Wo der Pool zum See wird

Wo der Pool zum See wird

Wo der Pool zum See wird

Die «schönste Badi der Schweiz» befindet sich in Merligen. Dies finden nicht nur die Merliger, sondern auch zahlreiche auswärtige Besucher teilen diese Ansicht. Wir präsentieren einen historischen Abriss der Badi-Geschichte.

Text: Sophie Meyer  |  Fotos: zvg

Viele kennen den berühmten «Infinity Pool» auf dem Dach des Marina Bay Sands in Singapur: Das Wasser scheint direkt in der Luft aufzuhören und verschwindet spektakulär in der Unendlichkeit. Doch was hat Singapur mit dem Thunersee zu tun, fragen Sie sich vielleicht an dieser Stelle! Nun, wussten Sie, dass sich ein mindestens ebenso traumhafter und fantastischer Unendlichkeits-Pool in Merligen befindet? So ist es. Die von der gemeinnützigen Genossenschaft Strandbad Merligen geführte Badi hat das einzige direkt an den See grenzende Schwimmbecken der Region. Die beinahe unsichtbare Grenze zwischen See und Schwimmbecken, die Aussicht sowie die Atmosphäre sind schlicht und ergreifend einmalig schön. 

Alles nahm am Freitag, 30. März 1928, nachmittags um 15 Uhr in der Traube Merligen seinen Anfang, als zwölf Herren und ein «Fräulein» die Hauptversammlung der Bad-Genossenschaft Merligen abhielten. Die soeben gegründete Genossenschaft kaufte im selben Jahr der Witwe Oppliger die Liegenschaft des künftigen Bades für CHF 30 000 ab. Das heutige Strandbadhaus ist baulich aufs 17. Jahrhundert zurückzuführen und wurde zu dieser Zeit als Mühle gebraucht: Über einen Wasserkänel dem Haus entlang wurde das Wasser auf das Wasserrad geleitet, welches die Mühle antrieb. Die originalen Mühlesteine sind in der Badi noch heute zu besichtigen. Letztes Jahr, zum 40-Jahr-Jubiläum des Merligbades, arbeitete sich Kurt Wittwer in die Geschichte der Badi ein, wertete alte Pläne, Sitzungsprotokolle und Fotografien aus. Das Resultat seiner Arbeit ist das Buch «Rund ums Merligbad», welches einen schön illustrierten Überblick über die Geschichte des Bades gibt. 

Eines dieser Dokumente ist das erste Badereglement von 1929. Aus diesem geht hervor, dass der Tageseintritt anfangs 1930er Jahre – aus heutiger Sicht günstige – 60 Rappen betrug; gönnte man sich einen Eintritt mit geschlossener Kabine, bezahlte man CHF 1.50. Weitere Regeln betrafen hauptsächlich die Kleidung: «Untersagt ist besonders: Ohne Badekostüm die Kabine zu verlassen». Heute eher unvorstellbar sind die genauen Angaben betreffend Aussehen der Badekleider: «Die weiblichen Badegäste haben Badekostüme, die männlichen genügend weite und lange Badehosen oder Badekostüme zu tragen.» Verboten war zudem auch das Tragen sogenannter Dreispitzhosen und eng anliegender Badehosen. Andere Regeln sind aber auch heute noch aktuell: So darf nur bis zur Markierung in den See hinausgeschwommen werden, denn die Schiffe fahren nach wie vor nahe am Strandbad vorbei. Auch befehlen Anstand und gutes Benehmen damals wie heute, den Abfall weder auf der Wiese liegen zu lassen noch in den See zu werfen. 

Das Becken wurde schliesslich 1974–75 gebaut und im August 1975 bei strömendem Regen eröffnet. Die gute Laune und Vorfreude auf das neue Bad wurde davon aber kein bisschen getrübt: Rasch wurde ein Sonnenschirm zum schutzbietenden Regenschirm umgewandelt und der Gemeindepräsident Rudolf Kämpf durchschnitt das Einweihungsband. Vergangenes Jahr konnte das 40-Jahr-Jubiläum des geheizten Beckens gefeiert werden. Zwar ist es bei Temperaturen bis zu 39 Grad nicht nötig, das Schwimmbecken zu heizen, aber wer in der morgendlichen Frühe seine ersten Strecken schwimmen will, erfreut sich vielleicht doch an den angenehmen 22 bis 24 Grad Wassertemperatur. Und wem das Becken zu warm sein sollte, der kann immer noch einen Sprung ins kalte Nass des Sees wagen. 

«Die weiblichen Badegäste haben Badekostüme, die männlichen genügend weite und lange Badehosen oder Badekostüme zu tragen.»

Es werden jährlich, dem zur Verfügung stehenden Budget entsprechend, kleinere Erneuerungen und Renovationen umgesetzt: Dieses Jahr war das Streichen der Damenumkleidekabine an der Reihe, die nun in neuer Frische erstrahlt. Wie kleinere Badeanstalten in der ganzen Schweiz kämpft auch das Strandbad Merligen stets ums Überleben, aber es ist eben ein Herzensprojekt, welches auch grosszügig von der Gemeinde Sigriswil und Merligen Tourismus unterstützt wird. 

Die «schönste Badi der Welt», wie sie – nicht nur – von den Merligern genannt wird, ist eine richtige Familienbadi: Sie ist übersichtlich und von Bademeistern überwacht. Sie ist ein Treffpunkt für die Einheimischen, die Stammgäste sind ihrer Badi seit Jahren treu. Doch auch immer wieder neue Auswärtige entdecken sie und finden neben den Stammgästen immer ein Plätzchen auf der Liegewiese. Immerhin bietet das Strandbad Merligen Platz für 200 Personen. Auch kulinarisch kommt man auf seine Kosten: Das Bistro wird in dieser Saison neu verpachtet, das Angebot wird aber für hungrige und durstige Badebesucher immer noch bieten, was das Herz begehrt. Ob Glace und kühle Getränke für die Sonnenanbeter, ein gemütlicher Kaffeeklatsch oder das Beobachten der vorbeifahrenden Thunerseeschiffe: Alle sommerliebenden Besucher finden im familiären Bad das, was sie suchen. Unter den Sonnenschirmen lässt es sich verweilen, die Terrasse ist mit den kleinen Palmen perfekt für ein aufkommendes Ferienfeeling ausgerüstet. Doch nicht nur zum Baden und Kaffeetrinken kann man das Strandbad Merligen besuchen! Möchten Sie Ihren Geburtstag oder gar Ihre Hochzeit vor der wunderbaren Kulisse direkt am See feiern? So ist auch das im charmanten Bad direkt am Thunersee realisierbar.

Es muss nicht Singapur sein, ein Ausflug nach Merligen lohnt sich, badetechnisch gesehen, genauso! 

Kontakt

Öffnungszeiten
Täglich 09.30 bis 19.00 Uhr, vom 1. Juli bis 14. August 09.30 bis 21.00 Uhr 

Eintritt
Tarif
Einheimische: Erwachsene CHF 6.00, Kinder CHF 3.50

Tarif Gäste: Erwachsene CHF 6.50, Kinder CHF 4.00 

Saisonabos erhältlich



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