Das Eglibaumprojekt Thunersee

Das Eglibaumprojekt Thunersee

Das Eglibaumprojekt Thunersee

Nach den Festtagen haben die Weihnachtsbäume bei vielen zu Hause ausgedient. Allerdings können sie sinnvoll weiterverwendet werden wie Fischer aus der Region mit dem «Eglibaumprojekt Thunersee» zeigen: Die Tannen werden versenkt, um den Fischen im Thunersee neue Lebensräume zu bieten. Das Projekt nahm im Jahr 2017 seinen Anfang und zeigt, dass das Engagement wirkt.

Text: Carmen Frei | Fotos: Karl Moser

In der Weihnachtszeit stehen sie schön geschmückt zu Hause oder im Garten und verzaubern Gross und Klein, im Januar werden sie allerdings schon wieder in die Grünabfuhr befördert: Die Rede ist von Weihnachtsbäumen. Im Rahmen des «Eglibaumprojekts Thunersee» werden die Bäume als Laichplatz und Zufluchtsort für Fische gezielt im Thunersee positioniert, primär für Egli, und die Wirkung des Projekts wird mittels Erfolgskontrollen dokumentiert. Die bewusste Verbesserung des Lebensraums der Fische im Thunersee wird damit durch Freiwilligenarbeit angestrebt und gefördert.

Fischer für Fische

Die Idee für das Projekt entstand im Rahmen von «Fischer schaffen Lebensraum», angestossen durch den Schweizerischen Fischereiverband. Anlässlich der Präsdientenkonferenz vom Bernisch Kantonalen Fischereiverband wurden angeschlossene Fischereivereine dazu angehalten, ein Projekt im Rahmen dieses Mottos zu starten. Inspiration fand man dafür jedoch zuerst an einem anderen Ort: Im Wohlensee wurde während vielen Jahren erfolgreich Tannenbäume zum gleichen Zweck versenkt. Die Fischer trafen sich darum auch mit den Verantwortlichen des Projekts, um das genaue Vorgehen zu besprechen und zwecks Erfahrungsaustausch. Auch mit dem Kantonalen Fischereiinspektorat steht man in Kontakt.

Viele Hürden, vor allem im Bereich der Bewilligung, wurden mit dem Fischereiinspektorat bzw. dem zuständigen Fischereiaufseher zusammen gemeistert. Um das Projekt nämlich richtig angehen zu können, mussten verschiedenen Handlungsfelder erkannt und entsprechend aufgeteilt werden. Dazu zählen Personelles, die Finanzen, genauso wie die Kommunikation. 


Vielseitige Kooperation

Die regional aktiven Fischereivereine, Highland Fishing und derFischereiverein.ch, führen das Projekt gemeinsam durch. Allerdings waren zur Umsetzung weitere Partner notwendig. Gerade in Bezug auf die Verankerung der Bäume am Seegrund waren nämlich Sporttaucher gefragt. Hier kam es den Initianten zugute, dass bereits im Zusammenhang mit regionalen Gewässerreinigungen Kontakte mit Tauchern bestanden. Diese konnte man auch für das Projekt mit ins Boot holen und sowohl das Einsetzen der Tannen wie auch die Erfolgskontrolle mit ihnen organisieren. In finanzieller Hinsicht wird das Projekt vom Ökofonds der Energie Thun AG unterstützt. Der Fonds deckt die anfallenden Kosten, welche man aber bewusst tief zu halten versucht. Denn bei «Fischer schaffen Lebensraum» geht es darum, dass Fischer mit geringen finanziellen Mitteln und Freiwilligenarbeit eigene Projekte planen und umsetzen können. Die Freiwilligenarbeit ist hier essenziell, sonst wäre dieses Projekt nie zustande gekommen. Kosten entstehen trotzdem, zum Beispiel durch Bewilligungen, Transporte, die Materialbeschaffung und durch die Verpflegung der Helfer, welche bei längeren Einsätzen nötig ist. 

Nur Natürliches kommt in den See

Bei der Materialbeschaffung hat man mit Bedacht darauf geachtet, dass alles, was permanent im See bleibt auch natürlich ist. An den Bäumen selbst dürfen sich keine Dekorations- oder Wachsrückstände befinden, die Schnüre zur Befestigung sind aus Jute, die Steine zur Beschwerung sind Kalksandsteine. Die Materialien halten zwar lange, ohne die Natur zu belasten, da sie selbst natürlichen Ursprungs sind.

Phasenweise zum Erfolg

Das Vorhaben selbst ist in verschiedene Phasen geteilt: In der ersten Phase werden die Bäume von den Strassen eingesammelt. Dies geschieht vor der ersten Grünabfuhr am Sonntag. Eine Präferenz bei der Tannenart gibt es hierbei nicht – das Wichtige sind vor allem die Äste. In den letzten Jahren hat man aber die Erfahrung gemacht, dass eine Tannengrösse zwischen 1,20–1,50 Meter ideal ist. 

