Faszination Wildtiere am Niesen
Faszination Wildtiere am Niesen
Der Niesen bietet eine faszinierende Tierwelt. Hier sind Steinadler, Bartgeier, Steinböcke, Rothirsche, Gämse, Rehe, Murmeltiere, Luchse, in Zukunft möglicherweise sogar Wölfe zu Hause. Manche Tierarten wie das Reh sind uns nahe und bekannt, manche wie der Bartgeier oder das Murmeltier sind Teil einer unberührten Bergwelt. Lassen wir uns faszinieren von der Natur und ihren Tieren rund um und am Niesen.
Text: Peter Juesy | Fotos: zvg
Hier darf die junge Kander noch mäandrieren, wie es ihr beliebt, und schlägt darum gelegentlich überraschende Läufe ein. Im Gasteretal kann man einen Fluss erleben, wie er früher war – bevor die grossen Gewässerkorrekturprojekte des 19. und 20. Jahrhunderts die Schweizer Flüsse und Ströme kanalisierten, zähmten und zivilisierten. Als Kind versuchte Adolf Ogi zusammen mit seinem Vater, die Ufer der Kander im Gasteretal aufzuforsten und so den Flusslauf zu stabilisieren. Wenn aber die Kander im Gasteretal stark anschwillt, ist sie kräftig genug, um auch grosse Bäume mitzureissen. Selbst die Hängebrücke bei Selden ist nicht sicher vor dieser Urgewalt und wurde schon mehrmals beschädigt. Eine Wanderung durch das Bachbett der Kander im Gasteretal ist immer auch eine Art Zeitreise, denn «dank der kanalisierten Flussläufe durch stabile, schnurgerade Flussbette sind wir uns heute gar nicht mehr an die zerstörerische Gewalt des Wassers gewöhnt. Ich erinnere mich gut, wie das früher war und welchen Segen die Bach- und Flusskorrekturen für Mensch und Tier darstellten», meint Ogi.
Die Geschichte des Gasteretals ist aber auch eine Geschichte der Menschen, die seit vielen Jahrhunderten in und mit diesem Tal leben. Noch vor nicht allzu langer Zeit war das wilde Tal sogar ganzjährig bewohnt – so lebte etwa Adolf Ogis Grossmutter Margrit Ogi-Künzi in ihrer Jugend ganzjährig in Selden. Dies ist heutzutage nicht mehr möglich; zu gefährlich sind die Winter im von hohen, steilen Felswänden umringten Trogtal. Aus diesem Grund wird im Oktober auch die einzige Zufahrtsstrasse geschlossen. Im Sommer aber kehrt wieder Leben ein, denn im Gasteretal existieren noch Spuren der uralten halbnomadischen Lebensweise, die den Völkern des Alpenraums einst eigen war. So gibt es hier noch die altehrwürdige Institution des Dorfältesten, in dessen Obhut sich die berühmte, über 300 Jahre alte Gasterebibel und die etwas jüngere Gasterechronik befindet. Der jetzige Dorfälteste Christian Künzi führt nebenher auch das Gasthaus Steinbock, in dem man am knisternden Kaminfeuer den Geist dieses Tales auf sich wirken lassen kann.
Kann man einen Besuch in diesem Naturschutzgebiet aber überhaupt verantworten? Darf man hingehen und etwa mit den eigenen Füssen durch das Bachbett der jungen Kander spazieren? Selbstverständlich, sagt Adolf Ogi, dem das Schlusswort überlassen sei: «Im Grunde unseres Herzens sind wir doch alle noch ein wenig Kantianer und durchaus fähig und willens, Verantwortung für etwas zu übernehmen. Indem ich meine Lieblingsplätze bekannt mache, werden sie in ihrer ganzen Bedeutung als wertvolle Orte in einer intakten Landschaft wahrgenommen und etwas Wertvolles zu schützen, sind die Menschen gerne bereit. Ich bin schon zu lange Politiker, als dass ich den Kräften der Demokratie nicht vertraute. Auch das Tragen von Verantwortung haben wir in den letzten fast hundert Jahren demokratisiert. Wir sind als Gesellschaft durchaus in der Lage, auch mit sensiblen Landschaften umzugehen und zu diesen ganz speziell Sorge zu tragen, das liegt mir sehr am Herzen.»
