Eine bunte Sache – Raum für kreativen Eigensinn

Eine bunte Sache – Raum für kreativen Eigensinn

Eine bunte Sache – Raum für kreativen Eigensinn

Nicole Burger bietet in der Altstadt Thuns einen «Raum für kreativen Eigensinn» – ein Atelier, um dem grund- legenden Bedürfnis, sich auszudrücken, Raum zu bieten. Darin wird Kunst mit Gesundheit verbunden und kann dadurch auch anderen Menschen neue (Lebens-)Farbe zur Verfügung stellen. Ihre eigene Passion ist die Mischtechnik in Ölpastell und Acryl sowie die Hinterglasmalerei.

Text: Alice Stadler | Bilder: Luca Däppen, Zug

Bereits als Kind war Nicole Burger sehr kreativ unterwegs und wurde in diese Richtung auch gefördert. Über berufliche Umwege, wie eine Lehre als Hochbauzeichnerin und eine Ausbildungen im sozialen Bereich als psychosoziale Beraterin, Coach für EFT (Emotional Freedom Technique) und als Gesundheitsmasseurin, kam sie zum Studium der intermedialen Kunsttherapie. Der Weg vom technischen Zeichnen zur Acryl- und später zur Hinterglasmalerei wurde unter anderem von Peter Killer auf einer seiner Kunstreisen geebnet, als er sagte: «Im Herzen bist du eine Malerin.» Und tatsächlich ist Exaktheit eine ihrer Stärken, «ich war schon immer eine sehr Genaue», jedoch lag das «feu sacré» schon immer in der freien und bunten Malerei. Mit befreienden Pinselstrichen ohne Bedürfnis nach Ergebnis, Bedeutung oder Kontrolle entdeckte sie auf eigene Art und Weise in der stillen, inneren Tiefe den Zugang zu ihrer eigenen Kreativität. Während der gesamten Kindheit hatte sie im kleineren, und später im grösseren, Rahmen ein eigenes Atelier, wo sie mögliche Zwischenräume im Eingebundensein mit intuitivem Malen nutzte. Der Entscheid, mit Acrylfarbe zu arbeiten, hatte auch einen sehr pragmatischen Grund, denn Ölfarbe hat eine relativ lange Trockenzeit, «und das geht mit Kindern nicht». Als alleinerziehende Mutter von fünf Kindern war Malen Erholungs- und Regenerationszeit. «Es ist ein Schaffen aus der Ruhe, der eigenen Stille heraus.» Diese Erkenntnisse wurden im Studium der intermedialen Kunsttherapie vertieft und nahmen in ihrem jetzigen Atelier Form an. Die intermediale Kunsttherapie meint Entdeckungsraum, um seelische Aspekte sicht- und erlebbar zu machen; also den persönlichen Ausdruck in Bild, Form, Wort, Klang und Bewegung zu finden, auszudrücken und zu gestalten. Das Gelingen sowie frustrierendes Scheitern, Beziehung und Freiheit, schweigender Dialog sind Teil des Prozesses. Menschen sind vielfältig und verschieden, daher auch sinnvollerweise der Gebrauch von unterschiedlichen medialen Ansätzen.


