Gottfried Tritten –  Zeichner, Maler und Kunstpädagoge

Gottfried Tritten – Zeichner, Maler und Kunstpädagoge

Gottfried Tritten – Zeichner, Maler und Kunstpädagoge

Als freischaffender Künstler profilierte sich Gottfried Tritten in einer ganz persönlichen, kraftvollen Bildsprache. Mit zunächst gegenständlichen, dann abstrakten, schliesslich von der taoistischen Philosophie beeinflussten Darstellungen erwarb er sich einen bedeutenden Namen als Künstler in der Schweiz. Mit seinen kunstpädagogischen Publikationen erlangte er sogar eine internationale Beachtung.  

Text: Renate Hodel  |  Fotos: Michael Meier, Thun

Gottfried Tritten wurde am 13. Dezember 1923 in Lenk im Simmental als Bergbauernbub geboren. Nach dem Besuch des Gymnasiums in Burgdorf erwarb er sich das Zeichenlehrerdiplom an der Kunstgewerbeschule Basel. Von 1948 bis 1951 studierte er an den Universitäten Basel und Bern Kunstgeschichte, Philosophie und Psychologie. Von 1950 bis 1970 wirkte er als beliebter Zeichenlehrer am Lehrerinnenseminar Thun. Er war ein charismatischer Lehrer, der die Seminaristinnen für die bildende Kunst begeistern konnte. Es verwundert daher nicht, dass einige seiner ehemaligen Schülerinnen selbst Malerinnen geworden sind. 1953 erhielt der Künstler ein Eidgenössisches Stipendium für angewandte Kunst. 1954 begegnete er Hermann Hesse und Friedrich Dürrenmatt. 1955 heiratete er Ursula Schärer aus Biel. 1959 zog das Ehepaar nach Oberhofen am Thunersee. 1962 wurde die Tochter Sibylle, 1965 die Tochter Annette geboren. 

Wichtig für die künstlerische Entwicklung waren Reisen nach Spanien, Griechenland und Marokko. 1968 folgten kunstpädagogische Studienaufenthalte in den USA und Kanada. Dort traf er bedeutende Künstler des «Action Painting» und der «Pop Art», unter anderem auch Andy Warhol. Die freibeschwingte Malerei des «Action Painting» beeinflusste seine damalige Schaffensphase. Von 1968 bis 1984 hatte Gottfried Tritten einen Lehrauftrag am französischsprachigen Sekundarlehramt der Universität Bern inne. 1968 begegnete er dem englischen Künstler Mark Tobey in Basel. 1970 fanden Ausstellungen im Kunstmuseum Lissabon und in den USA statt. 1974 veranstaltete das Kunstmuseum Thun eine grosse Retrospektive. 1977 zog der Künstler in ein eigenes Haus mit einem Atelier in Grimisuat ob Sion. Im Kanton Wallis fühlte er sich wohl. Dort erlangte er eine besondere Wertschätzung und erhielt viele Ausstellungsmöglichkeiten, so 1987 im Musée cantonal des Beaux-Arts in Sion, 1994 im Manoir de la Ville und in der Fondation Louis Moret in Martigny, 2003 erneut in der Fondation Louis Moret, 2005 nochmals im Musée cantonal des Beaux-Arts in Sion und 2009 in der Fondation Pierre Gianadda in Martigny.

Eine grosse Beachtung schweizweit und auch im Ausland fanden seine pädagogischen Publikationen: Gestaltende Kinderhände (1959), Erziehung durch Farbe und Form. Ein methodisches Handbuch für das bildnerische Gestalten und Denken (1981) sowie Malen, Handbuch der bildnerischen Erziehung (1985). Alle Publikationen erschienen im Paul Haupt Verlag, Bern. Dafür, für seine Förderung der bildenden Kunst und für sein kreatives Schaffen ehrte ihn die Universität Bern 1985 mit einem Ehrendoktorat. 1986 erhielt er den Kulturpreis der Stadt Thun und eine weitere Ausstellung im Kunstmuseum Thun. 1992 fand eine Ausstellung mit seinen Werken im Kunstmuseum Helsinki statt. 1997 erhielt er den Kulturpreis des Kantons Wallis. Im gleichen Jahr unternahm er eine Reise nach Japan. 

  Nächtliche Landschaft mit Tieren, um 1952, Öl auf Leinwand, 60,5x87 cm, Kunstmuseum Thun.

  Ohne Titel, 1957, Öl auf Holz, 13x34,3 cm, Kunstmuseum Thun.

An Istar, 1993, Mischtechnik auf Papier auf Holzfaserplatte, 149 x 123 cm, Kunstmuseum Thun, Depositum Förderverein Kunstmuseum Thun.

  Ohne Titel, 1957, Öl auf Hartpavatex, 69,6x121,5 cm, Kunstmuseum Thun, Schenkung Ellenberger.

  Ohne Titel, 1954/55, Öl auf Leinwand, 72x72 cm, Kunstsammlung Hans & Marlis Suter.

  Fragen an einen Berg, 1968, Mischtechnik auf Papier, 60x40 cm, Kunstsammlung Hans & Marlis Suter.