Die Tierwelt des Niesens
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren Rehe, Rothirsche, Gämsen und Steinböcke stark bedroht oder gar ausgestorben. Die Gründe waren der hohe Jagddruck, bürgerkriegsähnliche Wirren, die Wilderei und die Entwaldung der Alpen und Voralpen.
1875 wurde das erste Bundesgesetz über Jagd und Vogelschutz erlassen – also ein Jahr nach der Gründung des Bundesstaates. Den damaligen Gesetzgebern war es wichtig, die «Hochwildbestände» wieder anzuheben, und zwar mit der Neuschaffung von eidgenössischen Jagdbanngebieten wie das vom Niesen nahe gelegene Kiental. Parallel dazu wurde die Wildhut verstärkt, um die Wilderer einzudämmen. Die Erholung der meisten Wildtiervorkommen in der Schweiz beruht auf natürlicher Einwanderung. Daneben setzte man auch ehemals ausgerottete Arten wieder aus.
Die Entwicklung der Wildbestände in der Schweiz war sehr erfolgreich – die Bestände haben sich sehr gut erholt und in vielen Kantonen verursacht heute das Wild Schäden an Schutzwald und landwirtschaftlichen Kulturen, sodass die Jagd intensiviert werden muss. Heute sind Freizeitaktivitäten in der Natur bei der Bevölkerung sehr beliebt. Dadurch steigt der Nutzungsdruck in vormals wenig berührten Gebieten. Vor diesem Hintergrund hat der Niesen mit seinen unterschiedlichen Expositionen und unberührten Gebieten eine sehr wichtige Funktion für Wildtiere erhalten. Er bietet Schutz und trägt zur Erhaltung von seltenen und bedrohten wildlebenden Säugetieren und Vögeln und ihrer Lebensräume bei.
Der Steinadler
Der Steinadler ist die grösste Greifvogelart Europas. Bis ins 19. Jahrhundert besiedelte er praktisch alle gemässigten und mediterranen Zonen der nördlichen Erdhalbkugel. Im deutschen Mittelgebirge wurde der Adler schon im 18. Jahrhundert ausgerottet. Auch im Berner Oberland wurden noch bis in die 1920er-Jahre regelmässig Adlerhorste mit Jungadlern «ausgenommen» und Steinadler abgeschossen.
Dank dem Engagement von Natur- und
Adlerschützern – allen voran Carl Stemmler – wurde der Steinadler nach und nach in verschiedenen Kantonen geschützt (Kanton Bern 1941 – und national 1953). Daraufhin hat sein Bestand im Verlauf der Jahrzehnte wieder um etwa die Hälfte zugenommen.
1941 bis 1965 hat mein Vater Adolf Juesy,
als Wildhüter und Bergführer im Eidgenössischen Jagdbanngebiet Kiental, mit dem bekannten Ornithologen Carl Stemmler, viele Jungadler im Horst beringt. Damit konnte das Sozial- und Raumverhalten der Steinadler untersucht und die Reviergrössen der Steinadler in der Schweiz besser beurteilt werden. In der Schweiz leben heute 300 Adlerpaare. Mittlerweile hat sich der Adlerbestand erholt und ist heute in unseren Alpen gesättigt. Am Niesen kann der Steinadler das ganze Jahr beobachtet werden. Oberhalb von Wengi ist sogar ein Adlerhorst, in dem regelmässig junge Adler aufgezogen werden und Ende Juli den Horst verlassen. Der Adler teilt sich seit 29 Jahren den Lebensraum mit dem Bartgeier.
Der Bartgeier
Der Bartgeier ist der grösste Vogel der Alpen. Der vor 100 Jahren ausgerottete Bartgeier (auch Lämmergeier genannt) wurde erstmals wieder im Berner Oberland am 23. Mai 1988 von einem Wildhüter beobachtet. Im August des gleichen Jahres wurde der Bartgeier von Fotograf Ernst Zbären, St. Stephan, sogar im Flug fotografiert. Seither ist der Bartgeier am Niesen immer wieder zu beobachten, ein Brutnachweis fehlt jedoch bis heute.
