Schönheit und Genuss aus meinem Garten

Schönheit und Genuss aus meinem Garten

Schönheit und Genuss aus meinem Garten

Text & Fotos: Andrea Troxler

Wie komme ich dazu, einen Artikel über meinen Garten zu schreiben? 

Ein Garten wie tausende andere Gärten auch; sicher wilder und in manchen Augen unerhört ungepflegt, mit einem Zaun ums Grundstück; nicht damit niemand reinkommt, sondern eher, damit niemand rausgeht; zumindest nicht unser Entenpärchen, unsere Hühner und unsere Kaninchen. Ein Garten mit einem Kirschbaum und einer Linde, vielen einheimischen Sträuchern, einigen Exoten und Neophyten, einem traditionellen Gemüsegarten, ein paar Beerensträuchern, einer Kräuterspirale, einer Menge Sitzplätze und natürlich einem «unkraut-überwucherten» Fussballrasen. Das alles haben hunderttausende anderer Leute auch, aber etwas macht genau diesen Garten so speziell: es ist mein Garten!

Mein Garten, der mir schon so viel Freude bereitet hat, aber auch Kopfzerbrechen, unzählige schlaflose Nächte, der mir Glücksgefühle und Seelenfrieden schenkt, aber mich gleichzeitig zur Weissglut treiben kann und mich verzweifeln lässt; der immer da ist, ob es mir gut geht oder nicht, der mich aufnimmt in seinem Schoss, der mein Lachen ebenso kennt wie mein Weinen, der mir schon so viele unzählige, mühselige Arbeitsstunden und schmerzende Knie beschert hat (vom Rücken will ich gar nicht sprechen), mir aber gleichzeitig ebenso viele unvergessliche, schöne Augenblicke mit meiner Familie, unseren Kindern ermöglicht hat, der es uns erlaubt, gemütliche Stunden mit Freunden zu verbringen, der uns täglich Neues entdecken lässt, der Gastgeber für so viele Insekten, Schmetterlinge, Raupen, Vögel, Käfer, manchmal Marder und Igel ist, unserem Entenpaar, unseren Hühnern und unseren Kaninchen ein Zuhause bietet und der meine Launen und Ideen stoisch erträgt, sich manchmal wehrt und mich aushält. 

Mein Garten, der sich in den Jahren ständig weiterentwickelt hat, so wie ich mich hoffentlich auch. Positiv beeinflusst wurden wir beide durch meine Teilnahme an der Kräuterakademie im Inforama Hondrich, wo ich meinen Lehrgang nach einem Jahr im 2011 abschloss. Ein Jahr mit diversen interessanten Modulen: Das Kochen mit Wildkräutern stand ebenso auf dem Stundenplan wie das Färben mit Pflanzen oder die Herstellung von Salben und Cremen. Dadurch taten sich mir und meinem Garten plötzlich völlig neue Perspektiven auf. Ich verwende seither «Unkräuter», die ich bis anhin genervt ausgerissen habe, zum Kochen und mache aus vielen Kräutern Salben und Cremen. Das «Säubele» hat sich zu einer heimlichen Liebe entwickelt, das Rühren und Zusammenmischen, die zarten Düfte und schlussendlich das fertige Resultat, eine natürliche Salbe oder Creme, in den Händen zu halten, macht mich einfach nur glücklich.

Seit drei Jahren biete ich deshalb im Niedersimmentaler Ferien(s)pass Kurse für Kinder ab der 2. bis 9. Klasse an und freue mich immer sehr über das Interesse all der «Kräuterwichtel», die bei mir ihre Salben machen und diese dann voller Stolz mit nach Hause nehmen. Vor zwei Jahren habe ich beschlossen, meiner Leidenschaft einen Namen zu geben: «Kräuterlei – allerlei zum Thema». Mit einem Eintrag ins Handelsregister wurde mein «Einfraubetrieb» öffentlich und seit diesem Frühling biete ich auch Salbenkurse für Erwachsene in meinem Atelier an. Es liegt mir sehr am Herzen, den Teilnehmenden zu zeigen, dass die Herstellung von eigenen Salben und Cremen mit natürlichen Rohstoffen nicht kompliziert ist und dazu noch sehr viel Freude und Befriedigung bereitet. Natürlich profitiere ich auch von der Natur unserer unglaublich schönen Umgebung rund um den Thunersee. Auf einer Wanderung oder einer Biketour habe ich immer einige Papiertüten (nie Plastiksäcke) dabei, damit ich gerüstet bin, sollte mein Auge auf ein besonders schönes Pflanzenexemplar fallen, das ich entweder in der Küche oder in einem Ölauszug weiterverwenden kann. 

