Zwischen Orient und Westen

Zwischen Orient und Westen

Zwischen Orient und Westen

Mit ihrer Kunst will Farzane Y. Nia eine Brücke zwischen dem Orient und dem Westen schaffen. Sie lässt sich von der alten persischen Kultur, dem Leben hier und philosophischen iranischen Dichtern inspirieren. Daher erstaunt es nicht, dass wir auf ihren Bildern viele Elemente aus dem alten Orient antreffen.

Text: Christine Hunkeler  |  Fotos: Christine Hunkeler, zvg

Farzane Y. Nia lebt seit 14 Jahren in der Schweiz. Sie ist in Tabriz im Iran geboren. Dort hat sie Kunst studiert und später Malerei an der Universität Alzahra für Fine Art in Teheran. Ziel war, anschliessend in Wien weiter zu studieren. Doch wo die Liebe manchmal hinfällt: Sie lernte ihren jetzigen Mann kennen und die Pläne wurden geändert. Heute lebt sie mit ihrem Mann und der gemeinsamen Tochter in Hünibach.

Mit ihrer Kunst will Farzane Y. Nia eine Brücke zwischen dem Orient und dem Westen schaffen. Seit sie sich erinnern kann, hat sie gemalt. Ihr Vater hat ihr Talent und auch das ihrer Schwester Shokoufeh Y. Nia erkannt und sie wurden beide bereits früh gefördert und in Privatstunden unterrichtet. Ihre erste Komposition hat sie mit neun Jahren bei einem aserischrussischen Lehrer geschaffen. In der bildenden Kunst versteht man unter einer Komposition den formalen Aufbau von Kunstwerken, der die Beziehungen der Gestaltungselemente untereinander betrifft. Also: wie macht man ein Bild, was passt zusammen. Beim Erstellen von Stillleben ist dies eine exakte Hilfe. 

Neben der Schule hatte Farzane Y. Nia eine Phase mit Kohle und Bleistift durchgemacht, später mit 14 Jahren folgte dann das figurative Malen, was sehr schwierig für sie war. Sie übte jedoch viel. Danach erlernte sie die Technik mit bunten Stiften gemeinsam mit Acryltechnik. Nach der Schule im Iran folgt in der Regel das Gymnasium. Sie wollte jedoch nicht dorthin und hat die Art School für Mädchen besucht und dort mit Grafik begonnen. Ihre Mutter war nicht einverstanden, der Vater hat sie jedoch unterstützt. Grafik war im Iran damals nicht sehr bekannt. Für eine Firma, von der sie ausgewählt wurde, konnte sie in dieser Zeit die ganze Werbung erstellen. Über Logo, Flyer, Poster usw. wurde alles von Hand und mit dem Lineal kreiert, Computer kannte man nicht. Bei einem Wettbewerb für die Gestaltung eines Logos hat sie sogar einen Preis gewonnen. Für Farzane Y. Nia ist Kunst wie ein Ozean. 

Für Farzane Y. Nia ist Kunst wie ein Ozean.

Sie muss selber herausfinden, was zu ihr passt und ihr entspricht. Die Grafikerschule dauerte vier Jahre. Während dieser Zeit hat sie Ausstellungen in verschiedenen Galerien in Teheran gemacht, aber auch in Tabriz mit ihrer Schwester zusammen. Später hat sie Kurse und Workshops für Kinder und Jugendliche angeboten und auch ihre eigene Kunst hat sich im Iran etabliert. In Teheran hat sie an verschiedenen Schulen und zahlreiche Privatschüler unterrichtet.

Als sie vor vierzehn Jahren in die Schweiz kam, war alles neu. Sie musste mit etwas beginnen. Zuerst musste einmal die Sprache gelernt werden. Dort hat sie ihren neuen Kolleginnen Fotos von ihren Werken gezeigt und so die ersten Kontakte knüpfen können. Ihre Bilder kamen gut an. Sie besuchte in der Schweiz die Hochschule für Künste in Bern und 2011 hat sie ihr Atelier zusammen mit ihrer ersten Ausstellung «Homeland» (Heimatland) an der Staatsstrasse in Hünibach eröffnet. Bei diesen Bildern standen Kalligrafie und heilige Themen im Vordergrund. Kombiniert wurden sie mit verschiedenen typischen Mustern wie wir sie zum Beispiel von Teppichen aus Persien kennen, aber auch von den schön geformten Holzfenstern, die früher in Persien zu der alten Kunst gehörten. 