Die Wiederansiedlung des Bartgeiers basiert auf der Hacking-Methode. Dabei werden in Gehege-Haltung aufgezogene Jungtiere im Alter von rund 90 bis 100 Tagen aus dem Horst der Elterntiere entnommen. Sie werden zu einer gut geschützten Auswilderungsnische im Alpenraum transportiert und mit ein bis zwei weiteren Junggeiern freigesetzt. Die noch nicht flugfähigen Jungvögel werden bis zum Erreichen der Selbständigkeit von einem erfahrenen Team durchgehend überwacht und regelmässig mit Futter versorgt. Im Alter von rund 110 bis 130 Tagen wagen die Jungvögel ihren ersten Flug. In den kommenden Wochen lernen sie eigenständig immer besser zu fliegen und auch eigenständig Futter zu suchen. Diese Methode hat sich sehr bewährt. Es hat sich gezeigt, dass 88% der ausgewilderten Bartgeier das erste Lebensjahr überleben. In den darauffolgenden Jahren steigt die jährliche Überlebensrate gar auf 96%, was für Wildtiere ein aussergewöhnlich hoher Wert ist.
Die erste Wiederansiedlung beziehungsweise Auswilderung fand 1986 im österreichischen Nationalpark Hohe Tauern statt. In den folgenden Jahren wurde das Wiederansiedlungsprojekt nach und nach über den ganzen Alpenraum ausgedehnt. Die erste Auswilderung in Frankreich erfolgte 1987 in Hochsavoyen. Darauf folgte die Schweiz im Jahr 1991 mit einem Auswilderungsstandort im Schweizerischen Nationalpark und ab 1994 wurden Auswilderungen auch in den italienischen und französischen Südalpen durchgeführt. Im Verlauf des Projektes kamen immer wieder neue Regionen dazu. Insgesamt wurden bis ins Jahr 2017 216 junge Bartgeier erfolgreich im Alpenraum ausgewildert.
Der Steinbock
Der Alpensteinbock ist ein Wahrzeichen der Alpen. Rund 17000 Steinböcke leben in der Schweiz. Anfang des 19. Jahrhunderts war der Steinbock in der Schweiz ausgerottet. Ende des 19. Jahrhunderts war er fast aus dem gesamten Alpenraum verschwunden. Nur im Gebiet Gran Paradiso in Italien überlebte ein kleiner Bestand. Für teures Geld beschaffte sich die Schweiz von
Wilderern geraubte Steinkitze aus diesem Gebiet.
1911 wurden auf einer Alp im Weisstannental erstmals erfolgreich Steinböcke ins Freiland ausgesetzt. Nach wie vor ist der Steinbock eine geschützte Tierart. Sein Bestand ist in der Schweiz stabil. Im Kanton Bern leben ungefähr 1300 Steinböcke in dreizehn Kolonien. Vor 15 Jahren wurde im hinteren Diemtigtal eine Steinwildkolonie angesiedelt. Heute zählt die Steinwildkolonie im Diemtigtal bereits gegen 120 Tiere. Kurz nach der Aussetzung begab sich ein Steinbock vom Aussetzungsgebiet bis zum Niesen und verweilte dort mehr als ein Jahr. Diese ganze Niesenkette war vom Mai 2001 bis April 2002 sein Lebensraum. Als Einstandsgebiet hat sich erfreulicherweise das ursprünglich angepeilte Zielgebiet zwischen dem Fromattgrat und dem Seehore im hinteren Diemtigtal etabliert.
Zurzeit leben am Niesen keine Steinböcke. Da die Kolonie weiterwachsen und der Populationsdruck dadurch steigen wird, ist eine spontane Besiedlung von benachbarten Gebieten wie dem Niesen durchaus möglich.
