Der Thunersee in den Farben des Winters
Der Thunersee in den Farben des Winters
Der Thunersee und vor allem die Gegend rund um dessen Ufer erstrahlt im Laufe des Jahres und im Wandel der Jahreszeiten in unterschiedlichsten Farben. Wenn sich der Herbst seinem Ende zuneigt, schwindet auch schrittweise seine vielschichtige Farbenpracht. Der Winter erscheint dagegen eher trostlos; doch ist dies eine Frage der Perspektive, denn die zurückhaltende Kolorierung des Winters hat ihre ganz eigenen Vorzüge.
Text: David Heinen | Fotos: Christine Hunkeler
Die winterlichen Farben setzen sich durch
Die vielfältigen Farben des Herbstes schwinden, und diverse Grauschattierungen legen sich über die Landschaft wie ein etwas abgetragener Mantel. Was häufig in Verbindung mit Trostlosigkeit gebracht wird, muss nicht als solche betrachtet werden. Klar, die abnehmenden Sonnenstrahlen haben einen direkten Einfluss auf die persönliche Stimmung; der Vitamin-D-Spiegel wird allgemein in kausalen Zusammenhang zur Gemütslage gestellt. Genügend Sonne zu tanken, ist also eine der Voraussetzungen, um nicht in eine sogenannte Winterdepression zu fallen. Doch das dominant werdende Grau beziehungsweise die vorherrschenden Grautöne können die Empfindungen auch in einem positiven Sinne dämpfen – der Ruf der Alltagsprobleme wird leiser, und der Lauf der Zeit scheint sich zu verlangsamen. So aus der Zeit gefallen, wird man auf sich zurückgeworfen und kann dies nutzen, um mit sich selbst in einen Dialog zu treten und das eigene Tun zu hinterfragen und einzuordnen. Der Übergang von Herbst zu Winter und die beruhigende Kraft des gedämpften, winterlichen Blicks wird sehr schön von den folgenden Versen Friedrich Hölderlins eingefangen:
Wenn ungesehn
und
nun vorüber sind die Bilder
Der Jahreszeit,
so kommt des Winters Dauer,
Das Feld ist leer,
die Ansicht scheinet milder,
Und Stürme wehn umher
und Regenschauer.
Für den Umstand, dass viele wichtige Aspekte des Lebens häufig eine Frage der Perspektive sind, gibt es wohl kaum ein besseres Symbol als den Nebel. Befindet man sich mittendrin, schränkt dies die Sichtweite ein – teilweise durchaus auch im übertragenen Sinne. Doch mit Abstand betrachtet, kann sich grosse Schönheit offenbaren. Nebelschwaden, die wie filigrane Tänzerinnen über den Thunersee gleiten, verkörpern eine ganz eigene, zurückhaltende Eleganz. Wenn sich dichter Nebel über dem See sammelt, lohnt der Gang in die Höhe. Plötzlich strahlt die Sonne, und der vorher noch bedrückende Nebel erscheint als eine samtige, weisse Wiese, die sich zwischen den Bergen gemütlich hinstreckt. Am liebsten würde man sich gerne direkt auf dieser ausbreiten, den Blick gen Himmel wenden und sich im weiten Blau verlieren.
So können wir uns also freuen – bald ist das «Spiezerli» wieder auf dem Thunersee unterwegs. Auf der Website www.spiezerli.ch können Sie sich über den Zeitplan informieren und zusätzliche spannende Informationen zum Dampfer nachlesen. Ausserdem besteht auch immer noch die Möglichkeit, sich durch eine Spende am Projekt zu beteiligen – jeder Franken kann gebraucht werden. Es steht der Thunerseeregion sicherlich gut zu Gesicht, dass ein solches Stück Schifffahrts- und auch Tourismusgeschichte gepflegt wird und nicht finanziellen Überlegungen geopfert wurde. Gute Fahrt!
Eine beruhigende
Farbkombination
Alles still! Es tanzt den Reigen
Mondenstrahl in Wald und Flur,
Und darüber thront das Schweigen
Und der Winterhimmel nur.
Hoffentlich vermögen diese Zeilen und der gesamte Beitrag zu zeigen, was der Winter und seine Farben für einen besänftigenden Einfluss auf unser Leben ausüben können; wenn man dies nur zulässt. Jetzt ist die Zeit, um zu sich zu kommen und sich der Hektik des Alltages – zumindest immer öfters – zu entziehen. Dies gelingt gut zu Hause; die winterliche Kälte lädt ja richtiggehend dazu ein, sich in die Wärme der eigenen vier Wände zurückzuziehen und sich ohne schlechtes Gewissen dem seligen Nichtstun hinzugeben. Doch überwinden Sie diesen nur allzu natürlichen Impuls auch immer mal wieder, und geniessen Sie draussen die zurückhaltenden Farben des Winters. Der Thunersee verleitet zwar nicht mehr zum Reinspringen, jedoch ist seine klirrende Kälte auch vom Ufer aus spürbar, und der See und seine Region werden – ob in Blau, Grau oder Weiss – zum winterlichen Paradies und persönlichen Rückzugsort.
Alles still! Es tanzt den Reigen Mondenstrahl in Wald und Flur, Und darüber thront das Schweigen Und der Winterhimmel nur.