Fritz Bütikofer – ein Thuner Kunstmaler, Lehrer und Kabarettist
Fritz Bütikofer – ein Thuner Kunstmaler, Lehrer und Kabarettist
Fritz Bütikofer wurde am 27. April 1903 in Thun geboren. Er wuchs im Pächterhaus auf dem unteren Kleist-Inseli in Thun auf. Die kleine, von der Aare umflossene Insel mit altem Baumbestand ermöglichte ein Heranwachsen in prächtiger, stiller Natur. Im Sommer schwebten romantische Weisen vom gegenüberliegenden Kursaal über die Wasserfläche zur Insel hinüber. Das Kurorchester spielte für die noblen ausländischen Gäste auf, die in den Grandhotels Thunerhof und Bellevue logierten.
Text: Hans Suter
Während der Bildhauer früher hauptsächlich Vorlagen für seine Plastiken skizzierte, entstanden ab 1987 eigenständige kreative Zeichnungen.
Fritz Bütikofer besuchte das Progymnasium in Thun. Sein Deutschlehrer Dr. Martin Trepp (Abb. 3) weckte in ihm die Freude an der Literatur und am Lehrerberuf. Von 1919 bis 1923 bildete sich Fritz Bütikofer am Lehrerseminar Hofwil bei Bern zum Primarlehrer aus. Besonders drei Lehrer in Kunstfächern hatten einen grossen Einfluss auf ihn: der Gesanglehrer Hans Klee (der Vater von Paul Klee), der Klavierlehrer Robert Steiner und der Zeichenlehrer Emil Prochaska. Von 1923 bis 1927 war Fritz Bütikofer Lehrer an der Gesamtschule im Weiler Kurzenberg in der Gemeinde Linden bei Oberdiessbach. An der Gesamtschule im Nachbardorf Otterbach unterrichtete Paul Gmünder. Bald entstand eine schöne Freundschaft zwischen den beiden (Abb. 5, Seite 120). Paul Gmünder hatte sich schon das Patent als Zeichenlehrer erworben und eine Ausbildung an der Kunstgewerbeschule Basel genossen. Durch ihn wurde Fritz Bütikofer selbst zum Zeichnen und Malen angeregt, und von ihm erhielt er die technischen Grundkenntnisse. 1926 reisten die beiden Freunde nach Venedig, Florenz und Rom. Von 1927 bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1968 wirkte Fritz Bütikofer als beliebter Lehrer im Aarefeldschulhaus in Thun.
Von 1927 bis 1929 besuchte Fritz Bütikofer Kurse im Aktzeichnen bei Ernst Linck an der Kunstgewerbeschule Bern. 1928 heiratete er Madeleine Zigliano (Abb. 7, Seite 122). Dem Ehepaar wurde eine Tochter, Heidi, geschenkt. Ab 1931 durfte sich der Künstler regelmässig an den Weihnachtsausstellungen in der Kunsthalle Bern beteiligen, ab 1949 ebenfalls an Weihnachtsausstellungen im Thunerhof. Reisen nach Italien, England, Frankreich und in den Balkan erweiterten seinen Gesichtskreis. 1938 beendete der Thuner seine künstlerische Ausbildung an der Académie Colarossi in Paris und in einem dreimonatigen Aufenthalt beim Genfer Maler Adrien Holy in Paris. Beeindruckt war Fritz Bütikofer ferner vom Schaffen von Ferdinand Hodler, Fred Stauffer, Alfred Glaus, Paul Cézanne, Vincent van Gogh, Henri Matisse, Pablo Picasso und Georges Braque. Ab 1939 entstand eine weitere Künstlerfreundschaft mit dem Ehepaar Fred und Ruth Stauffer.
