Traditioneller Alphornbau am Thunersee
Traditioneller Alphornbau am Thunersee
Ein Alphorn muss rein klingen, leicht zu blasen sein und auch im Chor stimmig wirken. Der Alphornbau ist für Willy Glaus aus Faulensee eine Passion. Rund siebzig Stunden werden für den Bau eines Alphorns be- nötigt. Jedes Stück, welches er an- fertigt, ist ein Unikat.
Text & Fotos: Christine Hunkeler
Das Herstellen von Naturseifen ist spannend und eine eigene kleine Wissenschaft. Das Kreieren von Rezepten und Designs, das Färben mit Pflanzen und das Kombinieren von Düften führen immer wieder zu neuen Ideen und Experimenten. Die Inspirationen dazu holt sich Sandra Rothermann in Gesprächen mit Familie und Freunden, draussen in der Natur, in der Literatur und auch über das Internet bei anderen Naturseifenherstellenden aus der ganzen Welt.
Hauptsächlich in der Wintersaison verbringt Willy Glaus seine Zeit in der Werkstatt und fertigt gut zehn Alphörner an. So hat er immer welche im Lager, denn wenn sich ein Käufer für ein Alphorn entscheidet, so möchte er es sofort haben und nicht darauf warten. Als «Zeitmillionär», so nennt Willy Glaus seinen Ruhestand, verbringt er die Sommermonate am liebsten beim Fischen auf dem schönen Thunersee oder beim Pilzesammeln. Für die Gäste vom Restaurant «Möve» organisiert er Ausfahrten mit dem Boot Richtung Schadau und zeigt ihnen von dort aus das herrliche Panorama, die Aussicht auf Eiger, Mönch und Jungfrau oder auch auf die Blümlisalp.
Das Alphorn
Das A und O eines guten Alphorns ist die Wahl des richtigen Holzes: Verwendet wird das Holz einer Rottanne (Fichte), die auf 1300 Meter über dem Meer in schattiger Hanglage langsam gewachsen ist. In der Regel sind die Bäume gut hundert Jahre alt. Das Holz wird während einiger Jahre trocken gelagert. Dann werden die Baumstämme geschält, der Länge nach halbiert und ausgehöhlt, bis sie nur noch sieben Millimeter dick sind. Das Alphorn wird anschliessend zusammengesetzt und die einzelnen Abschnitte mit Peddigrohr umwickelt. Rund siebzig Stunden benötigt Willy Glaus, bis ein Alphorn fertiggestellt ist. Ein Alphorn besteht in der Regel aus drei Teilen sowie dem Kesselmundstück. Von Hand gefertigte Alphörner verfügen über einen feineren Klang und lassen sich weicher blasen. Willy Glaus ist es ein persönliches Anliegen, dass dieses Kulturgut weiterhin gut gepflegt wird.
Malerei
Viele Bläser und Bläserinnen haben ein persönliches und individuelles Verhältnis zu ihrem Instrument. Daher lassen viele von ihnen den Trichter mit einer für sie passenden Malerei verzieren. Willy Glaus arbeitet mit zwei qualifizierten Kunsthandwerkerinnen in unserer Region zusammen. Sie versehen das Alphorn mit wahren Kunstwerken und erfüllen dabei gerne die spezifi- schen Wünsche des Besitzers.
Faszination Holz
Holz ist für Willy Glaus eine «heimelige» Sache. Ein schöner, aber auch anspruchsvoller Werkstoff. Ereignet sich bei der Herstellung eines Alphorns ein Fehler, so lässt er sich kaum korrigieren, ohne dass er für immer sichtbar bleibt. Ganz anders also als beispielsweise bei der Arbeit mit Metall, wo geschweisst werden kann und danach alles praktisch wieder wie vorher aussieht. Willy Glaus findet es faszinierend, dass aus einem 150-jährigen Baum etwas gemacht werden kann, das solch liebliche Melodien nach aussen bringen kann, dessen Töne unter die Haut gehen. «Das Schöne am Holz ist, dass man es verbrennen kann, wenn es einem nicht mehr gefällt», meint Willy Glaus schelmisch , «das gibt im Winter erst noch warm.»
Geschichte
Instrumentenkundlich gehört das Alphorn aufgrund seiner Anblasetechnik zu den Blechblasinstrumenten, obwohl es überwiegend aus Holz besteht. Es hat keine Klappen, Züge oder Ventile und ist deshalb bezüglich der spielbaren Töne auf die Naturtonreihe beschränkt. Je nach Örtlichkeit kann man ein Alphorn fünf bis zehn Kilometer weit hören. Lange Holztrompeten findet man in vielen Kulturen und Ländern, wie zum Beispiel in Tibet, in den Karpaten, in Australien und in vielen weiteren Weltgegenden. In der Schweiz erfreut sich das Alp- horn allgemeiner Beliebtheit. Und das schon seit langem: Eine erste schriftliche Erwähnung eines Alphorns findet sich in einem Rechnungsbuch des Klosters St. Urban, das auf das Jahr 1527 datiert ist.
Das Alphorn geriet im 18. Jahrhundert fast in Vergessenheit. Im 19. Jahrhundert jedoch brachten die Romantik und die englischen Touristen, die in die Schweizer Alpen reisten, die Faszination für das Alphorn wieder zum Blühen. Wie Taschenmesser, Käse und Schokolade ist auch das Alphorn zum Symbol für die Schweiz geworden.
Echo vom Stockhorn
Willy Glaus ist nicht nur Alphornbauer, sondern auch aktiver Alphornbläser. Er leitet die Alphorngruppe «Echo vom Stockhorn», welche das ganze Jahr über in verschiedenen Formationen in der Öffentlichkeit auftritt. Regelmässig spielen die Bläser an der 1.-August-Feier im Hüneggpark und man trifft sie auch bei der Bergpredigt am Seebergsee oder beim Jungfraumarathon. Im Auftrag des Bernisch-Kantonalen Jodlerverbandes ist Willy Glaus zudem Kursleiter der Einsteiger-Gruppe. Die Volksmusik ha-
be ihn schon früh fasziniert, die ganze Familie habe jeweils gemeinsam gesungen und musiziert. Es verwundert deshalb nicht, dass Willy Glaus auch gut jodeln und Handorgel spielen kann. Er war aktiv am Eidgenössischen Jodlerfest 1996 in Thun dabei und während fünf Jahren Präsident des Jodlerklubs Thun. Seit einigen Jahren spielt er auch Zither, zweistimmig, zusammen mit seiner Tochter.
Unser Tipp
Alphornbau von Hand: Präsentation für interessierte Gruppen. Es werden Rohlinge, Halbfertigprodukte und auch die entsprechenden Werkzeuge gezeigt. Die Präsentation dauert je nach Zielgruppe und Zeitbudget dreissig bis sechzig Minuten. Willy Glaus lässt selbstverständlich auch einige Alphornmelodien live erklingen.