Die schönsten Ausflüge zu Alp- und Bergseen

Die schönsten Ausflüge zu Alp- und Bergseen

Die schönsten Ausflüge zu Alp- und Bergseen

Die Tage werden länger, die Blumen erblühen in allen Farben, die Bäume tragen wieder ihre grüne Pracht und die warmen Temperaturen locken nach draussen. Zeit, die schönsten Bergseen im Berner Oberland zu entdecken. 

Text: Franz auf der Maur, Iris Lengyel  |  Fotos: Martin Abegglen, Ed Coyle, Zacharie Grossen,
Kandersteg Tourismus/Robert Bösch, Tony Lewis, Markus Stöcklin, Annette Weber, zvg

Eine Wanderung in die Berge bietet eine gute Mischung aus Bewegung und Entspannung. Und so eindrücklich die Kulisse der Berglandschaft ist, so wunderschön sind auch die Bergseen, die es zu entdecken gibt. Von Schmelzwassertümpeln inmitten von Fels und Geröll über Staubecken zur Elektrizitätsgewinnung bis zu bezaubernden Gebirgsseen. Je nach Jahreszeit, Witterung und Tageszeit präsentieren sich die Seen in stets neuen Farbtönen – vom sanften Grünblau zu mattem Grau bei bedecktem Himmel, im Purpurgold des Abendrots oder im Silberschein des Vollmonds und tagsüber, wenn sich die grünen Alpwiesen und die schroffen Felsen oder der wolkenlose Himmel in den Seen spiegeln, nehmen diese die grünen, grauen und blauen Farbtöne an.

Im folgenden Beitrag stellen wir Ihnen die schönsten Wanderungen zu Bergseen des Berner Oberlands vor: Die Wege führen vom Blausee zum Oeschinensee, der Saane entlang zum Lauenensee und zu drei unterschiedlichen Seen ob Grindelwald – lassen Sie sich von den wunderschönen Landschaften verzaubern!

Drei unterschiedliche Seen ob Grindelwald

Schneegipfel spiegeln sich im Bachsee

Der Bachsee ob Grindelwald im Berner Oberland ist bekannt als Aussichtspunkt mit grossartigem Gebirgspanorama. Wenn kein Windhauch das Wasser bewegt, was freilich recht selten vorkommt, spiegeln sich hier das Schreckhorn und die ihm benachbarten Schneegipfel jenseits von Grindelwald. Schon bei der halbstündigen Fahrt von Grindelwald mit der Gondel hinauf zur First bei 2167 m ü. M., wobei die Bahn 1100 Höhenmeter bewältigt, wachsen die vergletscherten Viertausender im Süden langsam aus der Landschaftskulisse empor. Nach dem anschliessenden ge­mächlichen Aufstieg zum Bachsee, frü­her auch Bachalp­see genannt, zeigt sich dann westlich des Schreckhorns das Dreigestirn Eiger, Mönch und Jungfrau in voller Pracht. Die Ufer sind von Trampelpfaden durchzogen, denn das langsam verlandende Gewässer hoch über der Baumgrenze bei 2265 m ü. M. ist leicht zu erreichen und daher ein häufig gewähltes Touristenziel.

In Luftlinie nur zehn Kilometer entfernt, steigt bei klarem Wetter fast zum Greifen nah die Eigernordwand wuchtig in die Höhe. Verständlicherweise bleibt sie den Kletterern vorbehalten, während sich auf unserer Seite des Talkessels von Grindelwald schöne Bergwanderungen anbieten. 

Hagelseewli: Studienobjekt für Klimaforscher

Unsere an sich problemlose, doch konditionell trotzdem anspruchsvolle Tour berührt nach dem Bachsee noch zwei weitere kleine Seen, die im Gegensatz zu diesem nur selten besucht werden. Unterwegs gibt es keine Verpflegungsmöglichkeit, es sei denn, wir planen die Tour zweitägig mit Übernachten im Hotel Faulhorn (Tel. 033 853 10 28, www.berghotel-faulhorn.ch).