Nachdem die Bäume eingesammelt worden sind, werden sie für den Einsatz im See bereitgemacht: sie werden zugeschnitten, Schnüre und Steine werden angebracht. Die Bäume werden in der Folge für einige Zeit gelagert. Nach der Lagerung folgt schliesslich der aufwendigste Teil der Aktion: das Versenken der Bäume im See. Die Tannen werden mit der Hilfe der Sporttaucher im See an einer zuvor vom Fischereiinspektorat ausgewählten Stelle versenkt. Die Bäume werden durch die Taucher in Gruppen positioniert, dies soll vor allem bei der späteren Erfolgskontrolle von Nutzen sein. Die Steine, welche die Tannen beschweren, dürfen nicht mehr sichtbar sein, sondern müssen fest im Boden fixiert werden. Durch die entstehende Sogwirkung werden die Tannen automatisch fixiert und können nicht mehr weggespült werden.

Die letzte Phase ist schliesslich die Erfolgskontrolle, welche ebenfalls mithilfe der Sporttaucher durchgeführt wird. Dabei werden die eingesetzten Tannen während der Laichzeit der Egli unter Wasser fotografiert. Bei diesem Vorhaben ist vor allem der richtige Zeitpunkt sehr wichtig. Hier zählt man auf die Sporttaucher, welche am ehesten sehen, wann die Fische bzw. die Egli laichen. Somit können sie auch am besten den idealen Zeitpunkt für einen Tauchgang zum Fotografieren bestimmen. 

Bei der Erfolgskontrolle kommt wieder die vorherige Positionierung der Tannen zum Tragen: Je nach Ergebnis kann man nun zusammen mit dem Kantonalen Fischereiinspektorat für das nächste Jahr entscheiden, welche Standorte für die Tannen geeignet sind. Daniel Ducret von Highland Fishing erklärt, dass es manchmal nicht klar ersichtlich ist, wieso die Egli einen Standort bevorzugen. Dies kann nur durch Erfahrungswerte herausgefunden werden und ist von Gewässer zu Gewässer unterschiedlich. Die Bilder zeigen zudem eindrücklich, wie schnell die Fische die Tannen als Laichplatz benutzen. Neben der Funktion als Laichplatz für die Egli erfüllen die Tannen im See auch andere Zwecke. Sie dienen anderen Fischen als Versteck und bieten sich als Lebensraum für Kleinstlebewesen wie Insekten an, welche wiederum als Nahrungsquelle für die Fische dienen. 


Korrektur und Sichtbarkeit

Das Eglibaumprojekt ist eigentlich der Versuch, etwas Menschengemachtes zu korrigieren: Ursprünglich hatte es genügend Holz im Thunersee, welches die Egli für das Laichen benötigen. Dieses Totholz wurde von den Zuflüssen des Thunersees angeschwemmt, sog sich mit Wasser voll und sank an den Seegrund. Seit einigen Jahren wird ein grosser Teil des Schwemmholzes bei den Einmündungen in den Thunersee entfernt. Eigentlich zum Schutz der Schifffahrt und Schleusen gedacht, raubt diese Praxis aber den Egli die Laichplätze. Diesem Umstand wirkt man mit dem Projekt entgegen, indem man mit den Tannenbäumen neuen Lebensraum und neue Laichplätze schafft.

Ein weiteres Anliegen des Projektes ist, die Fische und die Fischervereine sichtbarer zu machen und auch auf die Herausforderungen der Fischpopulationen hinzuweisen. Daniel Ducret betont, dass die Fische in dieser Hinsicht eher schwierig zu bewerbenden seien: der Jöö-Effekt, welcher bei anderen Tieren greift, bleibt hier aus, man kann sie nicht streicheln, sie sind oft für den Menschen nicht sichtbar und sie sind nicht im traditionellen Sinn «herzig». Allerdings sind sie sehr wichtig und ein verlässlicher Indikator für die Gewässerqualität. Ihre Abwesenheit ist ein Hinweis auf abnehmende Gewässerqualität. Die Fische sind somit sehr wichtig für die Gewässer und es gilt daher, sie als Fischer nicht nur zu nutzen sondern auch zu schützen. Gerade im Zusammenhang mit der Klimathematik sollten die Fischbestände genau im Auge behalten werden, denn Wasser ist die Grundlage jeden Lebens. Die Fischer sind hierbei wertvoll, da sie die Gewässer und Bestände gut kennen und beispielsweise die Anzeichen von Gewässerverunreinigungen und Fischsterben erkennen können. In Grund- und Praxiskursen lernen die Fischer, die Gewässer genau zu beobachten und Alarmzeichen früh zu erkennen. Die Sichtbarkeit der Fischer ist daher von grosser Wichtigkeit und ein weiteres Anliegen, welches mit dem Projekt vorangetrieben wird.


Für weitere Informationen empfehlen wir Ihnen folgende Webseiten: 

highlandfishing.ch/eglibaumprojekt-thunersee 
derfischereiverein.ch/hege-und-pflege

Mit den Tannenbäumen schafft man neuen Lebensraum und neue Laichplätze.

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