Patrick Osterholt – Abstrakte Bilder voller Emotionen
Patrick Osterholt – Abstrakte Bilder voller Emotionen
Patrick Osterholt stammt aus einer Künstlerfamilie. Sein Vater war Musiker und hat immer gemalt, vor allem Ölbilder. So ist es wenig überraschend, dass auch Patrick Osterholt schon als Kind viel gezeichnet hat. Trotzdem hat er keine typische Künstlerkarriere hingelegt. Eine Kunsthochschule hat er nie besucht, muss er auch nicht, seine Bilder sprechen für sich.
Text: Blanca Bürgisser
Patrick Osterholt glaubt nicht an Zufälle. Es war vorherbestimmt, dass der junge Maler seinen Weg zum Kunsthandwerk zurückfand, auch nachdem er es für einige Zeit aus den Augen verloren hatte. In seinen Jugendjahren verpasste Patrick Osterholt, sich rechtzeitig eine KV-Lehrstelle zu suchen. Dies führte dazu, dass ihm ein Bekannter der Familie eine Lehrstelle als Autolackierer anbot. Dort hat Patrick Osterholt gelernt, wie man Farben mischt und zusammenstellt. Auch der dort erlernte Umgang, Lackfarben zu spritzen und mit Spraydosen zu arbeiten, prägt seine Arbeit bis heute. Doch auf dem Beruf hat er nie gearbeitet und auch das Malen geriet vorübergehend in den Hintergrund. Er ging vielen anderen künstlerischen Dingen nach, unter anderem machte er zehn Jahre lang intensiv Musik. Ausschlaggebend für seine Rückkehr zur Malerei war die Begegnung mit dem Künstler Martin Stucki. Patrick Osterholt besuchte bei ihm zuerst einen Malkurs und wurde schliesslich in seine Malgruppe aufgenommen. Dort hat er das Abstrakte kennengelernt. Das hat in seinem Innern ein Feuer entfacht, das bis heute weiterbrennt.
Voller Emotionen
Patrick Osterholt arbeitet hauptberuflich als Sozialpädagoge. Doch das Malen ist für ihn kein Hobby. Sondern die Kunst ist für ihn wie die Sonne – er braucht sie, um zu existieren. Kunst ist seine absolute Leidenschaft. Wenn er an einem Werk arbeitet, erlebt er die ganzen Höhen und Tiefen des Prozesses. Gefällt ihm ein Bild, ist er voller Euphorie. Kommt er bei einem Bild nicht weiter, geht es ihm richtig schlecht. Doch das ist für Patrick Osterholt ein wichtiger Teil seiner Kunst, denn es reflektiert für ihn die Höhen und Tiefen des Lebens.
Diese Emotionalität bringt er als Künstler auch in seine Bilder. Der lange Prozess und all seine Emotionen geben seinen Bildern eine unglaubliche Kraft. Lange konnte er dieses Gefühl nicht benennen. Bis er eines Tages auf «Gutai» gestossen ist. Gutai ist in den 1950er-Jahren in Japan entstanden. Eine Gruppe von Künstler:innen hatte sich von den fixen traditionellen Strukturen der Kunst gelöst und begonnen, aus ihren Emotionen heraus zu malen. Teilweise haben sie die Leinwand auf den Boden gelegt, Farbe darauf geworfen oder sich gar über das Bild gerollt. All diese Bilder, erzählt Patrick Osterholt, haben durch diese Emotionalität eine unvergleichliche Energie erhalten.
Performance-Kunst
Patrick Osterholt bezeichnet seinen Schaffensprozess auch als Performance-Kunst. Dies soll widerspiegeln, dass das Erstellen seiner Gemälde eine sehr aktive Handlung ist. Er beginnt damit, dass er alle Werkstoffe bereitlegt. Dabei benützt er die verschiedensten Farben und Materialien – ob Spraydosen, Lacke oder Reifenglanz (enthält Silikon). Patrick Osterholt hat ein richtiges Sammelsurium an Malutensilien. Er betont, dass man oft nicht weit suchen muss, sondern einfach erfinderisch sein soll. Wenn alle Materialien bereit sind, legt er los. Zuerst kommt der Rohling. Dieser ist meist in Weiss gehalten, Patrick Osterholt bringt hier verschiedene Dimensionen und Strukturen hinein, die später die Dreidimensionalität seiner Bilder ausmachen. Dafür verwendet er beispielsweise Leim oder Sand. In einem nächsten Schritt bringt er Farbe auf den Rohling und das Bild entsteht langsam und es beginnt zu atmen.
Der gesamte Prozess ist für ihn als Künstler extrem meditativ. Er arbeitet in kompletter Stille. Dadurch kann der Dialog zwischen ihm, den Materialien und dem Bild stattfinden. So gelingt es ihm, die verschiedensten Komponenten in Einklang zu bringen. Sie alle kommen zusammen und bilden eine Einheit voller Kraft und Energie.