Die Route vom Bachsee hinauf zum Hagelseewli führt über ein kleines, namenloses Pässchen und dann in den Felskessel, in dem das bei Klimaforschern bekannte Gewässer liegt. Hier an der Vegetationsgrenze, wo menschliche Einflüsse die Natur kaum stören, sind in den Ablagerungen auf dem Seegrund Hinweise auf die Klimaveränderungen der letzten Jahrhunderte zu finden. Je nachdem, ob das 300 Meter lange, 100 Meter breite und bis zu 18 Meter tiefe Seelein eisfrei ist oder nicht, setzen sich verschieden gefärbte Schichten ab. Gegenwärtig ist das Hagelseewli im Durchschnitt etwa drei Monate im Jahr eisfrei. Noch vor 300 Jahren aber kam es, wie Untersuchungen an Ablagerungen zeigen, häufig vor, dass der Bergsee auch im Sommer zugefroren blieb – ein Hinweis darauf, dass die Temperaturen seither deutlich gestiegen sind.

Häxeseeli: Treffpunkt der Hexen?

Obwohl das Hagelseewli auf 2339 m ü. M. keine hundert Meter höher liegt als der benachbarte Bachsee, ist die Landschaft hier viel urtümlicher und rauer. Wenn Wolken aufziehen und durch den öden Kessel jagen, was nach Angaben der Klimabeobachter innert Minutenfrist geschehen kann, nimmt die Umgebung ein unheimliches Aussehen an, das bei aller Trostlosigkeit bleibende Eindrücke hinterlässt. Unter solchen Bedingungen sollte man dann besser auf den Abstecher zum Häxeseeli, das eine halbe Stunde weiter oben am Fuss des 2927 Meter hohen Schwarzhorns liegt, verzichten. Dieser dritte Bergsee liegt bei 2464 m ü. M. und ist jeweils noch länger von einer Eisschicht bedeckt als das Hagelseewli. Kein Wunder, verleitete die Szenerie zwischen Wänden aus bröckligem Kalkschiefer die Einheimischen zur Annahme, hier oben würden sich die Hexen zu wildem Treiben treffen. Selbst bei sonnigem Wetter erscheint uns Wanderern die Gegend irgendwie unheimlich, und da noch etliche Wegstunden vor uns liegen, spricht nichts gegen eine rasche Rückkehr zum Hagelseewli, wo der Abstieg gegen Norden zur Axalp beginnt.

Übernachten auf dem Faulhorn

Wer sich vom Bachsee, statt zum Hagelseewli aufzusteigen, weiter gegen Wes­ten wendet, um die Nacht im Hotel Faulhorn zu verbringen, braucht sich keineswegs Bequemlichkeit vorwerfen zu lassen. Erstens muss diese Variante mit einem zusätzlichen Aufstieg über 400 Meter (und entsprechendem Abstieg am folgenden Morgen) erkauft werden, und zweitens hat der Aussichtsberg ohne Bahnanschluss seinen Namen nicht wegen fauler Touristen bekommen, sondern weil er aus brüchigem – eben «faulem» – Gestein besteht.

Auf diesem 2680 Meter hohen Gipfel zwischen Grindelwald und Brienzersee steht bereits seit 1830 ein Hotel, das also zu den Pionierstätten des Schweizer Fremdenverkehrs zählt. Gaststube und Zimmer strahlen den Charme einer versunkenen Epoche aus, und auch der ausgestopfte Adler erinnert an vergangene Zeiten, als diese Greifvögel noch gnadenlos gejagt wurden. Längst haben die inzwischen geschützten Adler sich ihr Revier im Berner Oberland zurück­erobert und kreisen nun im Aufwind über sonnenwarmen Schieferhalden, nach Murmeltieren Ausschau haltend, oft stundenlang am Faulhorn.