Für ihre eigenen Werke lässt sich Farzane Y. Nia von der alten persischen Kultur, vom Leben hier in der Schweiz und philosophischen iranischen Dichtern inspirieren. In ihren Bildern soll zwischen den Zeilen gelesen und so das Geheimnis oder der Funke des Entstehens entdeckt oder bewahrt werden können. Es interessiert sie, mit all diesen Formen zu «spielen» und sie in einem gemeinsamen Kontext zu präsentieren. Bei jedem Bild steht ein einfaches Gedicht mit einer tiefen Bedeutung im Hintergrund. Einer ihrer Lieblingsdichter ist der 1980 in Teheran verstorbene Iraner Sohrab Sepehri. Er repräsentiert die literarische Strömung des Neuen Gedichts der iranischen Moderne. Seine Gedichte sind durch eine einfache und unprätentiöse Sprache gekennzeichnet, die sich stark der gesprochenen Regionalsprache annähert, gleichzeitig aber warm und melodiös verfasst. Die Gedichte stehen im freien Vers. Das Thema in seinen Gedichten ist oft der Wunsch nach einer Annäherung an die Natur und die selbsterwählte Stille und Einsamkeit. Weitere Inhalte sind Freundschaft, Befindlichkeit und Zeit.

Als Hintergrund dienen Farzane Y. Nia Leinwand und Holzblätter und manchmal zuerst auch Papier, dass sie darauf aufzieht. Ihre Bilder sind ein Mix aus Acryl-Öl-Pastell, Buntstift und Collagen. 

Bauernfamilien leeren jeweils ihre Ställe und Scheunen, damit die Szenerien rechtzeitig eingerichtet werden können. An sechs Stationen wird je eine Szene aus der Weihnachtsgeschichte mit lebensgrossen, handgearbeiteten Figuren und Tieren dargestellt. Wir begegnen Maria und den Engeln, Maria und Josef unterwegs ins Wirtshaus, den Hirten auf dem Feld, der Engelschar, den Heiligen Drei Königen (Kaspar, Melchior und Balthasar) und zu guter Letzt natürlich der Weihnachtskrippe.

Während dem Studium an der Hochschule der Künste Bern, hat sie sich in einer Bilderserie dem modernen Menschen zum Thema Identität gewidmet. Also was bin ich, oder was ist meine Rolle hier usw. Aber auch mit dem Platz der Frau auf dieser Welt hat sie sich auseinandergesetzt. 2015 hat sie ein Fotostudio eröffnet. Sie fotografiert sehr gern zu den Themen Liebe, Familie und Natur und hat bereits verschiedene Konzepte in der Fotografie ausprobiert. 

Iran weist als eines der zwanzig grössten Länder der Erde eine grosse topografische und klimatische Vielfalt auf, die die Architektur in den unterschiedlichsten Landesteilen beeinflusst hat. Das heutige Iran liegt zugleich im Zentrum des Alten Orients, eines der ältesten Kulturräume der Welt mit einer Jahrtausende weit zurückreichenden kontinuierlichen Geschichte, von der auch die Architektur zeugt. Die Grundform ist überall gleich: Ein achteckiger Gebäudekomplex, in der Mitte ein Teich in eine Gartenlandschaft gebettet und auf der linken und rechten Seite genau abgestimmte Elemente. Der Begriff der persischen Architektur bezeichnet die Bauweise im heutigen Iran und den angrenzenden Gebieten des früheren Perserreichs. 

Sie mag es, den fantasiereichen Kindern eine gute Richtung in Kunst zu zeigen.

Als ein schönes und bekanntestes Beispiel dazu dient das Borudscherdi-Haus, das in der Oasenstadt Kaschan in der Provinz Isfahan liegt. Das Gebäude entstand 1857 und stellt ein imposantes Beispiel der Lehmziegelarchitektur dar. In keiner anderen Stadt Irans gibt es so viele eng beieinander liegende traditionelle Bürgerhäuser wie in dieser Oasenstadt. Dieser Ort war besonders durch den Teppichhandel eine Stadt der reichen Kaufleute, was sich in der grosszügigen Bauweise und der reichen Ausstattung ausdrückt. Typisch für diesen Baustil ist, dass das Anwesen zur Strasse hin von unauffälligen Wänden umgeben ist, während das Innere prunkvoll ausgestattet ist und farbige Glasfenster, Spiegelfacetten- und Stuckarbeiten aufweist. Der weite Innenhof mit Wasserbassin ist auf einen hohen Iwan ausgerichtet, hinter dem sich das Repräsentationsgebäude befindet, welches von einer Kuppel mit Windfängen überwölbt ist. An den Seiten und gegenüber des Innenhofs befinden sich Wohngebäude, die auch ein kühles Untergeschoss einschliessen, wohin man sich an heissen Sommertagen zurückziehen konnte. Heute ist die Anlage als Museenkomplex öffentlich zugänglich.

