Hör mal, wer da hämmert!

Hör mal, wer da hämmert!

Hör mal, wer da hämmert!

«Tock, tock, tock», hämmert und klopft es in Wäldern und Parks. Die Schmieden des Spechts, die durch sein charakteristisches Trommeln entstanden sind, lassen sich überall finden. Der Vogel wird aufgrund dieses Klopfens auch als Zimmermann des Waldes bezeichnet.

Text: Laura Spielmann  |  Fotos: zvg 

Der 23 bis 25 Zentimeter grosse Höhlenbaumeister fühlt sich in einem grossen Gebiet heimisch und lebt überall da, wo es dicke, abgestorbene Bäume gibt – sei es in Wäldern, in Parks oder im Kulturland. Mit seinen spitzen, kräftigen Krallen, seiner Wendezehe, die je nach Bedarf eingesetzt wird, und seinen verdickten Schwanzfedern, auf denen er sich abstützen kann, hält sich der Specht mühelos an der Rinde der Bäume fest. Mit seinem meisselartigen Schnabel, den er immer im richtigen Winkel und in der richtigen Kerbe einzusetzen weiss, hackt er mit bemerkenswerter Wucht am Baum herum. Wenn ihm ein bestimmtes Geräusch einen Hohlraum anzeigt, signalisiert ihm das: «Hier kann ich ein Loch hämmern, um ein Nest zu bauen oder um Futter zu holen.» Das Trommeln ist übrigens nicht schädlich für die Bäume, da sich der Specht meist schon kranke Bäume mit fauligem und weichem Holz, das gut bearbeitet werden kann, aussucht.

Vielseitiges Klopfen

Das Trommeln des Spechts hat dabei viele verschiedene Funktionen:  Nahrungssuche: Der Zimmermann des Waldes besitzt ein recht grosses Nahrungsspektrum, das je nach Jahreszeit variieren kann. Unter der Rinde morscher Bäume finden sich allerlei Insekten und Larven, die er mit kräftigen Schnabelhieben und seiner bis zu vier Zentimeter langen, mit Widerhäkchen ausgestatteten Zunge hervorholt. Im Winter klemmt er Tannenzapfen und Haselnüsse in Astgabeln oder Kerben, um mit dem Schnabel die Samen heraus­zupicken. Im Frühling ringelt er gerne Bäume und trinkt den süssen Saft.

Nestbau: Der Specht ist in verschiedenen Wäldern zu Hause, insbesondere aber in solchen, in denen grosse und alte Bäume oder viel stehendes und liegendes Totholz vorhanden sind. Das schafft ideale Voraussetzungen für das Trommeln und somit auch für seine Nesthöhlen. Wenn er einen guten Platz zum Hacken gefunden hat, dauert es normalerweise vier Wochen, bis ein Loch entstanden ist, das gross genug für ein Nest ist. Die abgehackten Baumreste werden dabei für den Nestbau verwendet. Das Männchen baut meist allein, wobei das Weibchen aber regelmässig inspiziert. Die Höhlen, die der Specht baut, dienen übrigens nicht nur ihm, sondern, wenn er weggeflogen ist, auch vielen anderen Tieren als Unterschlupf. Diese passen die Höhlen dann ihren eigenen Bedürfnissen an. Beispiele für solche Nachmieter sind andere Vögel wie Meisen, aber auch Säugetiere wie Eichhörnchen oder Insekten wie Bienen.

Verteidigung und Markierung des Reviers: Da das durchdringende Klopfen auf dem trockenen Altholz sehr weit zu hören ist, dient es dem Vogel auch dazu, sein Revier zu markieren beziehungsweise abzugrenzen und somit Rivalen abzuschrecken, sich diesen aber auch zu beweisen. Er signalisiert den Revierkonkurrenten durch dieses Verhalten: «Hier klopfe ich, dieses Territorium gehört mir.»

Balz: Die Männchen beginnen ab Dezember mit der Balz. Vehementes, intensives Trommeln auf allerlei verfügbaren Resonanzkörpern soll die Weibchen anlocken. Die Weibchen brüten von April bis Juni und legen zwischen vier und sieben Eier. Beim Brüten wechseln sich Weibchen und Männchen ab. Nach dem Schlüpfen bleiben die Jungen drei bis vier Wochen im Nest. Die Jungvögel hört man kurz vor dem Ausfliegen intensiv aus der Baumhöhle rufen. Die Balz beinhaltet auch Drohgesten wie das Aufreissen des Schnabels oder das Aufstellen der Scheitelfedern.