Der Rothirsch
Im Jahr 1961 stiessen die ersten Rothirsche von Osten über den Brünig kommend in den Kanton Bern vor, aus dem sie rund 150 Jahre vorher ausgerottet worden waren. Die Ausrottung anfangs des 19. Jahrhunderts kann verschiedenen Ursachen zugeschrieben werden. Nicht unerheblich war der schlechte Ruf, der den Rothirschen als grosse Pflanzenfresser und damit als «Schädlinge» für die Land- und Forstwirtschaft anhaftete.
Der Umgang mit den Rothirschen in der Zeit seit der Wiederbesiedlung ist durch diese Haltung geprägt. Erst seit neuster Zeit wird ihnen die Bedeutung zugebilligt, die ihnen unter anderem aus Gründen des Artenschutzes und des Naturwerts zusteht. Heute leben im Kanton Bern wieder rund 1700
Rothirsche. Damit die Schäden am Wald und den landwirtschaftlichen Kulturen tragbar bleiben, werden im Kanton Bern jährlich rund 500 Rothirsche erlegt. Rund um den Niesen leben im Waldgürtel 10 bis 15 Rothirsche mit steigender Tendenz. Vor dem Hintergrund, dass der Bestand noch tief ist und sich die Tiere meist im Wald aufhalten, sind Beobachtungen sehr selten.
Die Gämse
Im Unterschied zum Steinbock und Rothirsch überlebte die Gämse anfangs des 19. Jahrhunderts in der Schweiz in kleinen Beständen in unzugänglichen Rückzugsgebieten der Hochalpen und in Gebirgswäldern. Im Eidgenössischen Jagdbanngebiet Kiental überlebten auf der Alp Hohkien zuhinterst im Spiggengrund, gemäss Tagebucheintrag von alt Wildhüter Lengacher, einige wenige Gämsen. Heute leben im Kiental ungefähr 850 Gämsen.
Der Niesen bietet für die Gämse mit seinen unterschiedlichen Expositionen, Steilhängen und unberührten Gebieten einen idealen Lebensraum. Trotzdem ist der Rückgang des Gamsbestandes auch am Niesen nicht zu übersehen. Die Gründe für den Bestandesrückgang in der Schweiz, aber auch in benachbarten Ländern haben verschiedene Ursachen und sind sehr komplex. Unter anderem sind die falsche Bejagung, der regionale Einfluss des Luchses, die vielfältigen Störungen durch uns Menschen, der steigende Rothirschbestand, aber auch die Bestossung der Sömmerungsgebiete durch die Schafe Schuld daran.
Heute leben in der Schweiz etwa 91 000 Gämsen, die JägerInnen erlegen jährlich ungefähr 13 000 Gämsen. Im Kanton Bern ist die Situation ähnlich. Die JägerInnen erlegen im Kanton Bern jährlich rund 1600 Gämsen mit sinkender Tendenz.
Das Reh
Auch das Reh war anfangs des 19. Jahrhunderts ausgerottet. Die Rehbestände erholten sich allerdings rasch. Der Lebensraum des Rehwildes waren ursprünglich die Randzonen von reich strukturierten Busch- und Mischwäldern. Weil aber unsere Vorfahren die grossen Urwälder gerodet haben, lebt das Reh auch in der offenen Feldflur. Die Veränderung der Landschaften durch den Menschen sorgte dafür, dass sich das Reh so gut anpassen gelernt hat. Deshalb zählt man es heute zu den Kulturfolgern. Heute leben in der Schweiz 140 000 Rehe, die JägerInnen erlegen jährlich ungefähr 42 000 Rehe. Im Kanton Bern erlegen die JägerInnen jährlich rund 6000 Rehe. Die Bestände sind in den letzten Jahren stabil geblieben.
Der Niesen bietet den idealen Lebensraum, zum Teil bis oberhalb der Waldgrenze, für das Reh. Leider sind auch hier die Bestände infolge Luchsvorkommen rückläufig. Vor diesem Hintergrund kann man heute vermehrt beobachten, dass das Rehwild nach und nach zum «nachtaktiven» Waldbewohner wird. Sie verlassen ihre Deckung nur im Schutz der Dämmerung und der Nacht.