Während des Zweiten Weltkrieges leistete Fritz Bütikofer Militärdienst. 1941 erfolgte die Aufnahme in die Gesellschaft der Schweizer Maler, Bildhauer und Architekten GSMBA. Von da an nahm der Thuner Künstler auch an nationalen Ausstellungen teil. 1949 durfte er sich mit einem Beitrag an der Kantonal-Bernischen Ausstellung KABA in Thun beteiligen. Im gleichen Jahr organisierte er mit seinem Malerkollegen Alfred Glaus und dem Gemeinderat Fritz Lehner die erste Kunstausstellung im Thunerhof. 1950 gründete er mit anderen Thuner Lehrern und Lehrerinnen das Kabarett «Zapfenzieher», in dem er als Leiter bis 1966 aktiv mitwirkte. 1964 und 1969 unternahm Fritz Bütikofer Reisen in die USA. 1966 durfte er einen prämierten Wandbildentwurf im Spital Thun ausführen. Vier Jahre später ermöglichte ihm Emil von Gunten eine Ausstellung in seiner Galerie am Aarequai und 1973 organisierte der damalige Konservator der Kunstsammlung der Stadt Thun, Dr. Paul Leonhard Ganz, im Thunerhof eine Jubiläumsausstellung mit 171 Werken zum 70. Geburtstag des Künstlers.
Fritz Bütikofers letzte Lebensjahre waren umschattet von einer Demenz, die einen Eintritt ins Altersheim Sonnmatt in Thun nötig machte. Der Künstler und ehemalige Lehrer behielt jedoch seine Bescheidenheit und Liebenswürdigkeit, wodurch die Pflege erleichtert wurde. Seine Frau erzählte mir anlässlich eines Besuches im Heim, dass sich ihr Mann jeden Morgen nach dem Frühstück zum Hauseingang begebe, um seinen langjährigen Freund Paul Gmünder in dem dort platzierten, grossen Selbstbildnis zu begrüssen. Fritz Bütikofer starb am 25. Dezember 1991 in Thun.
Fritz Bütikofer schuf vor allem Zeichnungen, Aquarelle, Arbeiten in Tempera, Ölbilder und Lithografien mit figürlichen Szenen aus dem Alltag, aus der Schule, aus dem Militärdienst, mit Bauern und Sportlern sowie Hafenansichten und Landschaften von seinen Reisen im Ausland (Abb. 6, Seite 121). Ab 1950 entstanden eigenständige Kompositionen mit geometrischen Formen, oft eingebunden in einem linearen Netzwerk, zum Teil auch mit figürlichen Darstellungen (Abb. 8, 10, Seite 122). Im Laufe weniger Jahre nahm bei Fritz Bütikofer die Tendenz zur abstrahierten Wiedergabe zu. Sie führte schliesslich sogar zu rein abstrakten rhythmischen Kompositionen.
An der Jubiläumsausstellung im Jahre 1973 kauften meine Frau und ich das Ölgemälde «In der Schulstube» von 1946 (Abb. 9). Ich hängte es in eines der zwei Sprechzimmer meiner Praxis. Ein Patient, der mich wegen eines Hautleidens mehrmals aufsuchen musste, wünschte von meiner Praxisassistentin stets in das gleiche Sprechzimmer geführt zu werden. Sie teilte mir dies mit, worauf ich den Patienten nach dem Grund seines Wunsches befragte. Er wandte sich um, zeigte auf einen der Schüler im Bild und sagte: «Dä da unge rächts mit em rote Pulli bi drum ig!» Der Patient berichtete mir, er erinnere sich, dass sein Lehrer einmal die Klasse auf einem Blatt Papier skizziert habe. Offensichtlich diente die Skizze dem Maler als Vorlage für das Ölbild. Eines Tages rief mich die Ehefrau des Patienten an und sagte, ihr Mann feiere bald einen runden Geburtstag. Sie möchte ihm das Bild gerne schenken. Ich entgegnete, dass meine Frau und ich keine Bilder aus unserer Sammlung verkaufen. Doch beschlossen wir dann, ausnahmsweise dem Wunsch zu entsprechen. Die Freude des Patienten war gross, als er das Gemälde von seiner Frau als Überraschung zum Geburtstag geschenkt erhielt.