Naturapotheke – Heilkraft der Alpen
Naturapotheke – Heilkraft der Alpen
Lassen wir die Bergwelt mit ihrer einmaligen Schönheit, die spezielle Alpenflora und auch ihre Tierwelt auf uns einwirken. Das Erleben der Natur schenkt uns Energie, Zufriedenheit und neuen Lebensmut!
Text: Peter Brechbühl | Fotos: Christine Hunkeler, Simone Bürkle
Sagenumwoben sind zahlreiche unserer einheimischen Alpenpflanzen: So wurden der Mondraute (Botrychium lunaria) als «Widritat» übersinnliche Kräfte gegen das Böse zugeschrieben und unter den Türschwellen alter Alphütten findet sich oftmals die Wurzel des Allermannsharnisches (Allium victorialis) vergraben, zum Fernhalten von Krankheiten und Unglück. Auch heute noch vermeidet der Alpkäser frischen Seidelbast (Daphne mezereum) oder blühendes Männertreu (Nigritella nigra) in seiner Alpkäserei, da diese dem entstehenden Käse schaden könnten.
Woher kommen die energetischen Wirkungen unserer Alpenpflanzen? Es ist wie bei den Alpensagen; spürbar nahe fühlen wir in der Bergwelt die Präsenz vieler Kräfte – und doch sind sie nicht greifbar. Die Mystik lässt viel Raum offen für Vorstellungen und gefühlsmässiges Erspüren. In den folgenden Zeilen wollen wir den Besonderheiten unserer Alpenflora mit erklärbaren Zusammenhängen und tatsächlichen Gegebenheiten nachgehen.
Besonderheiten unserer Alpenflora
Als «überlebendes Fossil» aus diesen Zeiten hat der Silberwurz (Dryas octopetala) geologische Epochen überstanden und erfüllt auch heute noch eine wichtige Funktion als Humusbildner im Gebirge. Während sich die Paradieslilie (Lilium pilastrum), die Soldanelle (Soldanella alpina) und der Alpendost (Adenostyles alpinum) im europäischen Gebirge entwickelt haben, sind andere Alpenpflanzen teilweise von weit her eingewandert. So ist das Edelweiss (Leontopodium alpinum) ein Einwanderer aus der sibirischen Steppe. Arnika (Arnica montana) und Bärentraube (Arctostaphylos uva-ursi) stammen aus Nordamerika und Narzissen, Krokusse sowie auch die Glockenblumen sind Einwanderer aus Südeuropa und Nordafrika.
Lebens- und Überlebenskünstler unserer Alpen
Das Leben der Alpenpflanzen ist geprägt durch lange, schneereiche Winter und nur kurze Vegetationsperioden. Oftmals müssen wenige Wochen ausreichen für Wachstum, Blühen und Befruchtung der Pflanzen. Daher sind einige Alpenpflanzen «Frühaufsteher», wie die Soldanelle, Pelzanemone und Krokusse, welche oft noch im Schnee stehend schon aufblühen. Durch winterliche Aktivitäten verlängern einige Alpenpflanzen ihre Vegetationszeit. Mit eigenem «Frostschutz» aus Zucker und Salzen ermöglichen sich Alpenpflanzen ein langsames Wachstum auch an klaren Wintertagen. Durch winterliche Aktivitäten bereiten sich viele Alpenpflanzen auf die nächste Vegetationsperiode vor und harren dem Weckruf im Frühling – sie tragen die fixfertige Erinnerung längst vergangener Erdzeiten in sich. Wir sehen: Der Winterschlaf unserer Alpenpflanzen ist nicht so tief, wie oft angenommen.
Extreme Temperaturunterschiede, Nässe und Trockenheit, starke Winde und Hagel oder Schneeschauer auch im Sommer sind weitere lebenserschwerende Faktoren, die durch die Alpenpflanzen überwunden werden müssen. Die starke Sonneneinstrahlung in der Höhe führt zu hoher UV-Strahlung, der die Alpenpflanzen ausgesetzt sind. Die Antwort der Pflanze darauf ist eine auffallend starke Farbpigmentierung ihrer Blüten, die zu intensiven Farben führt.
Gut zu wissen
Heilwirkungen unserer Alpenpflanzen
Augentrost
(Euphrasia rostkoviana) hilft bei müden, überarbeiteten Augen, Trockenheit und Reizungen.
(Arnica montana) ist die grosse Wundheilerin, aber Vorsicht: Da sie stark wirksam ist, empfiehlt sich ihre Anwendung in homöopathischer Form.
(Arctostaphylos uva-ursi) wirkt desinfizierend auf die Harnwege bei Infekten.
(Pimpinella saxifraga) bewährt sich als Mittel bei Heiserkeit und Husten.
(Gentana lutea) ist ein beliebtes Bittermittel bei Völlegefühl und Appetitlosigkeit.
(Aconitum napellus), eine unserer giftigsten Pflanzen, wird in der Homöopathie bei hohem Fieber und akuter Erkältung angewendet.
(Solidago virgaurea) wirkt mild wassertreibend und krampflösend auf die Harnwege.
(Lichen Islandicus) lindert bei trockenem Hustenreiz und schützt die Schleimhäute.
(Carum carvi) gilt als bestes Mittel gegen Blähungen.
(Thymus serphyllum) wirkt schleimlösend und desinfizierend bei Bronchialkatarrh.
(Potentilla erecta) hilft gegen Durchfall.
(Alchemilla alpina) ist ein altbewährtes Frauenheilmittel.
(Juniperus communis) hilft gegen Blähungen, ist wassertreibend und regt äusserlich die Hautdurchblutung an.
Buchtipp
Die Gestalt als Schlüssel zur Heilkraft der Pflanzen
Autor: Roger Kalbermatten
160 Seiten,19.5 cm x 26.5, gebunden
ISBN: 978-3-85502-744-6
CHF 39,90