Amsel Drossel Fink und Star
Amsel Drossel Fink und Star
Zu Beginn des Jahres gehört der Gesang von heimischen Singvögeln einfach dazu – wie auch ihre Warnrufe, wenn sich Nachbars Katze anschleicht. Öffnet man Augen und Ohren, lassen sich rund um den Thunersee zahlreiche dieser gesangsbegabten Vögel entdecken.
Text: Anja Rüdin | Fotos: zvg
Tatsächlich ist der Gesang der Amsel als einer der ersten zu vernehmen, sobald sich der Frühling ankündigt.
Die Amsel –
bekannt für ihren Gesang
Die Amsel ist in Europa der am weitesten verbreitete Vertreter der Familie der Drosseln und zugleich einer der bekanntesten Vögel überhaupt. Ihr typisches Konzert gehört zu einem lauen Sommerabend genauso dazu wie zum Frühlingsbeginn. Doch früher war die Amsel eine scheue Bewohnerin von dichten, unterholzreichen Wäldern. Erst im Laufe der letzten 100 Jahre ist sie in Siedlungen und Städte vorgedrungen. «In den Städten ist es um ein paar Grad wärmer, das Futterangebot ist in Gärten reichlich vorhanden – das haben sich viele Arten zunutze gemacht», weiss Barbara Bosco vom Natur- und Vogelschutzverein Steffisburg. «Sie geben diese Lebensart an ihre Nachkommen weiter und verlieren so mit jeder Generation die Scheu vor uns Menschen.» So sind Amseln heute nicht mehr aus unseren Gärten, Parks und Städten wegzudenken. Das Männchen ist unverkennbar schwarz gefärbt, was den gelben Schnabel und die gleichfarbigen Augenringe umso markanter hervorstechen lässt. Das Weibchen und Jung- vögel sind unauffälliger unterwegs: Sie zeigen sich im schlichten braunen Federkleid. Die Kehle ist meist etwas heller gefärbt.
Am bekanntesten ist die Amsel jedoch für ihren melodischen, wohlklingenden und abwechslungsreichen Gesang. Klare, sprunghafte Flötentöne wechseln sich beim Balzgesang der Männchen ab mit kurzem Zwitschern und kleinem Trillern. Doch auch ihren Gesang hat die Amsel an ihren Lebensraum angepasst, hebt Barbara Bosco hervor: «Viele Geräusche unserer lauten Gesellschaft hat sie in ihr Repertoire aufgenommen. Auch ist ihr Gesang lauter geworden, um gegen den Lärm anzukommen.»
Die Drossel – eine artenreiche Vogelfamilie
Die weltweit verbreitete Familie der Drosseln zählt circa 20 Gattungen, welche wiederum in zwei Unterfamilien unterteilt werden. In der Schweiz sind Wacholderdrossel, Misteldrossel und Singdrossel heimisch, als Zugvogel findet auch die Rotdrossel im Herbst ihren Weg von Skandinavien hierher. Drosseln sind klein bis mittelgross und weit verbreitet. Bei den meisten Arten sind Weibchen und Männchen gleich gefärbt.
Drosseln sieht man sowohl auf Bäumen als auch am Boden. Besonders die Nahrungssuche erfolgt überwiegend am Boden, in Bäumen oder Gebüschen suchen sie oft Würmer und Schnecken. Die Misteldrossel trägt durch den Verzehr der Beeren und das Ausscheiden der von Klebschleim umhüllten Samenkerne zur Ausbreitung der Weissbeerigen Mistel bei, wodurch sie auch ihren Namen erhalten hat. Sie ist übrigens die grösste einheimische Drosselart.
Auch der Gesang der Drosseln ist im Frühling zu vernehmen. Die Misteldrossel hört sich ähnlich an wie die Amsel, jedoch zeichnen sich die Laute der Misteldrossel durch eintönigere und kürzere Strophen aus und hören sich eher melancholisch an. Der Gesang der Singdrossel ist sehr melodiös, die einzelnen Motive werden charakteristisch zwei- bis viermal wiederholt. Dagegen wirken die in schnellem Tempo durchdringend gepressten und rauen Rufe der Wacholderdrossel wenig melodisch – die typischen flötenden Motive fehlen. Diese Lautäusserungen werden überwiegend im Flug vorgetragen.
der Gesang besonders weit zu hören.
Im Nest der Amsel liegen meist 3 – 5 Eier.
Wie der Name verrät, ist die Singdrossel ein Gesangstalent.
Die sonnigen Hänge am Südufer des Thunersees sind besonders wertvoll für heimische Singvögel.