Das Murmeltier
Das Murmeltier ist in unseren Alpen heimisch und mit keinem anderen Tier zu verwechseln. Es ist bestimmt das bekannteste Tier der alpinen Fauna und fast jeder Wanderer hat es schon beobachtet. Das Murmeltier lebt auf den Alpen und Weiden unserer Berge, wo sie ihre weitläufigen Baue anlegen können. Sie bevorzugen dabei die sonnigen Südhänge. Das Murmeltier besitzt ein sehr gutes Sehvermögen. Durch die seitliche Anordnung der Augen besitzt es ein weites Blickfeld. Auch das Gehör ist sehr empfindlich, nur der Geruchsinn ist eher schwach ausgeprägt.
Im Sommer auf offenem Gelände sind die Jungtiere grosser Gefahr ausgesetzt, denn sie stellen für Steinadler und Füchse eine leichte Beute dar. Steinadler decken im Sommer zwei Drittel ihrer Nahrung durch Murmeltiere. Die potentiellen Opfer können sich nicht zur Wehr setzen, sondern müssen ihr Heil in der Flucht suchen. Das können sie aber nur, wenn ihnen dafür genügend Zeit bleibt. Deshalb warnen sich die Murmeltiere gegenseitig mit gellenden Pfiffen vor drohender Gefahr.
Murmeltiere halten Winterschlaf und benötigen daher keinen Wintervorrat an Nahrung. Während des sechsmonatigen Winterschlafs zehren sie von der Fettschicht, die sie im Sommer angefressen haben. Sie erwachen nur wenige Male aus dem Winterschlaf, um Harn und Kot abzugeben.
Am Niesen ist das Murmeltier gut verbreitet und kann von der Bahn aus beobachtet werden.
Der Luchs
Der Luchs ist gemäss eidgenössischem Jagdgesetz eine geschützte Art. Seit rund 40 Jahren leben Luchse in der Schweiz. Seit 1975 lebt der Luchs auch im Kanton Bern. Heute leben in der Schweiz rund 300 Luchse. Nach einer ersten «Luchswelle» in den frühen 80er-Jahren war es um den Luchs im Kanton Bern lange Zeit ruhig. Mitte der 90er-Jahre nahm der Luchsbestand zu, wohl als Folge der angewachsenen Reh- und Gamsbestände. Der Luchsbestand hat im Berner Oberland 1999 und 2000 einen Höchststand erreicht, der schliesslich zu illegalen Tötungen und natürlichen Abgängen führte.
Heute leben im Berner Oberland und im Jura mehr als 3 Luchse pro 100 Quadratmeter, das sind mehr Luchse als in anderen Gebieten der Schweiz. Der Luchs findet genügend Nahrung und der Lebensraum ist für den Fortpflanzungserfolg sehr gut. Der Luchs ernährt sich hauptsächlich von Rehen und Gämsen. Der Niesen ist wegen seiner geografischen Lage eine Art «Verkehrsknotenpunkt» für wandernde Luchse, namentlich für junge Tiere auf Reviersuche. Vor dem Hintergrund, dass zahlreichen Beutetiere wie Gämse, Reh und Fuchs am Niesen vorkommen und der Lebensraum ideal ist, lebt der Luchs ««rund um den Niesen» während des ganzen Jahres.
Der Wolf
Aus Italien ist der Wolf nie ganz verschwunden. Die Population befand sich in den frühen 70er-Jahren mit nur noch 100 Wölfen auf einem kritischen Tiefstand. Italien stellte deshalb den Wolf 1976 unter Schutz. 1985 konnte die Anwesenheit des Wolfs in der Gegend von Genua und Alessandria – ungefähr 130 km von der Schweizer Grenze – offiziell bestätigt werden. Von 1985 bis 1992 hat sich die Ausbreitungsfront von Genua 190 Kilometer nach Westen vorgeschoben, das heisst mit einem Tempo von durchschnittlich über 22 Kilometer pro Jahr.