Das Schwierigste ist zu wissen, wann ein Bild fertig ist. Patrick Osterholt hört dabei immer auf sein Gefühl. Wenn er vor seinem Werk steht und denkt, es sei gut, dann reicht das noch nicht. Es muss ihn innerlich «verjagen». Doch um diesen Punkt zu erreichen, muss man mutig sein. Denn es besteht immer das Risiko, dass man das Bild im letzten Schritt zerstört. Doch das ist es wert, denn oft ist der letzte Schritt der entscheidende. Oft schaut er das Bild so lange an, bis er die entscheidende Eingebung hat. Teils aber macht er den letzten Schritt auch aus Wut oder anderen Emotionen heraus. Meist bestätigt sich sein Gefühl und diese letzte Änderung macht das Bild vollkommen. Und wenn einmal ein Fehler passiert, ist das laut Patrick Osterholt halb so schlimm: «Ungewolltes, Zufälliges oder Fehlerhaftes gehören zum Prozess. Ich sehe sie als Geschenk, Bereicherung oder als Anregung zum Weitermachen.»
Seine Emotionen verleihen seinen Bildern eine unglaubliche Kraft.
Inspiration
Eine wichtige Inspirationsquelle von Patrick Osterholt ist die Natur. Oft nimmt er bei Spaziergängen Steine mit, deren natürliche Formen und Muster ihn faszinieren. In seinen Bildern tauchen immer wieder Strukturen der Natur auf. Insbesondere die Ursprungsform, das Oval, das in der Natur immer wieder erscheint, beispielsweise in Blättern, Amphibien oder Samenkörnern. Es symbolisiert die Kraft des Ursprungs, die seine Bilder im Allgemeinen widerspiegeln.
Aber auch bei seiner Arbeit als Sozialpädagoge wird Patrick Osterholt inspiriert. Die Lebensgeschichten der Personen, mit denen er arbeitet, finden sich teilweise auch in seinen Bildern wieder. Er arbeitet in einer Institution mit psychisch- und suchtkranken Menschen. Ihm ist es wichtig, die Kunst auch bei der Arbeit einzubringen. Er ist überzeugt, dass jeder Mensch die Gabe hat, künstlerisch tätig zu sein. Immer wieder gibt er Malkurse zu verschiedenen Themen. Dabei dürfen alle in ihrem Schaffen so frei sein, wie sie wollen. Er betont stets, dass dabei nichts beurteilt wird, so können alle ihre Hemmungen abbauen und trauen sich immer mehr. Dies macht nicht nur Spass, sondern stärkt auch das Selbstbewusstsein.
Zu Hause am Thunersee
Patrick Osterholt ist in Spiez am Thunersee aufgewachsen. Doch lange wusste er nicht, wo er zu Hause ist. Sein Vater stammt aus Deutschland und seine Mutter aus Holland. Er ist überall verwurzelt, aber nirgends richtig. Er ging einen langen Weg, bis ihm klar wurde, wo seine Heimat ist. Er lebte unter anderem in Holland und arbeitete später im Tessin. Mitte 30 realisierte er dann, dass er doch am Thunersee zu Hause ist. Dies hält er auch in einem Gemälde fest, mit dem Namen «Der Niesen, mein Anker, meine Heimat».
Heute lebt Patrick Osterholt mit seiner Frau und seiner Tochter am Thunersee. Er betont immer wieder, wie wichtig die Unterstützung seiner Frau für ihn ist. Ohne sie könnte er Kunst, Arbeit und Familie niemals unter einen Hut bringen.
Auch sein Atelier hat Patrick Osterholt in der Thunerseeregion. Früher diente ihm seine Garage als Atelier. Dort blieb zwar kein Platz mehr für das Auto, dafür konnte er bei plötzlichen künstlerischen Eingebungen mitten in der Nacht ins Atelier. Mit dem Umzug nach Uttigen vor sechs Jahren hat er sich ein eigenes Atelier gesucht. Mit dem Bilderkatalog seiner Werke machte er sich auf die Suche und ging von Haus zu Haus. Gar nicht so einfach, wenn alle denken, man wolle ihnen etwas verkaufen. Schliesslich ist er dann doch fündig geworden, und zwar in einer alten Schreinerei. Es ist sehr staubig, doch das passt zu seinen Bildern. Es spielt keine Rolle, wenn ab und zu etwas auf ein Bild fällt. In diesem Atelier kann er malen ohne Hemmungen und muss keine Angst haben, etwas dreckig zu machen.
Ausstellungen hatte Patrick Osterholt mittlerweile schon einige. Einerseits freut er sich jedes Mal, andererseits ist es stets auch eine Herausforderung, denn man muss mit Kritik umgehen können. Besonders spannend ist es für ihn, andere Künstler:innen zu treffen. Das schönste aber ist, wenn eines seiner Bilder jemanden tief berührt.
Patrick Osterholt
3682 Uttigen
Telefon 079 293 60 51
patrick.osterholt@hotmail.com
Während der Bildhauer früher hauptsächlich Vorlagen für seine Plastiken skizzierte, entstanden ab 1987 eigenständige kreative Zeichnungen.