Der Star – ein geselliger Formationsflieger
Grosse Schwärme und spektakuläre Formationsflüge – dafür ist der Star bekannt. Die gesellige Lebensweise lässt die Vögel voneinander profitieren: Sie führen sich ge- genseitig zu günstigen Nahrungsgebieten und warnen sich vor Feinden. Nähert sich ein Greifvogel, ziehen sich die Schwärme schnell zu Bändern oder zu kugelförmigen Haufen zusammen, die sich extrem koordiniert bewegen. Auch ihr Gefieder zeichnet Stare aus. Zur Brutzeit zeigen sich die Vögel im schwarzen Prachtkleid, das mit purpurfarbenem, grünem und blauem Metallglanz beeindruckt. Der Schnabel ist gelblich gefärbt wie bei der Amsel, wobei Stare einen kürzeren Schwanz haben und kleiner sind. Das Schlichtkleid und das der Jungvögel ist zwar weniger farbenfroh, dafür mit weissen Flecken übersäht. Wie die Amsel sind auch Stare talentierte Sänger mit einem reichen Repertoire an Lauten. Sie verfügen über verschiedene melodisch bis mechanisch klingende Gesangsmotive und sind auch für das «Spotten» bekannt, sie können Tierstimmen und Laute imitieren. Intensiv singende Stare sind auch visuell gut zu erkennen: Sie sträuben ihr Gefieder und flattern mit gespreizten Flügeln.
Das metallisch glänzende Gefieder und das Zusammenkommen in grossen Scharen macht den Star besonders.
Finken – eine variationsreiche Singvogelart
Finken sind fast auf der ganzen Welt verbreitet, lediglich die Antarktis und zahlreiche Ozeaninseln konnten sie nicht erobern. In der Schweiz sind beispielsweise Buchfink, Grünfink, Distelfink, Kernbeisser, Erlenzeisig, Gimpel und Bergfink heimisch. Seltener zu sehen bekommt man dagegen den Bluthänfling, Fichtenkreuzschnabel, Birkenzeisig und Zitronenzeisig. Wie die Aufzählung zeigt, teilen sich viele verschiedene Finkenarten denselben Lebensraum und oftmals auch dieselbe Futterstelle. Dies stellt meist kein Problem dar: Unter den verschiedenen Finkenarten kommt es kaum zu Streitereien, unter Artgenossen dagegen schon eher. Die kleinen bis mittelgrossen Vögel besitzen einen kräftigen, meistens kegelförmigen Schnabel, der beim Kernbeisser besonders gross oder bei den Kreuzschnäbeln auffällig überkreuzt ist. Auch bei der Färbung des Gefieders gibt es innerhalb der heimischen Finkenarten eine breite Variation: Die Bandbreite reicht von unauffällig grauen, grünlichen und bräunlichen Vögeln bis zu Arten in auffällig rotem, gelbem oder blauem Federkleid. Allgemein lässt sich aber sagen, dass die Männchen meist auffälliger gefärbt sind als die Weibchen. Auch die Finken-Männchen brauchen ihren Gesang zur Revierabgrenzung und zum Anlocken der Weibchen. In seltenen Fällen führen sie auch einen kurzen Balzflug auf. Jedoch sind nicht alle Finken Gesangstalente: Es gibt sehr gute Sänger wie Buch-, Grün- und Distelfink, aber auch Arten mit einem eher eintönigen Gesang wie den Bergfinken.
Schützenswerter Lebensraum
Für uns Menschen ist das Zusammenleben mit diesen Vögeln eine Bereicherung, wer geniesst den morgendlichen Gesang der Frühlingsboten nicht. Denn es ist allgemein erwiesen, dass Vögel beobachten glücklich macht und entschleunigt, erklärt Barbara Bosco vom NVST. Damit sich Amsel, Drossel, Fink und Star wohl fühlen, ist ein natürlicher Garten mit Beerensträuchern wichtig. Und vor allem: kein Gift einsetzen! «Eine Schale mit frischem Wasser ist aber ebenso wichtig, auch im Sommer bei grosser Trockenheit», fügt Barbara Bosco hinzu.
Die sonnigen Hänge am Südufer des Thunersees sind besonders wertvoll für heimische Singvögel, hier brüten teils auch seltene Arten wie der Neuntöter oder die Zaunammer. «Der Thunersee ist auch ein wichtiger Rast- und Überwinterungsplatz für Gäste aus dem Norden», erklärt Barbara Bosco. «Es wäre wichtig, diese Rückzugsgebiete zu schützen und zu erhalten.»
Kontakt
Natur- und Vogelschutzverein
Steffisburg
Barbara Bosco
Kurzkurs «Vögel im Wald»
30. März 2021
www.nvst.birdlife.ch