In der Safawidenzeit (1501 bis 1732) erreichte die iranische Architektur im Baukomplex des Meidane Naqsche Dschahan in Isfahan einen Höhepunkt in ihrer Entwicklung. Auch die Aussenseite der grossen Kuppel der Minarette bei der im frühen 17. Jahrhundert errichteten Königsmoschee wurde mit einem Mosaik aus glasierten farbigen Kacheln in feinen Arabeskenmustern und geometrischen Kalligrafien verkleidet. Die in grünblauem Farbton gehaltenen Wände heben sich prachtvoll von der ockerfarbenen, umgebenden Steppenlandschaft ab. Heute gehört der Naqsch-e-Dschahan-Platz, auch «Platz des Imans», im historischen Zentrum der Stadt Isfahan mit fast neun Hektar Fläche zu den grössten Plätzen der Welt. Er stellt ein wichtiges Zeugnis des kulturellen und gesellschaftlichen Lebens Persiens im safawidischen Zeitalter dar und wurde als bedeutende historische Stätte 1979 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.

Nach ihrer ersten Einzelausstellung in Hünibach hat Farzane Y. Nia begonnen, Kurse und Workshops für Kinder anzubieten. Sie mag es, den fantasiereichen Kindern eine gute Richtung in Kunst zu zeigen. Auch die Kinder aus dem Kindergarten Hünibach haben mit ihr zusammengearbeitet. Sie zeigte ihnen, wie man aus drei Farben eine Farbmischung herstellt und sie haben so Modern Art umgesetzt. Aus verschiedenen einzelnen Werken der Kinder wurde ein grosses Kunstwerk. Farzane Y. Nia gibt Unterricht für fast alle Techniken: Kohle, bunte Stifte, Pastellkreide und Ölpastell. Oftmals geht sie mit den Leuten – sie unterrichtet auch Erwachsene – zuerst mit einem Bilderrahmen in die freie Natur. Dies dient dazu, eine Idee zu erlangen, was auf das Bild gebracht werden soll und wie es von den Proportionen her überhaupt passt. Nachdem ihre Tochter auf die Welt gekommen ist, wurde das Atelier in die Wohnung integriert. Dort finden auch heute ihre aktuellen Malstunden mit kleineren und grösseren Schülerinnen und Schülern statt. Sie unterrichtet Leute aus der näheren Umgebung, aber es kommen auch Leute aus Bern. Die Malstunden bietet sie aktuell zweimal in der Woche an. 

Farzane Y. Nia hat schon an verschiedenen Orten ausstellen können (Einzel- und Gruppenausstellungen); unter anderem in Bern, Langenthal, Genf, Olten und Fribourg. Eine wichtige Bezugsperson von ihr ist die Kunstvermittlerin Gabriella Affolter aus Solothurn. So war sie 2017 auch zum 600-Jahr-Jubiläum von Bruder Klaus (Niklaus von Flüe) in Mariastein als Ausstellerin zu Gast. Regelmässig ist sie bei der Solothurner Kulturwoche präsent und gibt dort Workshops zum Thema bildende Kunst, ebenfalls im Paul Klee Museum in Bern. So hat sie zum Beispiel den Kindern schon die persische Kalligrafie nähergebracht. Die Kinder lernten hochbegeistert von rechts nach links ihren Namen zu schreiben. Geplant und in Abklärung ist eine Zusammenarbeit mit der Art Galerie in Oberhofen. Zusätzlich sollen länderübergreifende Ausstellungen und Workshops entstehen, um die Brücke zwischen den beiden Kulturen deutlicher darzustellen. Ihre Schwester hat in Teheran eine Galerie und so sind die beiden Frauen eifrig am Planen. Farzane Y. Nia ist zudem aktuell auch ein Projekt für den Herbst 2019 am Organisieren. Für Interessierte möchte sie eine Kunst-Workshop-Reise in den Iran anbieten. Wer sich dafür interessiert, darf sich gerne bei ihr melden.

Kontakt
Farzane Y. Nia
Staatsstrasse 158
3626 Hünibach
Tel. 079 664 71 25
niafineart@yahoo.com
Facebook: Farzane Y. Nia
Instagram: Farnia7

www.shokoufehyaghoubinia.com


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