Man hat uns Chauffeure um Rat gefragt

Man hat uns Chauffeure um Rat gefragt

Man hat uns Chauffeure um Rat gefragt

Allergische Reaktionen treten immer häufiger auf. Erkennung der Ursachen, Entlastung des Körpers und Harmonisierung der Stoffwechselvorgänge sind wichtig für eine nachhaltige Besserung. Die Natur bietet uns dazu wirksame Heilpflanzen und weitere alternative Methoden an.

Text: Peter Brechbühl  |  Fotos: zvg

Otto Welten, am 19. April 1935 geboren, ist in Schönried aufgewachsen, wo seine Eltern «buuret hei». Nach Ende der Schulzeit – neun Jahre mit 39 anderen Kindern im gleichen Primarschulzimmer in Schönried, weil die Eltern nicht das Geld hatten, um die Bahn nach Gstaad zu bezahlen, damit Otto in die Sek hätte gehen können – verbringt er zehn Monate bei der Bauernfamilie Bolay in Ey- sins-sur-Nyon, pour apprendre le français. Weil der Hof etwas ausserhalb des Dorfes liegt, zusammen mit vier anderen Höfen, nennt sich dieser Weiler Petit-Eysins-sur-Nyon…


60000 Tomatenbüchsendeckel täglich

Nach seinem Welschlandaufenthalt kehrt er zurück nach Schönried, würde gerne eine Ausbildung zum Automechaniker in Angriff nehmen. «Weil die beiden Garagen in der Nähe von Schönried, die auch Lernende ausbildeten, aber bereits einen Stift hatten, wäre einzig Thun als Lehrort in Frage gekommen.» Das sei aber finanziell für seine Eltern nicht tragbar gewesen, weshalb Otto Welten 1955 ohne Ausbildung dennoch nach Thun zügelte, weil ein Bekannter meinte, er – Otto Welten – könne ihm auf dem Bau helfen. Sehr schnell hatte Otto Welten jedoch vom Häb-mer-suech-mer-gib-mer-reck-mer genug, weshalb er nach einer anderen Arbeit suchte, die er bei Hoffmann Thun an der Stanzmaschine findet. In Erinnerung bleiben ihm aus dieser Zeit zwei Besonderheiten, nämlich die 60000 Büchsendeckel für Tomatenkonserven täglich. Und das laute «Tack! Tack! Tack!» der Stanzmaschine, ohne dass man(n) damals Gehörschutz montiert hätte.

Nach einem Jahr des Büchsendeckelstanzens wechselt Otto Welten für fünf Jahre in die Munitionsfabrik Thun, wo er am Fliessband für Patronenbestandteile mitverantwortlich ist. «Es isch die längwyligschti Büetz i mym Läbe gsi, aber nid schlächt zahlt», sagt er schmunzelnd. Es folgen acht Jahre als Lastwagenfahrer bei Feldschlössli und beim Thuner Depot der Gurtenbrauerei, anschliessend wechselt er zur Baufirma Messerli in Steffisberg – wo seine Eltern zum Schluss wohnen – und danach zu Frutiger, wo er den Kehrichtwagen pilotiert. Sesshaft wird Otto Welten – im wahrsten Sinne des Wortes – 1973 bei den Städtischen Autobus Betrieben, wo er als Chauffeur bis zu seiner frühzeitigen Pensionierung 1995 mit 60 Jahren kreuz und quer rund um Thun herum fährt, vor allem Gwatt-Neufeld, Allmendingen-Lerchenfeld und Schoren-Friedhof. «Ig ha dört meh als jede usglernte Outomech verdient …»

Bild oben: Schönried damals: Das Bauernhaus, wo Otto Welten aufgewachsen ist, ist jenes mit der dunklen Fassade links vom bergwärts führenden Weg auf der linken Seite des Bildes. 

Bild oben: Otto Welten auf Ski – «einen Authier Vampire aus Holz, in Bière hergestellt». 