Bestens angepasst

Mit 20 Schlägen pro Sekunde und einem Schnabelaufprall von ungefähr 25 km/h sind Kopf, Körper und Schnabel des Spechts beim Hämmern extremen Belastungen ausgesetzt. Schaden tut dies dem Vogel aber nicht, denn er ist perfekt an das Trommeln angepasst, sodass er beispielsweise auch keine Kopfschmerzen bekommt. Dazu tragen komprimierbare Knorpel, ein bestens geschütztes Hirn, das sich durch die geringe Gehirnflüssigkeit kaum bewegt, und eine ausgeprägte Schädelmuskulatur, die die Schläge abfedert, bei. Beim Trommeln bleiben der Kopf und der Hals starr zueinander, und die Muskeln um den Schädel – sind sie angespannt – wirken quasi als Stossdämpfer ebenso wie als federnde Verbindung zwischen Schnabel und Schädel. Zudem ist die knöcherne Hülle des Gehirns stark ausgeprägt.

Von Feinden bleibt der 90 Gramm leichte Vogel aber natürlich dennoch nicht verschont: Diejenigen Arten, die ihre Nahrung am Boden suchen, sind dem Fuchs, dem Marder, dem Dachs und auch der Katze ausgesetzt. Für den Buntspecht, der auch im Siedlungsgebiet lebt, stellen grosse Fensterfronten eine Gefahrenquelle dar. Das grösste Problem für alle Spechtarten ist jedoch der schwindende Lebensraum und der Nahrungsmangel – Schuld daran ist der Mensch. Allgemein wird die Lebenserwartung eines Spechts auf zwischen sechs und elf Jahre geschätzt.

«Das Klopfen klingt nicht bei jedem Specht gleich: Lautstärke, Rhythmus, Länge und Schlagzahl der Wirbel ist von Art zu Art sehr verschieden.»

Spechtarten

Von den insgesamt 216 Spechtarten, die es weltweit gibt, sind neun in der Schweiz heimisch. Die in der Schweiz am häufigsten vorkommenden Arten sind Bunt-, Grün- und Schwarzspecht. Was die Grösse und die Farbe betrifft, sind die Zimmermänner des Waldes allgemein sehr unterschiedlich. Die Farbpalette der verschiedenen Arten ist gross – von sehr bunt bis Grau und ganz Schwarz. Bei den meisten Arten können Weibchen von Männchen äusserlich unterschieden werden. Auch das Klopfen klingt nicht bei jedem Specht gleich: Lautstärke, Rhythmus, Länge und Schlagzahl der Wirbel ist von Art zu Art sehr verschieden.

Der Buntspecht ist der am häufigsten vorkommende Specht und lebt überall dort, wo es dicke Bäume hat; sowohl im Wald als auch im Kulturland und im Siedlungsraum. Sein Kennzeichen ist ein schwarz-weisser Kopf. Die Männchen haben einen roten Flecken am Hinterkopf, der den Weibchen fehlt. Der Buntspecht klopft etwas unregelmässiger und kürzer als der Schwarzspecht. Mitunter kommen kurze Serien von drei bis fünf Wirbeln vor, die vor der Paarung oder einem Kampf zu hören sind. Buntspechte lassen ihre Wirbel übrigens nicht nur an Bäumen, sondern auch an Regenrinnen und anderen metallischen Konstruktionen erklingen.

Der Schwarzspecht ist der grösste unter den verschiedenen Arten und ungefähr so gross wie eine Krähe. Unverwechselbar wird er durch sein komplett schwarzes Gefieder mit rotem Scheitel (Männchen) beziehungsweise mit Rot am Hinterkopf (Weibchen). Er nistet in alten, möglichst glattrindigen Bäumen. Sehen tut man ihn selten, aber hören kann man ihn weithin. Denn der Schwarzspecht kann den längsten Trommelwirbel erzeugen. In nur zwei bis drei Sekunden schlägt er seinen Schnabel etwa 40-mal gegen den Stamm. Die Lautstärke und das Tempo verändern sich dabei kaum.

Die Grundfärbung des Grünspechts ist ein schmutziges Gelbgrün. Ein langer roter Scheitel und schwarz umrandete Augen zeichnen ihn aus. Männchen weisen zusätzlich einen schwarz umrandeten roten Wangenfleck auf, der bei den Weibchen schwarz ist. Da der Grünspecht vor allem Ameisen frisst, wird er auch als Bodenspecht bezeichnet. Sein Lebensraum umfasst den Waldrandbereich von Laub- und Mischwäldern, Parks und sehr gerne auch Obstwiesen. Der Grünspecht fällt neben seinem Balzruf, der an ein lautes Lachen erinnert, auch durch seinen wellenförmigen Flug auf, bei dem er die Flügel zwischen zwei Schlagphasen ganz an den Körper anlegt.

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