Tiefblicke zum Brienzersee

Der Abstieg vom Hagelseewli zur Axalp wird immer wieder durch Tiefblicke zum flaschengrünen Brienzersee bereichert. Er führt durch unterschiedliche Gesteinsformationen und Vegetationszonen: Einmal besteht der Untergrund aus dunklerem, dann wieder aus hellerem Schiefer, durchzogen von Kalkbändern, während die Pflanzenwelt von Stufe zu Stufe üppiger gedeiht. Auf die winzigen Pioniere der Felsregion folgt die reiche Flora der Alpweiden über dem Bergwald, der die Axalp so schön umrahmt.

Adler kreisen, nach Murmeltieren Ausschau haltend, oft stundenlang am Faulhorn.

Infos Bachsee, Hagelseewli & Häxeseeli

Route: Gondelbahn-Bergstation First–Chämmlisegg–Bachsee–Hagelseewli– Abstecher Hiendertelli–Häxeseeli–Hagelseewli–Schilten–Oberberg–Tschingelfeld–Mittlistein–Lütschentälti–Chüemad–Axalp.

Anreise: Mit der BLS von Bern oder mit der Zentralbahn von Luzern nach Inter- laken Ost. Von dort mit der Berner-Oberland-Bahn BOB nach ­Grindelwald und mit der Gondelbahn zur Bergstation First.

Rückreise: Von der Axalp mit dem Bus nach Brienz und von dort mit der Zentralbahn nach Interlaken Ost oder Luzern.

Wanderzeit: 5 – 6 Stunden mit 300 Meter Steigung und 950 Meter Gefälle.

Variante: Tour zweitägig planen mit Übernachtung im Berghotel auf dem Faulhorn (2680 m ü. M.), vom Hagelseewli in 1½ Stunden zu erreichen.

Karten: Landeskarte der Schweiz 1:25 000, Blätter 1209 Brienz und 1229 Grindelwald.

Gaststätten: First, Axalp (mit Über- nachtungsmöglichkeit).

Beste Jahreszeit: Hochsommer und Frühherbst.

Internetlinks: www.jungfrau.ch, www.grindelwald.ch


Vom Blausee zum Oeschinensee

Die Farbe der Bergseen

Wer schon mehrmals den gleichen Bergsee besucht hat, wundert sich vielleicht über seine wechselnde Farbe. Je nach Jahreszeit, Witterung und Tageszeit nämlich kann die Wasseroberfläche ein anderes Gesicht zeigen – vom sanften Grünblau zum matten Grau bei bedecktem Himmel, vom purpurgoldenen Widerschein des Abendrots bis zur silb­rigen Bahn des aufgehenden Vollmondes. Mitverantwortlich für die Farbe ist auch der Anteil an Trübstoffen im Wasser. Wo Gletscherbäche fein zerriebenes Gesteinsmehl heranführen, erscheint das Wasser zuweilen als weissliche «Gletschermilch»; Moorseen im Vegetationsbereich hingegen wirken bräunlich bis fast schwarz. Am häufigsten sind jedoch graue, grüne und blaue Farbtöne, wenn sich Felsen, Alp­weiden oder der wolkenlose Himmel im See spiegeln. Durch seine zumeist intensiv blaue Färbung in idyllischer Bergwelt ist der Blausee zwischen Frutigen und Kandersteg im Berner Oberland zur Publikums­attraktion geworden. Das unruhige Relief rund um das knapp zehn Meter tiefe Gewässer weist auf seine Entstehung durch eine Naturkatastrophe hin. Vor 15 000 Jahren nämlich hat ein Bergsturz von den Fisistöcken südlich über Kandersteg an dieser Stelle das Kandertal erreicht und eine Sperre aus Gesteinsblöcken errichtet. Später wuchs Wald zwischen den lockeren Felsmassen, der von den Bauern stehen gelassen wurde, weil sich das ruppige Gelände nicht für die Viehzucht eignete. So entstand ein bereits seit 1878 touristisch genutzter Naturpark. Der Eintritt zum Blausee und die Ruderbootfahrt lohnen sich. Während der «Gondoliere» mit ruhigen Schlägen seine Runde zieht, kann man am Seegrund die von Kieselalgen überzogenen und daher geisterhaft hell erscheinenden Baumskelette betrachten, um die dunkle Forellen herumschwimmen.

