Glaszauber über dem Thunersee
Glaszauber über dem Thunersee
Seit nun 20 Jahren gibt es das Glasatelier Chappatte, seit 10 Jahren ist es hoch über dem Thunersee in Krattigen zu Hause. In der Glashütte kann miterlebt werden, wie sich klumpiges Rohmaterial bald in ein wunderschönes Kunstwerk verwandelt.
Text: Renate Hodel | Fotos: Renate Hodel, zvg
Während der Bildhauer früher hauptsächlich Vorlagen für seine Plastiken skizzierte, entstanden ab 1987 eigenständige kreative Zeichnungen.
Glas besteht aus drei Hauptbestandteilen: Quarzsand, Soda und Kalk. Nach der Vereinigung und Erhitzung auf mehr als 1000 Grad Celsius wird es zu einer dicken honigähnlichen Substanz, die bereit ist, aus dem Ofen gezogen zu werden – der Zauber beginnt.
Aber ganz so einfach ist Magie eben nicht... Zuerst muss die Glasmacherpfeife die richtige Temperatur haben, sonst klebt das dickflüssige Glas nicht daran fest. Die Glasmacherpfeife wird also in der sogenannten «Garage» vorgeheizt und erst danach kann aus dem 1180 Grad heissen Schmelztiegel geschmolzenes Glas gezogen werden. Das Glas wird danach auf dem Glasmacherstuhl bearbeitet: Roger und Julia Chappatte arbeiten immer zu zweit – Julia bläst und Roger formt. Nach 20 bis 30 Sekunden auf der Werkbank ist das Glas bereits zu kalt, um es weiter zu bearbeiten, und es muss in die Aufwärmtrommel. Denn solange mit dem Glas an der Glasmacherpfeife gearbeitet wird, darf die Temperatur des Glases nie unter 560 Grad Celsius fallen, sonst wird es unbrauchbar. Ist ein Kunstwerk einmal fertig, kommt es in den Entspannungsofen und wird dort über zwölf Stunden kontrolliert auf Zimmertemperatur heruntergekühlt.
Im Durchschnitt arbeiten Roger und Julia eine Stunde ununterbrochen an einem ihrer Kunstwerke, bei einem aufwändigeren Stück können es gut und gerne auch an die zwei Stunden sein – Pause machen geht nicht, das zu bearbeitende Glas muss unaufhörlich zwischen der Aufwärmtrommel und der Werkbank hin und her pendeln. Für die filigrane Kunst wird Blut und Wasser geschwitzt: Die Glasmacherpfeife ist nicht gerade leicht und je nach Stück hängen noch fünf bis sechs Kilo Glas vorne dran, dazu kommt die sengende Abhitze der Öfen in der Glashütte. Der Glaszauber ist also körperlich sehr anstrengend und ausserdem teuer, die Stromkosten des Schmelzofens alleine belaufen sich auf 1500 Franken pro Monat. Um das uralte Kunsthandwerk zu erhalten, haben sich Julia und Roger Chappatte etwas einfallen lassen. In ihrem Glasatelier kann man in verschiedenen Kursen das Arbeiten mit Glas entdecken: Es gibt Workshops in Glasfusing und Sandstrahlen oder man kann sich gleich selbst einmal als Glasmacher versuchen. Beim Glasfusing werden spezielle Gläser in verschiedenen Farben und Formen auf eine grössere Glasscheibe, zum Beispiel einen Teller gelegt und in einem Fusingofen verschmolzen. Beim Sandstrahlen wird die Oberfläche des Glases mit Hilfe von Sand und Luftdruck mattiert, dabei können dann mit Hilfe von verschiedenen Materialien Muster auf dem Glas eingebracht werden. Für das ganz besondere Erlebnis sorgt aber die Glasgrotte: In einem alten, wunderschön ausgebauten Stall bewirten Chappattes zwischen Stützbalken aus Holz, Wänden aus Stein, einer Decke aus tausend Spiegeln und im dezenten Licht der Glasunikate von C-Design ihre Gäste bei allen Arten von Anlässen, wie dem gediegenen Firmenessen oder einem fröhlichen Apéro.
Roger und Julia sind nämlich nicht nur im Glasatelier kreativ, sondern auch als Gastgeber. So hat Roger ursprünglich Koch gelernt, bevor ihn die Leidenschaft für das Glasmachen gepackt hat. Nach ein paar Jahren in der Gastronomie hat er sich dann später das schwierige Handwerk autodidaktisch beigebracht. «Im ersten Jahr produziert man eigentlich nur Abfall», erzählt Roger Chappatte. Die Arbeit mit Glas sieht auf den ersten Blick denn auch einfach aus, erfordert aber sehr viel Geschick und Erfahrung; Glas ist unberechenbar und der Lernprozess ist unglaublich lang. Aber gerade dies ist wohl auch Teil der Faszination für die Kunst, aus etwas derart Alltäglichem ein kleines Kunstwerk zu schaffen und dem Widerspenstigen Form zu geben. Ein bisschen Magie mit ganz eigenem Charakter, geprägt durch Farbe und Licht – und jedes Stück ein Unikat.
Nach der Erhitzung wird Glas zu einer dicken honigähnlichen Substanz, die bereit ist, aus dem Ofen gezogen zu werden – der Zauber beginnt.
Kontakt
C-Design Glasatelier Chappatte
Hofacherweg 4a, 3704 Krattigen
Tel. 033 335 30 80
E-Mail info@c-design.ch
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