Die Biber: Bauherren mit Biss

Die Biber: Bauherren mit Biss

Die Biber: Bauherren mit Biss

Biber sind die grössten einheimischen Nagetiere Europas und hervorragende Bauherren. Kaum ein anderes Säugetier passt seinen Lebensraum so stark seinen Bedürfnissen an wie der Biber. Durch seine architektonischen Tätigkeiten ist er dabei ein Botschafter für Biodiversität und Artenvielfalt.

Text: Laura Spielmann  |  Fotos: zvg 

Ursprünglich besass der Europäische Biber ein grosses Verbreitungsgebiet auf dem eurasischen Kontinent, doch durch direkte und intensive Verfolgung sowie durch Lebensraumzerstörung wurde er im 19. und im 20. Jahrhundert in ganz Europa fast komplett ausgerottet – in der Schweiz wurde der letzte Biber gar zu Beginn des 19. Jahrhunderts erledigt. Wertvoll waren insbesondere der flauschige Pelz, aus dem Hüte gemacht wurden, das Bibergeil, ein öliges Duftsekret, das als Heilmittel galt, und das Fleisch. Mittlerweile konnte sich der Bestand – auch dank engagierten Privatpersonen, die Tiere aus anderen europäischen Ländern ausgewildert haben – wieder erholen. Der Biberbestand in der Schweiz wird mittlerweile auf knapp 5000 Exemplare geschätzt.


Es bibert im Bau

Biber sind dämmerungs- und nachtaktiv und leben semiaquatisch an Uferzonen, umgeben von Dickicht, wobei sie perfekt an diese Umgebung angepasst sind. So sind ihre plumpen und gedrungenen Körper wie dafür gemacht, den Wärmeverlust im Wasser gering halten zu können. Da ist es auch nicht überraschend, dass die Biber Allroundtalente im Wasser sind. Ihr Schwanz, den man auch Kelle nennt, ist flach, breit, unbehaart und schuppig. Er dient den Tieren als Steuer, Antrieb und Fettdepot. Ihr extrem dichtes Fell schützt die Tiere und dient als Isolation. Ihre kurzen, mit fünf Fingern ausgestatteten Vorderpfoten sind ideal für das Greifen und Graben; ihre Hinterzehen dagegen sind gross und mit Schwimmhäuten ausgestattet und dienen ebenfalls dem Antrieb. Die zweite Hinterzehe besitzt eine Doppelkralle, mit der sich die Biber ihr Fell putzen. Biberpärchen bleiben sich ein Leben lang treu und leben in engen Familienverbänden, bestehend aus ihnen und ihren Jungtieren. Geschlechtsreife Jungtiere – meistens sind sie dann circa zwei bis drei Jahre alt – verlassen den elterlichen Bau und suchen sich ein eigenes Revier. Ein solches kann bis zu mehreren Kilometern lang werden. Biber sind reine Vegetarier und sehr flexibel, was ihre Ernährung angeht. Sie ernähren sich von allem, was spriesst. Je nach Jahreszeit bedeutet das: Kräuter und Pflanzen oder für die kälteren Monate vor allem Knospen und Rinden. Da der Biber nicht klettern kann, nagt er an Bäumen, fällt diese und hinterlässt dabei die typisch geformten Baumstämme. So kommt er nicht nur an sein Futter, sondern auch an das Material für seine Dämme und Bauten.