Spuren der Zeit

Der Anstieg vom Blausee zum Oeschinensee führt durch dichten Bergwald, der zum Teil arg unter dem Orkan «Lothar» von Ende Dezember 1999 gelitten hat. Inzwischen sind die Wunden in der Vegetation vernarbt, doch noch lange wird deutlich zu erkennen sein, wo der Wind mit Urgewalt eingefahren ist: Anstelle des stattlichen Waldes wachsen auf dem kargen Kalkboden Büsche und junge Bäume. Es wird Jahrzehnte dauern, bis sich hier keine Spuren des Orkans mehr feststellen lassen. Auch andere Veränderungen – diesmal durch den Menschen verursacht – weiss der Zahn der Zeit zu heilen. Im Talboden der Kander bei Mitholz befand sich der Eingang des Fensterstollens zum 2007 eröffneten Lötschberg-Basistunnel. Hier gelangten die Bohrmaschinen zum Vortrieb des Eisenbahntunnels in die Tiefe und die ausgebrochenen Gesteinsmassen wieder ans Tageslicht. Von dieser Schlüsselstelle der 35 Kilometer langen unterirdischen Alpenquerung ist heute im Gelände kaum mehr etwas auszumachen. In Ergänzung zur neuen Direktverbindung verkehren auf der alten BLS- Bergstrecke weiterhin Regionalexpresszüge von Bern nach Brig mit Halt unter anderem in Spiez, Frutigen, Kandersteg und auf der Lötschberg-Südrampe im Wallis. Dabei erweist sich die Nordrampe zwi­schen Blausee-Mitholz und Kandersteg mit ihren Kehrtunneln, um Höhe zu ge­winnen, als zwar Zeit raubender, aber land­schaftlich wie eisenbahntechnisch hochinteressanter Abschnitt. Davon pro­fitieren auch die Wandernden Richtung Oeschinensee, denn der erste Teil ihrer Route folgt dem BLS-Bahnlehrpfad mit seinen Instruktionstafeln.

Unterirdische Abflüsse

Der zweite Teil des Aufstiegs bis zur Bergstation der Oeschinensee-Gondelbahn ist teilweise recht exponiert und verlangt Trittsicherheit. Wo Steinschlag­runsen den schmalen Pfad überqueren, warnen Tafeln vor dem Stehenbleiben, und abschüssige Stellen sind durch Drahtseile oder Geländer gesichert. Bei günstigen Windverhältnissen kreisen Gleitschirmflieger schwerelos über der Talflanke im Aufwind, beneidet von Berggängern, die hier volle 800 Meter Steigung bewältigen müssen. Für die Mühe entschädigt dann der Anblick des Oeschinensees. Man erreicht ihn einigermassen erholt, denn die letzte Etappe verläuft auf breitem Spazierweg mit angenehmem Gefälle. Wie der Blausee verdankt auch der Oeschinensee seine Entstehung einem vorgeschichtlichen Bergsturz von den Fisistöcken über Kandersteg. Das 50 Meter tiefe Gewässer, das mit einer Fläche von knapp anderthalb Quadratkilometern zu den grösseren natürlichen Bergseen der Schweiz gehört, wird durch Wasserfälle von den umgebenden Gipfeln gespeist und besitzt keinen oberirdischen Abfluss. Mehrere unterirdisch verlaufende Wasseradern werden bei Kandersteg gefasst und zur Strom- oder Trinkwasserversorgung genutzt. Seit 2007 gehört der Oeschinensee zum erweiterten Unesco-Welterbe Schweizer Alpen Jungfrau-Aletsch.