Otto Welten gefällt es in der Sonnmatt, ist in Sachen Aktualität immer à jour

In die Evaluation einbezogen

Und aus dieser Zeit bei «der Stadt» hat Otto Welten Bemerkenswertes zu erzählen. In der Tat: Es kam der Tag in den 80er-Jahren, da beschliesst man, eigene Busse zu kaufen, sie nicht mehr bloss zu mieten. Für die Evaluation zieht man auch Chauffeure bei, legt Wert auf ihre Meinung. Die Fahrer erkundigen sich deshalb in der ganzen Schweiz bei Berufskollegen nach deren Erfahrungen, welche Busse für Thun deren Meinung nach ideal seien. Zum Schluss blieben zwei Hersteller übrig, einer davon bittet um den Auftrag, um viele Arbeitsplätze zu schaffen, was aber – bei genauerem Hinsehen – nicht ganz den Tatsachen entspricht, sodass die Chauffeure Volvo empfehlen, deren Karosserien erst noch von Ramseier & Jenzer hergestellt wurden. Die Anschaffung der Volvo-Busse erweist sich als Volltreffer, in jeder Beziehung. Otto Welten heiratet 1959 Kläri Berger aus Amsoldingen, die Jüngste von 12 Geschwistern. Um ihre Gesundheit ist es nicht zum Besten bestellt, sodass die Ehe kinderlos bleibt. 1995 stirbt Otto Weltens Frau. Sechs Jahre später lernt er am 300-Meter-Schiessen Helen DeLuca kennen, die seine Partnerin bis zu ihrem Tod 2017 bleibt, wobei die beiden in eigenen Wohnungen leben, sie in Steffisburg, er an der Pestalozzistrasse in Thun. Geheiratet haben sie auch nicht, «aber es war auch eine schöne Zeit mit Helen», fasst er zusammen.


Ein verhinderter Skilehrer 

Die Pestalozzistrasse ist dann auch der letzte Wohnsitz des gebürtigen Oberländers, bevor er am 21. Mai 2019 in die Sonnmatt zieht, ziehen muss, nach einem Sturz zu Hause, weil seine Oberschenkel nicht mehr so kräftig sind, wie sie noch sein sollten. Es ist unglaublich, mit welchem Humor er, der er einen Rollator oder den Rollstuhl benötigt, seine Einschränkung weglächelt: «Wissen Sie, im Bus musste ich bloss die Pedale bedienen, die Füsse wurden dadurch trainiert, die Oberschenkel nicht.» Mit seinen 86 Altersjahren ist Otto Welten in beneidenswerter geistiger Verfassung. Er schränkt subito ein: «Ich vergesse viele Namen, das war früher nicht so.» Dennoch: Wir unterhalten uns über Gott und die Welt, vor allem über den Bereich Ski, weil der Schreibende in den 70er-Jahren im Skirennsport involviert war und ebenfalls einiges zu berichten hat. Otto Welten hätte nämlich nicht bloss gerne eine Lehre zum Automechaniker gemacht. «Skilehrer, das wäre es gewesen», sagt er, «Skifahren konnte ich nämlich cheibegut», und das mit Authier-Holzski, Modell Vampire, 215 Zentimeter lang ... Aber auch das bleibt ein unerfüllter Wunsch. Und was wünscht er sich für die nächste Jahre? «Eine gute Zeit, so wie ich sie im Moment erlebe.»


Eine gute Zeit, obwohl er sich letzten November mit Covid-19 angesteckt hat? Er schmunzelt (ja, liebe Lesende, Sie haben richtig gelesen!), «weil ich überhaupt keine Symptome hatte, nur durch Zufall hat man es bemerkt, beim täglichen Fiebermessen, sie nehmen es hier sehr genau.» Das führt in der Sonnmatt dazu, dass die Leute sich vorübergehend isolieren und in Quarantäne bleiben müssen. Nicht nur für sie, sondern auch für das Pflegepersonal eine grosse Herausforderung, können die Mahlzeiten vorübergehend nämlich nicht mehr in öffentlichen Räumen, sondern nur noch privat in den Wohnungen eingenommen werden. Zum Schluss unseres Gespräches fällt mir auf, dass die Wände in seiner Wohnung weiss sind, ohne auch nur ein aufgehängtes Foto. Weshalb denn das, hat er keine, die sich aufzuhängen lohnen würden? «Doch, eigentlich schon, aber ich habe mich nicht zu fragen gewagt, ob mir jemand helfen würde. Zudem: Wer weiss, wie lange ich noch leben werde, ob es sich überhaupt lohnt?» Aber, aber, Herr Welten … Dem kann doch abgeholfen werden, nicht wahr, Martina Schenk, als Leiterin Aktivierung in der Sonnmatt?