  Ohne Titel, ohne Datum, Farblithografie (Künstlerabzug), 56≥79 cm, Kunstsammlung Hans & Marlis Suter.

Ohne Titel, ohne Datum, Farblithografie (Probeabzug), 53x79 cm, Kunstsammlung Hans & Marlis Suter.

Ohne Titel, 1964, Farblithografie 129/150, 70x95 cm, Kunstsammlung Hans & Marlis Suter.

Gottfried Tritten ist technisch ausgesprochen vielseitig: Zeichnungen, Farblithografien (zum Beispiel zu Gedichten von Hermann Hesse), Buchillustrationen, Aquarelle, Öl- und Acrylbilder, Collagen. Der Künstler realisierte zudem viele öffentliche Aufträge im Ausland (in Paris, Brest, Lyon, Bordeaux) und in der Schweiz. In Thun gestaltete er einen Wandteppich im Rathaus, Glasreliefs im Spital und ein Wandmosaik aussen an der Berner Kantonalbank. In seinem letzten öffentlichen Auftrag schuf er in den Jahren 2004/05 und 2009 die Lenker Kirchenfenster. 

Das künstlerische Schaffen entwickelte sich in immer neuen Schaffensphasen. Im Frühwerk finden sich noch gegenständliche Darstellungen von Menschen, Tieren und Landschaften (Abbildungen 1, 5 und untere Abbildung auf Seite 113). Ab 1954 wendet sich Gottfried Tritten der Abstraktion zu, zunächst der geometrischen (Abbildungen 2 und 6), dann der expressionistischen, schliesslich der lyrischen. Er befasst sich mit der räumlichen Wirkung von Linien und Farben und der Gegensätzlichkeit von Ruhe und Bewegung. Der Künstler verwendet reine Farben mit einer Beschränkung auf wenige Farben in einem Bild. Bevorzugt wird die blaue Farbe, zu der er sich wie folgt äussert: «Das Blau gilt als die immateriellste aller Farben. […] Symbolisch steht sie für das Denken, den Traum und den Geist. So betrachtet, verstärkt sie die Idee des Berges als Ort hoher geistiger Ausstrahlung.» (Obere Abbildung auf Seite 113). Hauptthemen sind der Niesen in vielfältig abstrahierten Formen (Abbildung 3 und obere Abbildung auf Seite 113) und die Darstellung des Frauenkörpers (Abbildung 4). 1969 fügt er auswechselbare Bildteile in ein Gesamtgefüge ein. Dies ermöglicht variable Ansichten. Ab 1970 integriert er geometrische Elemente und Schriftzeichen in seine rhythmischen Gestaltungen. Bildzyklen entstehen, zum Beispiel Berg – Mensch – Malerei, Susanna im Bade, Die Geburt der Venus. Schliesslich  entstehen Werkserien mit dem Zeichen T als Ausdruck seiner Beschäftigung mit dem Taoismus und dem Zen-Buddhismus (Abbildungen auf Seiten 114 und 115). 

Bedeutsam sind des Künstlers grosszügige Schenkungen eigener Arbeiten, unter anderem an die Stadt Thun und die Kantone Bern und Wallis. 

In seinem Wesen war Gottfried Tritten bedächtig und besonnen. Obschon eher von stiller Natur, war er doch kommunikativ und pflegte viele Freundschaften. Dr. Peter Wyss schreibt in seinem Nachruf auf den Künstler (Thuner Tagblatt vom 31. Januar 2015): «Sein ganzes Leben als Künstler entsprach der Reise eines Pilgers auf dem Wege zur Wahrheit. Tiz, wie ihn seine Freunde und Bewunderinnen nannten, war ein philosophisch gebildeter Maler, der nach Transzendenz strebte, ein Suchender, der nach dem Wesen der Dinge fragte, sie sich schreibend und malend zu eigen machte. […] Trotz allen Ehrungen blieb Tiz bescheiden. Seinen lobenden Übernamen (Tiz in Anlehnung an den grossen Tizian) fand er völlig übertrieben, er sei nicht genial. Er gehe nur seinen Weg. ‹Der Weg ist unvergänglich, sagt Lao Tse. Der Körper schwindet dahin, der Weg stirbt nie.›»

Aus gesundheitlichen Gründen trat Gottfried Tritten im Jahre 2014 in ein Betagtenheim in Allmendingen bei Thun ein. Dort starb er am 15. Januar 2015.

Ohne Titel, ohne Datum, Acryl/Collage auf Bütten, 49x38,5 cm (mit Widmung: für H. und M.), Kunstsammlung Hans & Marlis Suter.

Bildnachweise:

 Foto Seite 110: Noël Aeby, 1724 Senèdes.  

 Fotos der Abbildungen 3, 4, 5, der Abbildung auf Seite 113 unten und der Abbildung auf Seite 115: Melanie Willen, Gerber Druck AG, 3612 Steffisburg.  Abbildung auf Seite 113 oben: Manuela Bonetti, Gerber Druck AG, 3612 Steffisburg


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