Freizeitparadies Oeschinensee

Die 50 Meter Tiefe beziehen sich auf mittleren Wasserstand bei 1578 m ü. M. Je nach Witterung kann der Pegel aber bis zu 20 Meter schwanken. Am höchs­ten ist er nach der Schneeschmelze im Bergfrühling, sichtlich tiefer nach trockenen Sommermonaten. Die im Süden und Osten senkrecht zum Oeschinensee abstürzenden Felswände von Doldenhorn und Blümlisalp verunmöglichen die Anlage eines Uferrundweges. Indes kann man auf Mietbooten über das stille Gewässer rudern, Motorboote würden die Gebirgsruhe empfindlich stören. Auch Baden ist erlaubt und durchaus angenehm, denn nach sonnendurchfluteten Tagen wird es im Felsenkessel fast wüstenhaft warm. Weitere Aktivitäten sind Fahrten mit der Rösslikutsche, ein Skulpturenweg mit Holzfiguren am Westufer oder, bei der Gondelbahn- Bergstation, eine Sausefahrt mit der Rodelbahn. Ein Winterangebot ist Eislochfischen auf dem zugefrorenen See. Ausdauernde Passwanderer gelangen in sechs Stunden übers Hohtürli (2278 m ü. M.) zur Griesalp im benachbarten Kiental.

Am schönsten ist es jedoch, einfach am Ufer zu sitzen und das Bergpanorama auf sich wirken zu lassen. Beschrieben hat es schon 1850 der Berner Alpinist Gottlieb Studer mit folgenden begeisterten Worten: «Unmittelbar aus dem Wasserspiegel tauchen kahle Felswände empor, über die sich aus bedeutender Höhe zahlreiche Wasserfälle, oft auch zerstäubende Schneelawinen stürzen. Diese Felswände dienen aber nur dem riesigen Gebirge zum Fundament, welches, aus Felsen und Gletschern darauf hingebaut, sein Haupt im Firnenglanz erhebt und sein Bild auf der Scheibe des Sees widerstrahlen lässt.»

Mit Mietbooten kann man über das stille Gewässer rudern, Motorboote würden die Gebirgsruhe empfindlich stören.

Infos Vom Blausee zum Oeschinensee

Route: Blausee–Mitholz–Uf der Flue–Libige–Port–Watterbach–Bergstation Gondelbahn–Oeschinensee–Bergstation Gondelbahn.

Anreise: Mit der BLS von Bern nach Frutigen. Von dort mit dem Bus Richtung Kandersteg bis Blausee.  

Rückreise: Von Oeschinen mit der Gondelbahn nach Kandersteg und weiter mit der BLS.

Wanderzeit: 4 Stunden mit 800 Meter Steigung, Aufenthalt am Blausee zusätzlich eine Stunde.

Variante: Statt der Talfahrt mit der Sesselbahn zu Fuss nach Kandersteg, 1 Stunde mehr. Karten: Landeskarte der Schweiz 1:25 000, Blätter 1247 Adelboden und 1248 Mürren.

Gaststätten: Blausee, Bergstation Sesselbahn, Oeschinensee.

Beste Jahreszeit: Anfang Mai bis zur vorübergehenden Betriebseinstellung der Sesselbahn gegen Ende Oktober.

Internetlinks: www.oeschinensee.ch, www.blausee.ch, www.kandersteg.ch

Wetterkunde im Saanetal

Die junge Saane entlang

Seit Gstaad, der Berner Oberländer Weltkur­ort im Chaletstil, seine Dorfpromenade vor nunmehr bald 20 Jahren vom Autoverkehr befreit hat, kann man hier der Filmprominenz beim Bummeln in reiner Bergluft begegnen. Dann aber folgt ein Kulissenwechsel, denn auf unserer Wanderung wartet die Natur selbst mit einer gross­artigen Vorstellung auf. Alle Elemente spielen zusammen: Wasser, Luft, Feuer, Erde und nochmals Wasser – und zwar in dieser Reihenfolge.