Seine Anwesenheit in der Schweiz ist seit 1995 Tatsache geworden. Seit 2001 wurden auch im Berner Oberland verschiedene Wolfsbeobachtungen gemeldet, die allerdings vorerst nicht mit gesicherten DNA-Nachweisen verifiziert werden konnten. Am 22. März 2006 wurde in Gsteigwiler ein Wolf von einem Zug überfahren – der erste «DNA-bestätigte Nachweis» Wolf im Kanton Bern – er war drei Wochen vorher in der Po-Ebene bestätigt worden. Bis Ende 2017 wurden im Kanton Bern circa 45 Wolfsnachweise «DNA-bestätigt». Seit 2007 hat der Kanton Bern als Pionier den Herdenschutz umgesetzt und die Kerngruppe Wolf mit Erfolg gegründet und arbeitet an der Koexistenz Mensch und Wolf. In der Schweiz leben heute circa 50 Wölfe und 3 bis 4 Wolfsrudel. Schadenstiftende Wölfe und Wölfe, die aggressives Verhalten gegenüber Menschen zeigen, können gemäss Richtlinien des Bundes abgeschossen werden.
Zurzeit leben am Niesen keine Wölfe. Am 23. Juli 2012 wurde im Kandertal jedoch erstmals das Vorkommen eines Wolfes nachgewiesen.
Geschützte und andere Wildarten am Niesen
Der Weihnachtsweg ist kostenlos und seine Betreiber machen dabei keinen Profit, freuen sich aber über jede Geldgabe. Kassen für Spenden befinden sich beim Eingangstor und bei Station 6. Die Spenden ermöglichen den Betreibern, die Figuren instandzuhalten, die Sujets auszubauen und während des ganzen Jahres die Kosten der anfallenden Arbeiten rund um den Weihnachtsweg zu decken.
Rund um den Niesen leben geschützte Arten wie Birk-, Schnee- und Steinhühner, aber auch das Haselwild. Leider ist das
Auerwild auch am Niesen nicht mehr anzutreffen. Das Auerwild ist der grösste Hühnervogel Europas. In Mitteleuropa ist es nur noch selten und nur in relativ unberührten Bergwaldregionen anzutreffen. Sein Lebensraum ist eine anspruchsvolle Mischung aus Nahrungsangebot und Deckung mit Übersicht, am liebsten lichte Althölzer aus Fichte und Kiefer. Das Auerwild steht auf der Roten Liste und reagiert sehr empfindlich auf Störungen.
Der Niesen beheimatet aber auch andere Arten wie Feld- und Schneehase, Fuchs, Dachs und Marder. Seine unterschiedlichen Expositionen und ungestörten Gebiete an der Nordseite sind für viele Wildarten sehr wichtig und tragen zur Artenvielfalt bei.
Im Herbst 1992 habe ich als damaliger Wildhüter bei der Schwandegg einen toten Uhu gefunden. Der Uhu war in der Schweiz in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts fast ausgestorben. Auch nach der Unterschutzstellung im Jahr 1925 erholte sich die Art nur langsam. 1960 dürfte der Bestand 30–50 Paare, um 1980 etwa 60 Paare umfasst haben. Von 1970 bis 1990, als in der Schweiz auf der Alpennordseite hunderte und in Deutschland tausende in Gefangenschaft aufgezogene Uhus freigelassen wurden, erfolgte eine markante Zunahme. In mehreren Regionen gab es in den 1990er-Jahren jedoch Hinweise für eine erneute Abnahme. Der Schweizer Bestand liegt zurzeit bei etwa 100 Paaren. Die meisten Uhus brüten entlang der grösseren Alpentäler, viele auch im Jura und einzelne im Mittelland.
Die Freizeitaktivitäten am Niesen sind kanalisiert. Er bietet Schutz für viele Arten und trägt zur Erhaltung von seltenen und bedrohten wildlebenden Säugetieren und Vögeln und ihrer Lebensräume bei. Die Niesenpyramide mit ihrer Vielfalt von Wildtieren und Vögeln ist schlicht einzigartig. In dieser intakten Natur ist die Erholung garantiert. Der sanfte Tourismus in diesem schönen Gebiet ist hier im Einklang mit der Natur.