Ihre Welt sind die Berge
Ihre Welt sind die Berge
IHre Welt
sind die Berge
Det äne am Bärgli, det staht e wissi Geiss –
Geissen gelten als neugierig, sind lustig, sehr trittsicher und
ausgesprochen treu – die perfekt geeignete Wanderbegleitung.
Direkt vor unserer Haustür bieten sich malerische
Wandermöglichkeiten für Geissentrekkings an.
Text und Bilder: Laura Spielmann, zvg
Geissen sind ausgesprochen wählerisch.
Mit ihrem sanften, neugierigen, aber auch sehr charaktervollen und zuweilen eigensinnigen Wesen erwärmen sie unser Herz. Wer sich auf ein Geissentrekking begibt, muss sich in Acht nehmen, verliert man doch schnell sein Herz an die klugen, schönen Tiere, die zu den ältesten domestizierten Haustieren des Menschen gehören. Schon vor etwa 10000 Jahren wurde das Tier wirtschaftlich genutzt und auch heute noch haben sie einen grossen landwirtschaftlichen Nutzen: Sie liefern Fleisch, Leder, Milch und Wolle. Zudem werden sie auch zur Landschaftspflege eingesetzt, wo sie verwilderte Flächen abweiden, um die Verbuschung an Steilhängen einzudämmen. Dabei sind sie durch ihre Kletterkunst, ihre Fähigkeit, sich auf die Hinterbeine zu stellen, und ihrer Vorliebe für dornige Sträucher und Büsche in der Lage auch grössere Gehölze zu erreichen und abzugrasen. Beim Fressen der Büsche und Sträucher gilt dabei folgende Devise: je dorniger, desto besser. Dadurch, dass sie nur eine Gaumenplatte besitzen, können sie die Blätter geschickt abzupfen, ohne sich dadurch zu verletzen.Auf die Geissen gekommen
Es gibt Zeiten, in denen man die Stille der Tiere und der Natur braucht, um sich von den Menschen und dem hektischen Alltag zu erholen. Jasmin Zürcher bietet mit ihren Geissen genau das an. Auf die Geissen gekommen ist Jasmin Zürcher vor gut 5 Jahren, wobei der Wunsch eine eigene Geiss zu besitzen schon ein Kindertraum war. Während andere meist auf Hunde, Pferde oder Katzen stehen, waren es bei ihr Geissen. Ihre kleine Geissenherde nahm ihren Anfang mit den zwei Geissen Charly und Milka, zwei Halbschwestern, und besteht mittlerweile aus 20 Tieren. Jasmin Zürchers Geissen gehören der Rasse der Pfauenziegen an. Die Pfauenziege ist eine aus dem Kanton Graubünden stammende robuste Gebirgsziege. Der Bestand ging Mitte des 19. Jahrhunderts stark zurück, da die Rasse nicht offiziell anerkannt wurde. Dank grossen Bestrebungen von Pro Specie Rara wurde die Rasse später anerkannt und konnte wieder auf eine stabile Population gebracht werden. Sie zählt aber noch heute zu den gefährdeten Schweizer Rassen. Ihre imposante Geiss Charlie ist die Älteste und Ranghöchste der Gruppe und diese Erhabenheit verkörpert sie mit Huf und Haar.
Geissentrekking – Entspannung pur in der Natur
Malerische Wanderungen bieten sich im Gebiet am Fusse des Stockhorns an, zum Beispiel die Route in die Guntelsey zu den Tropfsteinhöhlen, ein Besuch im Biber-Reservat oder ein Ausflug zur Burgruine Strättligburg. Die Trekkings werden dabei jeweils an die Bedürfnisse der Teilnehmenden angepasst, wie auch an die der Tiere. Ist es zu heiss oder regnet es sogar, werden keine Trekkings durchgeführt, da Geissen kein Wasser mögen. Sie sind nämlich sehr wasserscheu. Da es am Tag meiner Tour nach Regen aussah, habe ich mich für eine eher kleinere Route entschieden. Pausen dürfen unterwegs natürlich auch nicht fehlen! Diese Zeit nutzen die Geissen zum «Entbuschen». Aufgefallen ist mir, dass die Geissen ausgesprochen wählerisch waren und jeweils nur das aromatischste und saftigste Grünzeug – kurz gesagt, das Beste – herausgepickt haben und schon gar nicht die Gehölze direkt am Strassenrand. Bevorzugt wurde eher das am oberen Rand oder hoch in den Bäumen. Chili, mein Begleiter für den Spaziergang, kletterte dabei beinahe auf einen Baum, um den obersten Klee abnagen zu können. Jasmin Zürchers Zwillingsböcke Chili und Chibo sind gewohnte und ideale Wanderbegleiter. Während Chili der verschmuste, anhängliche Tagträumer ist, ist Chibo eher der Neugierige und Aufmüpfige. Chili war die ganze Zeit über brav und ich hatte keine grossen Probleme, mich seinem Tempo und seiner Art anzupassen, hingegen hat Chibo, der sehr wahrscheinlich den Regen oder auch die Hitze gespürt hat, anfangs erstmal etwas gebockt.