Zunächst wandern wir flussaufwärts die junge Saane entlang von Gstaad bis zur Talstation der Gondelbahn auf die Höhi Wispile, eine ideale Strecke, um sich einzulaufen. Dabei erscheint der Fluss, der sich später durch die Waadtländer Alpen und das Freiburgerland windet, bis er wieder im Kanton Bern die Aare gewinnt, als munteres ­Ge- ­birgsgewässer, nicht viel breiter als ein stattlicher Bach. Selbst in trockenen Sommern führen die Saane und ihre ­Nebenbäche reichlich Wasser, denn sie entspringen im vergletscherten Hoch­gebirge an der Grenze von Berner Oberland, Wallis und Waadt. So präsentiert sich das Saanenland als grünes Paradies, denn westliche Winde sorgen immer wieder für reichlich Regen.

Meteopfad Höhi Wispile

Die Region mit ihrem abwechslungsreichen Wettercharakter ist wie geschaffen für einen Meteo-Lehrpfad. Er beginnt bei der Bergstation auf der Höhi Wispile, die man durch eine Gondelbahnfahrt in zwei Etappen erreicht – die luftige Reise erschliesst uns das zweite Element des heutigen Tages. Eingerichtet wurde dieser Lehrpfad durch Meteo Schweiz, die einstige Meteorologische Zentralanstalt, unter dem Motto «Wetter ist immer und überall». Für die heutige Wanderung zum Lauenensee haben wir bei Meteo Schweiz strahlenden Sonnenschein bestellt, sodass wir auf der schattenlosen Krete der Höhi Wispile an der 2000-Meter-Grenze bald Bekanntschaft mit dem feurigen Element machen, den intensiven Strahlen unseres Tagesgestirns nämlich. Wie die Sonne den ganzen Wetterkreislauf antreibt und steuert, ist übrigens auf den Tafeln längs des Lehrpfades anschaulich erklärt. Auch die Beziehung zwischen Mensch und Klima wird behandelt: Im Gebirge sind Bauern wie Touristen ja besonders von der Witterungsgunst abhängig.

Dass die Berglandwirtschaft im Berner Oberland lebendig geblieben ist, können wir entlang der Wanderroute südwärts auf Schritt und Tritt erkennen: Rund 80 Alpen werden im Saanenland bewirtschaftet. Der Wech­sel von Kalkgestein und Schiefer schafft nämlich fruchtbare Böden, und je nach Untergrund ist auch unser Weg hart oder weich – die Erde als viertes Naturelement hat unsere Aufmerksamkeit geweckt.

Ein langsam verlandender Bergsee 

Unterwegs auf der Krete der Höhi Wispile und beim Abstieg zum Passübergang der Chrine zwischen Lauenen und Gsteig geht der Blick immer wieder zur Bergkulisse am südlichen Horizont. Rechter Hand erhebt sich das Massiv der Diablerets, der «Teufelsberge». In der geraden Fortsetzung des Wispilegrates ragt das Spitzhorn in den Himmel, mit seiner senkrecht abfallenden Nordwand ähnelt es dem Eiger. In der Senke zwischen Geltenhorn und dem 3247 Meter hohen Wildhorn liegt der Geltengletscher, dessen Schmelzwasser den Geltenschuss im Tal hinter dem Lauenensee speist, einen der schönsten Wasserfälle in den Berner Alpen. Weiter gegen Osten schiebt sich dann die ebenfalls vergletscherte Wildstrubelgruppe ins Bild, im Vordergrund begrenzt vom Lauenenhorn mit dem Wasserngrat.

