Der dichtende und malende Umweltschützer – Karl Adolf  Laubscher

Der dichtende und malende Umweltschützer – Karl Adolf Laubscher

Der dichtende und malende Umweltschützer – Karl Adolf Laubscher

Karl Adolf Laubscher fühlte sich von klein auf mit der Natur verbunden. Zusammen mit seiner künstlerischen Begabung und seinem idealistischen Wesen entstanden Lyrik und Malerei ganz im Zeichen des Umwelt- und Tierschutzes.

Text: Alice Stadler | Bilder: zvg

Am 6. Februar 1888 wird Karl Adolf in Täuffelen im Seeland geboren. Sein Beruf wäre eigentlich durch die Fabrik für Feinmechanik, die seinem Vater und dessen Brüdern gehörte, vorbestimmt gewesen. So absolvierte er eine Mechanikerlehre und bildete sich zunächst in München weiter. Seine Mutter, die als Primarlehrerin tätig war, erkannte und förderte jedoch früh sein idealistisches Wesen. Zudem kam er in München mit der Künstlerszene in Kontakt. In Bayern erkannte er seine eigenen künstlerischen Talente und versuchte sich im Malen und Dichten. Daneben war er seit seinem 29. Lebensjahr überzeugter Vegetarier aus Umwelt- und Tierschutzgründen. Der Tod seines Vaters 1926 veranlasste den damals 38-Jährigen, sich vom elterlichen Geschäft zu trennen und fortan als freier Künstler zu arbeiten. Mit dem Beginn seines Künstlerlebens folgte auch eine Periode der Krankheit, die ihn zwei Jahre später zu einer Reise nach Passau zu einem Naturheiler führte. Dort angekommen, lernte er die Pianistin Margrit Illsinger kennen und lieben. Bereits ein Jahr später folgte ihre Hochzeit in München, wo sie sich zusammen niederliessen. Ihre Beziehung war geprägt von tiefem Vertrauen und gegenseitiger Unterstützung. So kümmerte sich seine Frau um die Organisation von verschiedenen Ausstellungen und die Pflege der äusseren Kontakte, während er sich seiner Kunst widmete. Nach über 30 Jahren in München musste das Ehepaar aus politischen Gründen mittellos in die Schweiz zurückkehren, wo es zuerst in Bern und dann in Sigriswil lebte. Der Tod seiner Frau Margrit Laubscher-Illsinger im Jahr 1961 berührte Karl Adolf zutiefst, und er beendete seine malerischen und lyrischen Tätigkeiten, um sich vermehrt dem Natur- und Tierschutz zu widmen. In seinem Leben veranstaltete er 14 Ausstellungen im In- und Ausland und veröffentlichte diverse Publikationen.


Gazellen – das Symbol der Harmonie

In der Malerei von Karl Adolf Laubscher ist die tiefe Verbundenheit mit der Natur deutlich zu erkennen. So sind seine Protagonist:innen zumeist Tiere – vor allem die Gazellen. Seine Beziehung zur Natur zeigte sich ihm in einer Wahrnehmung eines Gesamten, eines gesamthaft Harmonisch-Rhythmischen, das seine Seele und seinen Körper bewegte. Und so kam es, dass die «Vorstellung des Rehes, das ich als die Zusammenfassung und Krönung aller dieser Rhythmen empfand und dessen Idealform die Gazelle ist», als Hauptprotagonistin diente. Die Bewegtheit widerspiegelt sich in seiner schwungvollen Pinselführung sowie in der Gestaltung der Gazelle. Der Künstler selbst beschreibt seine Ambition wie folgt: «Es drängte mich, zu versuchen, dieses Gazellenhafte in vielen Varianten darzustellen, um durch solche Anregungen mitzuhelfen, uns eine so nötige, harmonische Lebensgestaltung wieder zu erringen; denn Kunst ist doch ein direktester und wirksamer Weg, in uns schlummernde Kräfte zu wecken und zu entwickeln.» Tiere seien ein Symbol für die Harmonie der Seele, in der sich unsere geistigen, seelischen und körperlichen Regungen spiegeln, wobei Tiere einfacher, echter und überzeugender seien. Der geschwungene Pinselstrich zusammen mit den Tiersujets ergibt bewegte und bewegende Werke voller Tiefe.

