitesten verbreiteten Raubtier, sie leben in den unterschiedlichsten Lebensräumen weltweit. Der Rotfuchs ist der einzige mitteleuropäische Vertreter der Füchse, weshalb man hier oft einfach von «dem Fuchs» spricht.


Auch bei der Nahrungssuche ist der Fuchs durch und durch anspruchslos. Als Nahrungsopportunist nimmt er vorlieb mit dem, was grundsätzlich leicht zu erbeuten ist und gleichzeitig einen hohen Energiegehalt bietet. So kann die Nahrung lokal und saisonal stark variieren. 




Als Nahrungsopportunist nimmt er vorlieb mit dem, was grundsätzlich leicht zu erbeuten ist.

Seine scharfen Sinne und schnelle Reaktionsfähigkeit sind besonders auf die Jagd von Mäusen abgestimmt. Sogar unter einer dicken Schneedecke hört der Fuchs Mäuse rascheln – dann kommt der berühmte Mäusesprung zum Einsatz.

Die Nahrung von Stadtfüchsen stammt zu mehr als der Hälfte direkt oder indirekt von einer unerschöpflichen Nahrungsquelle – dem Menschen. Das können Abfälle, weggeworfene Essensreste, Fallobst, Beeren und Nüsse aus dem Garten oder im Freien platziertes Futter für Haustiere sein. Bei Regen schmatzen Füchse auch gerne Regenwürmer, denn diese sind fett- und proteinhaltig.

 

Gesellige Höhlenbewohner 

Während man früher noch dachte, der Fuchs sei ein Einzelgänger, weiss man heute mehr: In günstigen Lebensräumen mit genügend Nahrung und Platz leben Füchse in Familiengruppen mit komplizierten Sozialstrukturen zusammen. Sie treffen sich nicht nur zur Paarungszeit von Mitte Januar bis Ende Februar, sondern der Rüde hilft nach der 50- bis 60-tägigen Tragezeit bei der Aufzucht der Jungtiere mit. Auch andere Gruppenmitglieder beteiligen sich an der Betreuung der Jungen. Die Altfüchse bringen oft verschiedene Gegenstände zum Spielen an den Bau – dabei halten sie Schuhe oder Handschuhe aus Leder für besonders geeignet.

Füchse wohnen in einem Erdbau, bestehend aus einer Hauptröhre und mehreren Fluchtröhren. Manchmal ist dieser Erdbau selbst gegraben, viel häufiger übernehmen Füchse jedoch das Zuhause von anderen Tieren wie dem Dachs. Es wurde auch schon beobachtet, dass Dachs und Fuchs einen Bau teilen. In Stadtnähe suchen sich Füchse auch gerne Behausungen unter Gartenhäusern oder in Schuppen und Garagen. Falls Sie einen Fuchsbau in Ihrem Garten finden, die Füchse auf keinen Fall stören und sofort den Wildhüter kontaktieren!


Symbolik und Vorurteile 

Die Beziehung zwischen Fuchs und Mensch ist alt und vielseitig. Schon in der Bibel wurde der Fuchs als Symbol für Wildnis oder List und Bosheit verwendet. Aus der Literatur kennen wir «Reineke Fuchs», der sich durch geniale Lügengeschichten und ausgesuchte Bosheiten aus prekären Lagen rettet. Auch in Märchen, Sagen und Liedern herrscht die negative Darstellung von Füchsen vor: Grimms Märchen, Nils Holgersson, Fuchs du hast die Gans gestohlen… Unsere Wahrnehmung des Fuchses als lästiger Schlaumeier resultiert aus dieser Fülle von Geschichten und Vorurteilen.