Nach kurzer Gegensteigung über den Chrinepass wird der Lauenensee sichtbar, womit wir zum wässrigen Element zurückgekehrt wären. Die Gesteine der Zuflüsse und absterbendes Pflanzenmaterial bewirken, dass der See allmählich verlandet und die früher zusammenhängende Wasserfläche heute in zwei getrennte Seebecken aufgespalten ist. Die Uferzonen der beiden Gewässer auf 1381 m ü. M. sind zum grössten Teil sumpfig und stehen, wie der Lauenensee selbst, unter Naturschutz. Hier findet man eine vielfältige Pflanzen- und Tierwelt, ein «ökologisches Bijou», wie Biologen schwärmen. Sie haben in den feuchten Matten um den See zwischen der unübersehbaren Fülle von Riedgräsern die seltene Arktische Binse entdeckt. Auch das Fleisch fressende Fettblatt kommt in diesem Biotop vor und lockt mit seinem klebrigen Saft arglose Insekten an. Weitere Insektenfänger sind Erdkröten und Grasfrösche, für die der Lauenensee ein überlebenswichtiger Laichgrund in der an stehenden Gewässern sonst recht armen Region darstellt. Regelmässig brüten im Uferschilf Bläss­hühner und Stockenten, während sich elegante Graureiher und flinke Libellen den Luftraum teilen.

Gerettete Wasserfälle

Rund um den Lauenensee führt ein Spazierweg. Aus den beiden Becken – das grössere ist 500 Meter lang und 200 Meter breit – strömt das Wasser durch den Seebach zum Louibach, der bei Gstaad in die Saane mündet. Ihrer Schönheit wegen figuriert die ganze Gegend im Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler von nationaler Bedeutung (BLN). Zu Fuss eine Stunde südlich des Sees stürzt sich der Geltenschuss über eine Felswand. Dieser Wasserfall erinnert an die Anfänge des Landschaftsschutzes in den Alpen, denn hier wehrte sich die einheimische Bevölkerung schon 1956 erfolgreich gegen die Absicht der Elektrizitätswirtschaft, den Geltenbach für die Stromgewinnung trockenzulegen. Ein Jahr darauf wurde das Tal unter Naturschutz gestellt. Näher beim Lauenensee als der Geltenschuss liegt der zweite der geretteten Wasserfälle, der von Südosten mündende Tungelschuss, dessen monoton diskretes Rauschen unseren Uferrundgang begleitet. Die saisonale Postautoverbindung vom Lauenensee nach Gstaad beginnt Anfang Juni und dauert bis Mitte Oktober. Auch die Betriebszeiten der Wispile-Gondelbahn richten sich nach diesen Daten. Wer die Wanderung früher oder später unternimmt, muss den Grat erklimmen und zum Schluss eine weitere Wanderstunde vom See bis zur ganzjährig bedienten Postautohaltestelle im Dorf Lauenen in Kauf nehmen.

Die Region mit ihrem abwechslungsreichen Wettercharakter ist wie geschaffen für einen Meteo-Lehrpfad.

Infos Lauenensee bei Gstaad

Route: Gstaad – entlang der Saane bis zur Talstation Wispile-Gondelbahn – Gondelbahn zur Höhi Wispile – Meteopfad bis zu dessen Wendepunkt – weiter auf dem Wispilegrat zum Chrinepass – Sodersegg – Lauenensee.

Anreise: Mit der BLS und MOB von Bern via Spiez und Zweisimmen oder von Montreux nach Gstaad.

Rückreise: Vom Lauenensee mit dem Postauto nach Gstaad (Anfang Juni bis gegen Mitte Oktober) und mit der Bahn weiter wie Anreise.

Wanderzeit: 4 – 5 Stunden mit 600 Meter Gefälle und einer kurzen Gegensteigung.

Variante: Mit dem Postauto von Gstaad bis zur Talstation der Wispile-Gondelbahn, ½ Wanderstunde weniger.

Karten: Landeskarte der Schweiz 1:25 000, Blätter 1246 Zweisimmen und 1266 Lenk (bei Variante nur Lenk).

Gaststätten: Gstaad, Bergstation Wispile-Gondelbahn, Alpwirtschaft Wispilegrat, Lauenensee.

Beste Jahreszeit: Sommer und Herbst.

Internetlinks: www.lauenensee.com, www.gstaad.ch

Buchtipp

Alp- & Bergseen Schweiz

Autor: Franz auf der Maur
344 Seiten, 14,3 x 21,4 cm, gebunden, Softcover
mit 163 Abbildungen
ISBN 978-3-03818-245-0, CHF 39.90 | EUR 39.90

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