Landschaftsgestalter und Baumeister

Biber passen sich ihren Lebensraum an und gestalten ihn mit grossem Eifer um, so werkeln sie ständig an ihren Dämmen und Bauten herum: bauen, fällen, stauen, vergrössern, verändern, hinzufügen – bis sie zufrieden sind und es ihre Bedürfnisse sowie Vorstellungen befriedigt. Das dafür benötigte Bauholz finden sie, indem sie Waldstücke auflichten, Kanäle und Tunnel graben, Wasser umleiten und Flächen fluten. Baumstämme von bis zu einem Meter Durchmesser können sie fällen, wobei sie in einer Nacht ungefähr die Hälfte schaffen. Die Bauten des Bibers sind der Umgebung angepasst und liegen an Ufern von unterschiedlichsten Gewässern – Strömen, Flüssen, Bächen, Seen, vom Menschen geschaffenen Teichen, kleinen Gräben. Diese Orte müssen gewisse Punkte ausweisen, damit sich der Biber dort ansiedelt: ausreichende Tiefe und genügend Wasserzufuhr zum Schwimmen, Tauchen und Gestalten; geeignetes Ufer zum Graben für die Röhren und Bauten; üppiges Nahrungsangebot, insbesondere Bäume. Die Bauten sind entweder ins Erdreich der jeweiligen Uferzone gegraben oder aus angehäuftem Holz entstanden. Solche Bauten können bis zu zehn Meter breit und zwei Meter hoch werden. Der Eingang befindet sich aus Gründen des Schutzes immer unter Wasser. Verschiedene Durchgänge führen dann zu einem über Wasser liegenden Wohnraum, der mit Pflanzen ausgepolstert wurde. Diese Durchgänge dienen auch als Fluchtwege. Wird der Bau zu dünn, schichtet er von aussen Material – meistens Äste, Baumstämme, Steine, Erde und im Winter auch Schlamm – auf, um sich gegen Durchzug und Regenwasser zu schützen. Sie sind somit gut isoliert und trocken. Diese «Wohnungen» werden meist von mehreren Generationen bewohnt. Mithilfe der Dämme, die aus Zweigen und Schilf, aber auch aus Pflanzen und Erde erbaut werden, regulieren sie aktiv den Wasserstand und halten ihn konstant – bis zu drei Meter hoch und mehrere Hundert Meter lang können die Dämme werden – das hat zur Folge, dass sich die Fliessgeschwindigkeit verringert und die Wasseroberfläche vergrössert. So kann beispielsweise aus einem kleinen Bächlein ein tiefer Teich werden. Die Dämme werden dazu genutzt, die Eingänge der Bauten unter Wasser zu halten. Wenn das Wasser einmal nicht tief genug ist oder der Wasserspiegel zu stark schwankt, helfen sie nach und werkeln am Damm herum, bis sich das Wasser wieder tief genug anstaut. Er schichtet dazu Äste, Schlamm oder anderes Pflanzenmaterial quer zur Fliessrichtung auf. Dank der Baumeisterei üben sie eine grosse Wirkung auf ihre Umgebung aus und schaffen neuen Lebensraum, auf den verschiedene Tier- und Pflanzenarten angewiesen sind, dient ihnen dieser doch als Nahrung und Versteck. Durch die Schaffung neuer Lebensräume erhöht sich die Anzahl und Vielfalt der sich dadurch angesiedelten Tiere und Pflanzen. Biber tragen somit zur Artenvielfalt bei und halten die Biodiversität hoch, auch dank der Koexistenz von sedimentierten Teichen, Flachwasserzonen und den sandigen, kiesigen und sauerstoffreichen Flächen unterhalb der Bauten.


Schutz und Konflikte

Durch seine Schaffenskraft macht sich der Biber aber nicht nur Freunde und ist deswegen nicht immer willkommen. Häufige Konflikte sind unter anderem die Vernässung der Land- und Forstwirtschaft; Unterminierung von Uferbereichen, Fahr- wegen und Schutzwasserbauten; Wasserläufe werden durch das Treibholz häufig verstopft; Überschwemmungen. In der Schweiz werden die Aktivitäten des streng geschützten Bibers überwacht. Da der Biber ein wichtiger Faktor für die Biodiversität ist, braucht es aber Schutzmassnahmen für das Tier und seine Umgebung. Aus diesem Grunde setzt sich Pro Natura mit der «Aktion Biber & Co.» zum Schutze des Bibers sowie dessen Lebensraum und damit für artenreiche Gewässer ein. Sie sorgt dafür, dass Auen und Fliessgewässer renaturiert, Feuchtgebiete aufgewertet und neue Tümpel, Teiche oder Feuchtwiesen angelegt werden. Mit der «Aktion Biber & Co. Mittelland» werden in den Kantonen Solothurn und Bern Projekte koordiniert und initiiert sowie mit Exkursionen und Vorträgen informiert.  

Mehr Infos: 

www.pronatura.ch/de/aktion-biber-co  

www.pronatura.ch/de/aktion-biber-co- mittelland

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