Doch in Wirklichkeit ist der Fuchs sehr anpassungsfähig, verspielt und bereichert das Siedlungsgebiet, wie Amseln, Frösche und Igel auch. Sie sind auch nicht aggressiv, sondern wahren von Natur aus lieber die Distanz zum Menschen. Spricht man vom Fuchs, denken viele Menschen direkt an die Tollwut. Dank weit gestreuten Impfködern ist die Schweiz heute tollwutfrei. Zwar können Krankheiten wie der Fuchsbandwurm oder die Fuchsräude vom Fuchs auf den Menschen beziehungsweise auf Hunde und Katzen übertragen werden. Bei gewohnter Reinlichkeit vor dem Genuss von Gemüse, Salat und Beeren wird die Übertragung vom Fuchsbandwurm auf den Menschen auf einen Promillebereich gesenkt. Auch die Fuchsräude lässt sich erfolgreich beim Tierarzt behandeln, sollten sich kahle Stellen im Fell Ihres Hundes oder Ihrer Katze bemerkbar machen.


Zusammenleben von Mensch und Fuchs 

Füchse haben sich bestens an das Leben im Siedlungsgebiet gewöhnt und angepasst, auch an uns Menschen. «Stadtfüchse zeigen keine Scheu gegenüber dem Menschen, es droht ihnen ja keine Gefahr», so Andreas Rubin. Auch sehr neugierige Jungtiere oder halb zahme Füchse können zwar mal aufdringlich sein, werden aber grundsätzlich nie aggressiv reagieren. «Solange sich der Fuchs zurückziehen kann, wird er sich bei willentlicher Näherung des Menschen zurückziehen», versichert der Wildhüter. Folglich ist es besonders wichtig, dass Menschen den Fuchs immer als Wildtier behandeln und nicht füttern oder zähmen wollen.

Das Zusammenleben von Mensch und Fuchs funktioniert problemlos, solange der Mensch die Anwesenheit des Fuchses nicht wahrnimmt. Ein Stadt-Fuchs kann an viel frequentierten Plätzen wie beispielsweise einer Bushaltestelle auch einmal unter einer Hecke verweilen, ohne dass ihn der Mensch entdeckt. «Vielmals merken Menschen ja nicht, was für Lebewesen sich im gemeinsamen Lebensraum noch aufhalten», betont Wildhüter Rubin. 

Sobald jedoch Geflügel oder Kleinsäuger als Haustiere gehalten werden, bekommt man die Präsenz des Fuchses zu spüren. Raubwildsichere Zäune schützen aber zuverlässig.

Möchte man den Fuchs beobachten, geht dies besonders im Winter sehr gut. Denn dann hinterlassen die Wildtiere ihre charakteristischen Spuren im Schnee. Im Gegensatz zu anderen Wildtieren macht der Fuchs nämlich keinen Winterschlaf, so der Wildhüter, sondern schützt sich mit seinem dichten Winterfell vor der Kälte. Legt man sich mit Blick auf diese Spuren auf die Lauer, kann man mit etwas Glück in der Dämmerung oder nachts einen Fuchs beobachten. Obwohl es sehr gesellige Tiere sind, begibt sich der Fuchs eher alleine auf Nahrungssuche.

Gut zu wissen

Natur mit Hanspeter Latour

Kommt es doch einmal zu einem ungewollten Aufeinandertreffen mit einem Fuchs, gibt es einfache Regeln zu befolgen: 

 • Niemals füttern, sondern ignorieren oder mit lauter Stimme verjagen 
• Mit Jungfüchsen niemals spielen 
• Fuchsbau im Garten dem Wildhüter melden und Tiere nicht stören
 • Hunde sofort an die Leine nehmen und von Füchsen fernhalten
 • Kranke oder verletzte Tiere sofort dem Wildhüter melden In der Region Thun erreichen Sie den Wildhüter

 Andreas Rubin täglich von 7 bis 19 Uhr unter
Tel. 0800 940 100 31 32. Er steht Ihnen für Fragen und Notfälle rund um Wildtiere und Vögel zur Verfügung. Nachts werden Sie direkt an die Polizei weitergeleitet.

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