Nicarte – Nicoles Kunst

Eine Technik, die die Thunerin für sich entdeckt hat, ist die Hinterglasmalerei. Glas als Material faszinierte sie bereits von klein auf mit dessen Fragilität und Lichtbrechung. Bald versuchte sie sich selbst an dieser Technik. Es folgte ein langer Weg des Ausprobierens. Auch in dieser Technik ist ihr eigener unvergleichlicher Stil wiedererkennbar. Er ist stets bunt, vielschichtig und niemals auf das eine zu reduzieren. Die Leuchtkraft der Farben ist faszinierend. Farbschicht um Farbschicht wird auf die Rückseite aufgetragen, Muster ausgekratzt, wieder übermalen – das alles natürlich immer spiegelverkehrt –, dabei ergibt sich ein dreidimensionales Kunstwerk, das je nach Lichteinstrahlung kräftiger leuchtet und zusätzlich als komplizierte Denkübung erachtet werden könnte. Ist es jedoch nicht. Die Werke entstehen aus tiefster Inspiration und im Tun ohne vorherige konkrete Absicht. Dreht man die bunten Kunstobjekte auf die Rückseite, sieht das Bild ganz anders aus. Die flächigen Formen der Hintergrundfarben zieren diese, und nichts von dem von vorne erkennbaren, filigranen Muster ist zu erkennen. Diese Technik, eine der schwierigsten, braucht auch eine grosse Portion Ausdauer, denn man «hat lange und es ist ein eher langsames Tun». Für Nicole Burger stehen erneut konkrete Projekte in Glasmalkunst an. Ihre Inspiration findet die Künstlerin vor allem in der Natur und überall da, wo Ruhe zu finden ist. Dies erlaubt es ihr, in Berührung mit der eigenen Seele zu sein. Aus dieser Wahrhaftigkeit heraus entsteht anschliessend der persönliche, kreative Ausdruck im Aussen. Der Prozess, der zu einem Werk führt, beginnt mit dem Auftragen einer Grundierung, die mit jedem Pinselstrich meditativ zu einer inneren Ruhe führt. «Wenn ich male, dann ist in meinem Kopf nichts, kein Bild vom Ergebnis, kein Wunsch nach Bedeutung und auch keine Idee, wie ich das Kreieren kontrollieren könnte. Alles wird aus der inneren Intuition geschaffen und fliesst durch mich und mein Tun in die Welt.» Eine weitere Inspiration ist alle kindliche, unzensurierte Kreativität. Darin sind Kostbarkeiten für das gesunde Wachstum enthalten. Und in diesem Sinne versucht sie eben, diese zu bewahren, zu kultivieren und zwischenzeitlich auch in anderen Menschen wiederzuerwecken. Das widerspiegelt sich auch in ihrer bunten Garderobe, die mit der Hintergrundglasmalerei um die Wette strahlt. Weitere künstlerische Unternehmungen gab es in ihrer Position als Kulturattachée des Kunstmuseums Thun. Ein Projekt war 2010 die orientalische Tanzperformance im Kunstmuseum Thun zur Ausstellung «Zwischen den Welten». Das Ziel war es, nicht rein die Endprodukte der Künstler:innen zu erklären, sondern die bestehenden Exponate ergänzend neu und anders zu beleben und damit wertzuschätzen. Hinter jedem Kunstwerk steht anfänglich ein Mensch mit einer kreativen Idee und dem Bedürfnis, diese auszudrücken. Dies kann dann zum Entstehungsprozess führen. Es ist letztendlich immer die gemachte Erfahrung, und hoffentlich die vorweg empfundene Freude dabei, die zählt. Das Ergebnis ist zweitrangig.

Im Atelier «Raum für kreativen Eigensinn»

In einem kommenden Projekt verfasst die Künstlerin ein Buch, das in Form von Bild, Text und anderem Erlebbaren Kunst und Gesundheit vereinen soll. Wie in ihrem ganzen Streben basieren ihre Handlungsansätze auf unmittelbarer, einfacher und tauglicher Selbsthilfe. Dies fördert Selbstbestimmung, Unabhängigkeit und damit Freiheit. «Das ist mir persönlich ein grosses Anliegen, dafür stehe ich ein.» Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Betonung der Prävention: «Man soll nicht zuerst krank werden müssen, um, wenn auch dank Therapie, Kunstvolles in die Welt bringen zu dürfen.» Die Idee ist es, mit ihrem Atelier einen Raum zu bieten, um das Bunte, die Farbe, die leider allzu oft im Erwachsenwerden verloren geht, wieder neu zu entfalten und die eigene Seelensprache wiederzufinden. Sie ist überzeugt, dass der Ausdruck, nicht zuletzt der künstlerische, der individuellen Gesundheit dient, also Psychohygiene ist. So entstand «autarkes» – ein Angebot, um die Verbindlichkeit sich selbst gegenüber zu finden, um sich mit der eigenen Innenwelt auseinanderzusetzen und danach zu handeln. Ab 2013 verfolgte sie ihre Ansätze in einer eigenen Praxis, nun hat sie mit ihrem neuen Atelier in der Thuner Altstadt Kunst und Gesundheit verbinden können. Wie der Name der Website schon besagt, sollen die Klient:innen «autark», eigenständig, unabhängiger im Denken und Handeln, das Leben befreiter und freudvoller gestalten können. Nicole Burger stellt dabei den Raum, das Material und ihre Beratung zur Verfügung.

Kontakt
Nicole Burger
Obere Hauptgasse 62 

3600 Thun 

www.autarkes.ch


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