Doch bevor es losgehen konnte, ging es erstmal auf die Weidefläche die Tiere holen, aufhalftern und dann wurde los getrekkt! Im Winter beziehen sie jeweils ihre Winterresidenz – ein umgebauter Schweinestall. Der Stall und das Gehege sind mit vielen Klettermöglichkeiten ausgestattet. Die Tiere lieben erhöhte Plätze, denn von da lässt sich die Umgebung hervorragend beobachten. Als ich ins Gehege reindurfte, begrüssten mich einige der Tiere von oben. Ihre Art ist angenehm und sie sind sehr gesellige und überaus neugierige Begleiter. Sie scheinen die Aufmerksamkeit der Menschen zu geniessen – man sieht ja nicht alle Tage eine Geiss beim Spazierengehen. So stoppte Chibo auf einem Hof und liess sich von der Dame, die er dort beschnupperte, streicheln. Als wir an einer Strasse vorbeigekommen sind, stoppten mehrere Autofahrer:innen und starrten. Sogar andere Tiere scheinen neugierig auf die Geissen zu sein. Als wir an einer Kuhherde vorbeikamen, folgte uns diese plötzlich.
Geissen sind im Allgemeinen sehr lebhafte Tiere, deswegen ist insbesondere bei kleineren Kindern Vorsicht geboten – nicht, dass sie sich an den spitzen Hörnern verletzen, was mitunter sehr wehtun kann. Sowohl die männlichen als auch die weiblichen Tiere tragen Hörner, wobei die der männlichen grösser sind. Dennoch haben nicht alle Geissen Hörner. Innerhalb der Rassen kann es gehörnte und hornlose geben. Besagtes Horn benützen sie im Übrigen auch um sich zu kratzen, insbesondere dann, wenn es weit entlegene Stellen betrifft.
In der Einfachheit und Stille der Natur findet der Mensch die Lebenskraft: Mit den Geissen durch den Wald spazieren, den Vögeln lauschen, die frische Waldluft einatmen, ab und zu die Hand auf einen Tierrücken legen und sich dabei die Sonne ins Gesicht scheinen lassen. Es entschleunigt, entspannt, macht glücklich und ist ein ganz besonderes Erlebnis. Nicht umsonst haben Geissen auf uns eine beruhigende Wirkung. Auf einem Trekking kann man wunderbar das Wesen der Tiere kennenlernen und dabei aus erster Hand erleben, wie zutraulich die Tiere sind, wie sehr sie den Kontakt zum Menschen mögen und wie sehr sie es lieben unterwegs zu sein. Mit ihrem Charakter, ihrer klugen, lustigen und neugierigen Art sorgen die Tiere für ein kurzweiliges, herzerwärmendes und entschleunigendes Erlebnis, bei dem die Tiere das Tempo vorgeben und wir Menschen uns ihnen anpassen. Denn wenn am Wegesrand gerade leckeres Gestrüpp liegt, müssen wir geduldig warten, ob wir wollen oder nicht. Ein Ziel gibt es nicht, vielmehr ist für einmal der Weg das Ziel. Was braucht es, um das Beste aus dem Trekking herauszuholen? Zeit und Lust, sich auf die Geissen einzulassen. Für wen ist es am besten geeignet? Für alle, egal ob gross oder klein, die ein besonderes und unvergessliches Natur- und Tiererlebnis suchen, unterwegs die Landschaft geniessen und die Geissen und ihre Wesensart näher kennen lernen möchten. Was erhält man im Gegenzug, wenn man sich darauf einlässt? Die Chance, sich frei und unbeschwert zu bewegen; entschleunigt und entspannt heimzukehren; die Gewissheit, dass das gemeinsame Erlebnis Mensch und Tier verbindet.
Tierische Entspannung
Vor jedem Trekking erhalten die Teilnehmen- den wissenswerte Informationen über den Umgang, das Wesen und das Verhalten der Tiere und lernen ihre persönliche Wanderbegleitung kennen. Wer will, kann das Trekking auch mit einer Grillade oder einem Apéro kombinieren. Geeignet sind Gruppengrössen von 2 bis maximal 6 Personen, Angebote für Jung und Alt. Kosten: 1–2 Stunden Trekking: 35.– / Person und 15.– / Kind (ab 6-jährig); 3–4 Stunden Trekking: 55.– / Person und 20.– / Kind (ab 6-jährig)trailactive.ch/geissentrekking