Auf grossen Füssen
Auf grossen Füssen
Die eigenwilligen Tonfiguren von Elisabeth Rossel werden durch die Impulse, welche ihr das tägliche Leben und Erleben bietet, aus Fragen, Zweifel, Freuden aber auch aus Sehnsüchten, geprägt. So entstehen «Mafalda», «Sally», «Erasmus und Habiba» und viele weitere Figuren, die auf grossen Füssen im Leben stehen.
Text & Fotos: Christine Hunkeler
Während der Bildhauer früher hauptsächlich Vorlagen für seine Plastiken skizzierte, entstanden ab 1987 eigenständige kreative Zeichnungen.
Elisabeth Rossel hat die Schule in Thun besucht und eine Lehre als Papeteristin absolviert. Danach folgten einige «Wanderjahre»: So arbeitete sie eine gewisse Zeit in Saas Fee, später in einer Uhrenbijouterie in Solothurn und danach im Bereich Lederwareneinkauf in Biel. Nach sieben Jahren kehrte sie zurück nach Thun. Sie hatte während ihrer Abwesenheit immer Heimweh gehabt. Das Stockhorn, welches für sie Heimat bedeutet, hat ihr gefehlt. Elisabeth Rossel ist verheiratet und Mutter von zwei erwachsenen Kindern. Sie lebt heute mit ihrem Ehemann in Steffisburg.
Beim Töpfern hat Elisabeth Rossel mit der Zeit ihren eigenen Stil gefunden. Unter ihren Figuren befinden sich weder Gebrauchsgegenstände, noch allzu gegenständliche Skulpturen. Vielmehr offenbart sie mit ihren eigenwilligen Gestalten auch ein Stück ihres Innenlebens. So entstehen «Mafalda», «Sally», «Erasmus und Habiba» und viele weitere Figuren durch die Impulse, welche ihr das tägliche Leben und Erleben bietet, aus Fragen, Zweifel, Freuden aber auch aus Sehnsüchten. So wie die Figur «Der Traum», die für ihren bis jetzt unerfüllten Traum vom Motorradfahren entstanden ist.
Es gibt nichts, was nicht getöpfert werden kann. Die ersten Figuren von Elisabeth Rossel hatten weder Füsse noch Gesichter. Heute gibt sie allen ein Gesicht und zwei Füsse. Sogar übergrosse Füsse; ein aktuelles «Markenzeichen» ihrer Figuren, die mehrheitlich weiblicher Natur sind.
Wenn man mit weichem Ton eine Figur aufbaut, ist besonders zu beachten, dass die Wände gleichmässig dick sind und keine Luftblasen eingeschlossen werden. Daher müssen Objekte, welche dicker als zwei Zentimeter sind, innen hohl und unten mit einem Luftloch versehen sein. Wenn Elisabeth Rossel mit einer neuen Figur beginnt, so werden zuerst die beiden Füsse modelliert. So ist es auch im Leben, die Füsse sind unser Fundament – genau gleich wie bei einem Haus. Wenn ein Haus über kein stabiles Fundament verfügt, so ist es nicht standfest und bricht bei der kleinsten Erschütterung oder dem kleinsten Sturm zusammen. Die Figuren von Elisabeth Rossel sind alle sehr schwer, obwohl sie innen hohl sind. Daher eignen sich die Figuren auch, um sie draussen zu platzieren. Sie trotzen dem Wetter und dem Sturm.
Sie erkannte plötzlich die Möglichkeiten, wie unendlich weit das Gebiet des Töpferns sein kann.
Der Rohbrand
Grosse Tonfiguren werden im unteren Bereich des Ofens platziert, kleinere entsprechend weiter oben, da die Wärme im Ofen von unten nach oben aufsteigt. Elisabeth Rossel erzählt, dass beim Rohbrand oder auch Vorbrand wichtig ist, dass die Brenntemperatur langsam gesteigert wird, da der Ton noch eingebundenes Wasser enthält. Je langsamer sich die Temperatur erhöht, desto weniger Druck entsteht und der Wasserdampf kann so allmählich weichen. Bei einer zu schnellen Aufheizung oder bei Lufteinschlüssen würden die Tonfiguren durch den Druck des Wasserdampfes zerbersten. Der Brand erfolgt in der Regel bis zu einer Temperatur von 930 Grad. Der ganze Rohbrand dauert ungefähr 15 Stunden. Nach dem Rohbrand können sich die Tonfiguren im Wasser nicht mehr auflösen, sind aber weiterhin porös.
Der Glasurbrand
Beim zweiten Brenngang, dem Glasurbrand, dürfen die nun zum Teil glasierten Figuren keine Berührung zu anderen Objekten oder Teilen des Brennofens haben. Die Tonfiguren werden so platziert, dass sie einen Abstand von zwei bis drei Zentimetern zu allen Seiten hin haben. Beim Glasurbrand schmelzen die aufgebrachten Glasuren und verbinden sich mit der Figur. Diese enthält nun kein Wasser mehr und eine schnellere Aufheizung des Ofens ist möglich. Die Temperatur beträgt nun ungefähr 1240 Grad. Die Endtemperatur bleibt für gut zwanzig Minuten erhalten. Wie lange nun bei welchen Temperaturen gebrannt wird ist vom Ton sowie der verwendeten Glasur abhängig. Beides beeinflusst auch das fertige Aussehen der Oberfläche.
Abkühlung
Wenn die Figuren fertig gebrannt sind, werden sie nicht direkt aus dem Ofen genommen. Eine plötzliche Abkühlung könnte dazu führen, dass sich Risse und Sprünge im Ton und in der Glasur bilden. Daher nimmt man die gebrannten Werke erst aus dem Ofen, wenn die Temperatur im Innern des Ofens auf unter 100 Grad gefallen ist. Wer es «eilig» hat, kann die Abkühlungszeit etwas reduzieren, indem er den Deckel des Brennofens eine kleine Spalte öffnet.
Elisabeth Rossel trennt sich jeweils nur ungern von ihren Figuren, da auch immer etwas von ihrem eigenen Innenleben Teil der Figuren ist. Wenn sie aber trotzdem eines ihrer Geschöpfe weggibt, so tröstet sie die Gewissheit, dass es von den neuen Besitzern geschätzt wird. Und zusätzlich gibt es sogar wieder freien Raum für neue Werke.
Bereits über zwanzig Mal konnte Elisabeth Rossel ihre Figuren ausstellen. So bei Probst Optik in Thun, im ehemaligen Forum Chamäleon in Steffisburg, Mode Madame in Münsingen, «frauundkleid» in Zofingen und an zahlreichen weiteren Orten.
Kontakt
Elisabeth Rossel
Tonfiguren
Ziegeleistrasse 44
3612 Steffisburg
Telefon 033 222 62 51
elisabeth.rossel@gmx.ch