Einige wichtige Tipps zum Sammeln in der Natur 

Ich sammle nur Pflanzen, die ich sicher kenne, die nicht geschützt sind, die jung und sauber sind, da ältere Pflanzen oft weniger Wirkstoffe und nicht mehr die ganze Lebenskraft beinhalten, die abseits von viel befahrenen Strassen oder Bahnlinien wachsen, die auf nicht gedüngten und gespritzten Wiesen wachsen, die nicht giftig sind, die reichlich vorhanden sind (ich lasse stets einen Teil davon stehen, damit sich die Pflanzen wieder vermehren können), die ich so rasch als möglich verarbeiten kann (optimal am selben Tag). Zudem muss das Sammelgut trocken sein. Der beste Zeitpunkt zum Sammeln ist die Zeit zwischen Vormittag und Mittag, da die Kräuter zu dieser Zeit die meisten Wirkstoffe entfalten. (Auszug aus den Unterlagen der Kräuterakademie 07/09.)

Die rasche Verarbeitung der Pflanzen ist unumgänglich, da sie sonst viel von ihrer Vitalkraft verlieren. Je nach Bedarf trockne ich die Pflanzenteile auf Sieben oder in kopfüber aufgehängten Büscheln an einem schattigen, trockenen Platz. Für einen Kaltölauszug wähle ich meistens ein gutes Raps- oder Olivenöl. Natürlich kann es auch ein anderes gutes, kaltgepresstes Öl sein. Ein genügend grosses «Konfiglas» fülle ich locker mit den gesammelten Pflanzenteilen, wobei ich diese entweder von Hand noch zerkleinere oder mit einem Mörser die Pflanzen im Glas «anstosse». Dann wird mit dem Öl aufgefüllt, das Glas angeschrieben mit Datum, Inhalt der Pflanze und Öl und lasse es danach für gute vier Wochen auf dem Fenstersims draussen an der Sonne stehen. Jeden Tag schüttle ich die Gläser kurz durch, damit sich die wertvollen Inhaltsstoffe der Pflanzen besser mit dem Öl vermischen können. Danach werden die Pflanzen abgesiebt, das Öl gefiltert und zum Schluss in saubere Flaschen abgefüllt. Auch da eine klare Beschriftung inkl. Datum nicht vergessen. Am besten halten sich die Öle in einem dunklen, kühlen Raum.

Salbe zum Selbermachen:

Zutaten: Pfanne, Küchenwaage, Konfitürenglas, Teigschaber, Rührstab (nicht Metall), Alkohol zum Desinfizieren, leeres Töpfli, 50ml Pflanzenölauszug, 8g Bienen- wachs (dient als Konsistenzgeber).

Zubereitung: Zuerst werden alle Gerätschaften, die mit den Inhaltsstoffen in Berührung kommen, mit Alkohol desinfiziert. Anschliessend das Bienenwachs ins Glas geben und im Wasserbad schmelzen, dann den Ölauszug beifügen. Rühren, bis eine klare Fettschmelze entstanden ist. Danach nimmt man das Glas aus dem Wasser und rührt weiter, bis die Salbe nur noch handwarm ist. Evtl. noch 3 bis 4 Tropfen reines ätherisches Öl beifügen, in saubere Töpfli abfüllen, beschriften.

Mögliche Pflanzen für einen Pflanzenölauszug: 

Ringelblumen (Calendula officinalis): vielseitig einsetzbares Mittel für die Haut; sollte in keiner Hausapotheke fehlen. 

Zitronenmelisse (Melissa officinalis): bei beginnenden juckenden Fieberbläschen mehrmals täglich auf die Lippe auftragen. 

Stinkender Storchschnabel (Geranium robertianum): ebenso wie die Ringelblume einsetzbar; mein heimlicher Favorit.