Mit Kälte Körper und Geist stärken
Mit Kälte Körper und Geist stärken
Wer sagt, dass man nur im Sommer baden gehen kann? Eisbaden erfreut sich immer grösserer Beliebtheit – auch im Thunersee. Erfahren Sie mehr über die vielen positiven Effekte, aber auch über die Risiken dieses neuen Trends. Dann steht dem Winterbad im eisigen Wasser nichts mehr im Weg.
Text: David Heinen | Fotos: zvg
Dick eingepackt in Mantel, Schal und Handschuhe spaziert man gemütlich dem Thunersee entlang und plötzlich sieht man etwas Seltsames: Menschen in Badebekleidung, die in das klirrend kalte Wasser steigen. So könnte es Ihnen auch ergehen, denn seit ein paar Jahren liegt das sogenannte Eisbaden voll im Trend. Während es in Skandinavien schon lange verbreitet ist, ist es in unseren Breitengraden erst in den letzten Jahren immer beliebter geworden. Grossen Einfluss auf die Popularität hatte eine Person: Wim Hof alias Iceman. Der niederländische Extremsportler hat zahlreiche Rekorde im Aushalten extremer Kälte aufgestellt und weltweit Aufmerksamkeit auf das Baden bei Minustemperaturen gelenkt. Ein Schweizer Experte auf diesem Gebiet ist Rolf Duda alias Peakwolf. Lange Jahre als Unternehmensberater und Besitzer verschiedener Firmen tätig, führte er ein stressiges Leben. Aufgrund eines Schicksalsschlags wurde ihm bewusst, dass er sich nie wirklich mit sich selbst auseinandergesetzt hatte. Er entdeckte das Eisbaden als wirksame Therapie für sich und wurde sofort süchtig danach. Als einer der ersten internationalen Teilnehmenden liess er sich von Wim Hof persönlich zum Instruktor ausbilden und bietet nun in Thun verschiedene Kurse zum Thema Kälte an.
So können wir uns also freuen – bald ist das «Spiezerli» wieder auf dem Thunersee unterwegs. Auf der Website www.spiezerli.ch können Sie sich über den Zeitplan informieren und zusätzliche spannende Informationen zum Dampfer nachlesen. Ausserdem besteht auch immer noch die Möglichkeit, sich durch eine Spende am Projekt zu beteiligen – jeder Franken kann gebraucht werden. Es steht der Thunerseeregion sicherlich gut zu Gesicht, dass ein solches Stück Schifffahrts- und auch Tourismusgeschichte gepflegt wird und nicht finanziellen Überlegungen geopfert wurde. Gute Fahrt!
Um alles aus dem Eisbaden herauszuholen, lohnt es sich, einen Kurs zu besuchen. Mit dem relevanten Know-how ausgestattet, hat man gleich mehr Spass und erträgt dank dem Gefühl der Gruppenzugehörigkeit die eisigen Temperaturen besser. Rolf Duda bietet Halbtageskurse in Thun an, bei denen man umfassend in die Materie eingeführt wird. Die Teilnehmenden lernen die Atmungstechnik und bekommen alle wissenschaftlichen Fakten über das Eisbaden vermittelt. Die Atmung ist für Rolf Duda ein entscheidender Aspekt, da sie der Schlüssel zum autonomen Nervensystem ist, das unsere nicht bewussten Reaktionen steuert. Nur mit der richtigen Atmungstechnik kann man sich im Wasser beruhigen und die Situation vollständig kontrollieren. Sobald diese Grundlagen vermittelt sind, geht es ab ins Wasser. Doch nicht etwa in den See; Rolf Duda hat extra Becken, die mit Eiswasser gefüllt sind. Dadurch lässt sich die Situation besser kontrollieren als im offenen Wasser. Zusätzlich können so auch Kurse im Sommer durchgeführt werden. Die Teilnehmenden kommen aus allen Altersgruppen und allen sozialen Schichten. Zu Beginn fällt es den meisten ziemlich schwer, sich zu überwinden. Doch sobald sie mal im Wasser sind und gelernt haben, diese Situation zu kontrollieren, sind alle sehr stolz auf sich. Der Körper belohnt das kalte Bad mit der Ausschüttung von Glückshormonen – kein Wunder, werden viele regelrecht süchtig danach. Für alle, die noch tiefer in die Materie eintauchen möchten, bietet Rolf Duda zusätzlich Wochenendseminare unter dem Namen Cold & Breath an. Neben dem Eisbaden steht dort noch kaltes Wandern auf dem Programm – nur in Badekleidung wandert man ein paar Stunden in der Kälte durch den Schnee.
Wer das Eisbaden erkunden möchte, muss einige Punkte beachten, damit es zu einem erfolgreichen Erlebnis wird. So ist bei gewissen gesundheitlichen Dispositionen vom Kältebad abzuraten. Ein gesunder Kreislauf ist eine wichtige Voraussetzung, da sich beim Eisbaden die Gefässe kurzfristig stark verengen und deshalb der Blutdruck ansteigt. Menschen mit Bluthochdruck, Diabetes oder HerzKreislauf-Erkrankungen verzichten deshalb besser auf das Eisbad. Im Zweifelsfall lässt man sich am besten vorgängig medizinisch untersuchen. Doch auch bei bester Gesundheit gilt es, gewisse Aspekte zu beachten. Unerfahrene sollten nicht ohne Vorbereitung ins kalte Wasser steigen. Regelmässig kalt zu duschen, eignet sich ideal, um sich aufs Eisbaden vorzubereiten. Dabei versucht man, langsam und gleichmässig zu atmen. Weiter ist es gefährlich, allein ins eiskalte Wasser zu steigen. Es kann immer etwas passieren, beispielsweise ein Krampf, und deswegen sollte zumindest eine weitere Person anwesend sein. Dann ist es von Vorteil, schnell ins Wasser zu steigen. Je schneller man dies macht, desto weniger Zeit hat das Gehirn, um nachzudenken. Doch auf keinen Fall darf man ins Wasser springen, dann ist nämlich die Gefahr eines Kälteschocks zu gross. Einmal im Wasser, ist es wichtig, sich durch gleichmässiges Atmen zu beruhigen. Zu Beginn reichen ein paar Sekunden im Wasser; dann steigert man die Dauer von Mal zu Mal, bis man schliesslich zwei Minuten im Wasser bleiben kann, ein längeres Bad lohnt sich nicht. Nun folgt gemäss Rolf Duda das eigentlich Wichtigste, was von vielen vernachlässigt wird. Man sollte nämlich der Versuchung widerstehen, sich sofort warm anzuziehen. Denn erst nach dem Bad wird der Wachstumsprozess des braunen Fetts angestossen. Das ist wie im Fitnessstudio: Nicht während der Kraftübungen wachsen die Muskeln, sondern erst danach, wenn der Körper auf die Reize reagiert. Man kann sich schon abtrocknen, aber man sollte mindestens fünf bis zehn Minuten warten, bevor man sich wieder aufwärmt. Die wichtigsten Grundlagen des Eisbadens finden Sie auch auf Rolf Dudas Website www.peakwolf.ch und auf dessen YouTube-Kanal. Der Thunersee ist mit seinen vielen Einstiegsmöglichkeiten perfekt fürs Eisbaden geeignet und ist in den letzten Jahren zu einem richtigen Mekka geworden. In so gut wie jedem Ort finden sich Gruppen, denen man sich anschliessen kann. Nun liegt es also nur noch an Ihnen: Wagen Sie etwas Neues, überwinden Sie sich und stärken Sie damit Geist und Körper – das eiskalte Wasser des Thunersees wartet auf Sie.