Seine Ideologie einer harmonischen Welt, der Mensch im Einklang mit der Natur und den Tieren, findet sich auch in seiner grünen Dichtung. Er gilt unter anderem als Pionier der grünen Literatur mit seinen umweltschützerischen Gedichten, die unseren Zeitgeist schmerzlich genau treffen. Karl Adolf benennt dabei mit treffenden Worten die Umstände und appelliert mit viel Pathos an unser Mitgefühl und unsere Verantwortung der Flora und Fauna gegenüber. In seinen Worten: «Mein Ziel ist es stets, ein immerzu Brauchbares für alle Werktage des Lebens zu geben, ein Helfendes, Nützliches, nicht nur beliebig Zerstreuendes. Ich habe mich bemüht, das Selberdenken und Selbstverantworten auch in den wichtigsten geistigen Lebensgebieten zu wecken.»


Was wird man von uns wohl sagen,

Was wird man von uns sich denken, 

Wenn man einst in späteren Tagen 

Sieht wie wir mit dem verfahren 

Was uns anvertraut;  

Wie wir so in wenig Jahren 

Sinnlos zu zerstören wagen 

Was Urzeiten aufgebaut. 


Der Ton der Gedichte ist mahnend und anklagend mit dem Ziel, eine Reaktion auszulösen. Der Künstler will damit aber nicht nur eine Reaktion auf der Gefühlsebene provozieren, sondern fordert eigenständiges Denken und Handeln sowie Selbstverantwortung ein. Ein zweites Beispiel ist das folgende Gedicht, das in der Stimme der Tiere verfasst ist:


Klage der Tiere: 

Uns gönnt der Mensch von allem nichts, 

Er nimmt uns Hügel, 

Wald und See, 

Die Bäche, Flüsse und den Fels. 

Alles ist seins! 

Ich weiss nicht mehr 

Wohin ich immer weiter geh’. 

Er steht auf jeder Felsenwand 

Und hält den Tod in seiner Hand. 

Für uns ist nirgends hier mehr Ruh’.  

Wir können nur noch himmelzu.

Sein Erbe: die Karl Adolf Laubscher-Stiftung

tierschützerischen Ideen berührt werden kann, gründete er mit seinem letzten Willen eine Stiftung und vermachte ihr seinen künstlerischen und publizistischen Nachlass. Diese wiederum konnte aufgrund von öffentlichen und privaten Spenden 1975 das Laubscher-Haus in Sigriswil, in dem der Künstler bis zu seinem Tod 1974 gelebt hatte, kaufen und zu einer Gedenkstätte umbauen. Während zahlreicher Jahre wurden Tage der offenen Tür und 2011 auch eine Ausstellung durchgeführt. Heute kann eine Auswahl an Bildern auf Voranmeldung in seinem Atelierraum angesehen sowie Führungen durch die Stiftung über das Leben und zur Bedeutung von Karl Adolf Laubscher besucht werden. Beides benötigt eine Voranmeldung per Mail oder Telefon. Die Angebote werden mit einer Kollekte vergütet, wobei Spenden immer willkommen sind. Wer sich lieber kinematografisch einstimmen möchte, findet auf der Website der Stiftung den Kurzdokumentarfilm von Sandro Schreiber und Marco Ammann, der am 28. April 2023 Premiere feierte. Doch wer steht hinter der Stiftung? Die drei langjährigen Mitglieder Evelyne Brunner, Hannelore Seki und Walter Warmbrodt bilden den Stiftungsrat und geben ab Frühling 2024 das Zepter an die Künstler:innen Nadja Winter, Michael Klemm und weitere Personen weiter. Diese freuen sich, Altes mit neuen Ideen weiterzuführen.

Kontakt
Karl Adolf Laubscher-Stiftung Sigriswil
Goldiwilstrasse 8M , 3600 Thun

www.laubscher-stiftung.ch


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