Wenn der Frühling ruft!

Wenn der Frühling ruft!

Wenn der Frühling ruft!

Kaum spriessen die ersten Schneeglöcklein, ist die Wander- und Ausflugssaison eröffnet. Thun-Thunersee Tourismus und die Partner laden Einheimische und Gäste mit der Frühlings-Aktion am Thunersee dazu ein, die nahe Umgebung zu erkunden. Mit einem Kombibillett hat man von Mitte April bis Ende Mai die Möglichkeit, drei aus fünf Ausflugsziele beim, um und hoch über dem Thunersee zu besuchen. Die ThunerseeLiebi hat sich für Sie auf den Weg gemacht. 

Text: Diana Huber  |  Fotos: Diana Huber, zvg

Hoch über dem Thunersee

In der Beatenbucht, am Ufer des Thunersees, startet meine Reise aufs Niederhorn. Ein sanftes Lüftchen malt feine Wellen auf das kristallklare Wasser. Auf der gegenüberliegenden Seeseite erhebt sich maje- stätisch der Niesen. Ich reisse mich von seinem Anblick los und begebe mich in die Standseilbahn, die mich auf den Beatenberg bringen soll. Bereits die Fahrt ins 1000-Seelen-Dorf ist ein Erlebnis: Während das tiefblaue Gewässer des Thunersees in immer weitere Entfernung rückt, mehren sich am Horizont die Berggipfel.

In Beatenberg steige ich in die Gruppenumlaufbahn um. Gemächlich transportieren die drei Gondeln Familien, Frischverliebte, Rentner und Touristen den Berg hinauf. Je höher man steigt, desto spektakulärer wird die Aussicht. Oben auf dem Niederhorn, auf 1953 Meter über Meer, muss ich kurz innehalten und staunen. Während der Berg hinter meinem Rücken steil abfällt und karge Felswände hinunter ins Justistal führen, präsentiert sich vor mir das wundervolle Bergpanorama hoch über dem Thunersee. 

Direkt neben der Bergstation lädt das Bergrestaurant Niederhorn zum Verweilen ein. Hierher kommt Mann oder Frau auch mal für ein Frühstück mit Weitblick oder ein sonniges Mittagessen – so kurzweilig ist die Anreise mit Standseil- und Gondelbahn und so unbezahlbar die Aussicht, die sich dem Besucher bietet. Den Kinderspielplatz hat man auf der Sonnenterrasse immer im Blickfeld, dort können sich die Kleinen auf der Drachenrutschbahn austoben. 

Die unzähligen Wandermöglichkeiten auf dem und ums Niederhorn locken alljährlich bewegungsfreudige Naturliebhaber auf den Aussichtsberg. Wer früh genug aufsteht, kann dabei mit ein wenig Glück heimische Wildtiere wie Steinböcke, Gämsen, Rehe, Murmeltiere oder Steinadler beobachten. Dafür ist es an diesem sonnigen Frühlingsmittag zu spät. 

Während ich über das Niederhorn spaziere, kreisen am Himmel die Bergdohlen. Verschiedene Bänkli stehen bereit, doch mir haben es die rustikalen Liegestühle aus Holz angetan. Nach einem wohltuenden Imbiss mit Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau gönne ich mir hier ein kurzes Nickerchen an der Sonne. Dann mache ich mich wieder auf den Weg zurück in die Beatenbucht, zurück ans Ufer des Thunersees. Als ich unten ankomme, legt auf dem blauen Gewässer gerade die «Blümlisalp» ab. Der Kapitän hebt seinen Hut zum Gruss. 

In den Tiefen der Beatus-Höhlen

Nach einer kurvigen Busfahrt entlang dem Thunersee finde ich mich am Fuss der St. Beatus-Höhlen wieder. Über einen kurzen, sanft ansteigenden Wanderweg gelangt man von der Strasse zu den Höhlen. Dorthin, wo einst ein böser Drache gehaust haben soll, der die Berner Oberländer in Angst und Schrecken versetzte. Der Heilige Beatus, so sagt man, habe den Drachen mit Gottes Hilfe vertrieben, bei den Höhlen eine kleine Kapelle errichtet und von da an bis zu seinem Tod in den Höhlen gehaust. 

Bevor ich mich in die felsige Höhlenwelt wage, esse ich im Panorama-Restaurant St. Beatus-Höhlen mit Sicht auf den Thunersee zu Mittag. Die köstliche, grosszügig bemessene Pizza aus dem Holzofen ist im Preis des Kombibilletts inbegriffen. Gestärkt begebe ich mich zum Höhleneingang. Täglich werden hier mehrere geführte Rundgänge angeboten, neu kann man die Höhlen aber auch alleine besichtigen. Ich entscheide mich für eine individuelle Erkundigungstour und trete ein. 

Bereits nach wenigen Schritten befinde ich mich in einer anderen Welt. Von der wärmenden Sonne ist hier drin nichts mehr zu spüren, eine angenehme Frische umgibt mich. Den Informationstafeln kann man entnehmen, dass die Temperatur in den St. Beatus-Höhlen das ganze Jahr über zwischen 8 und 10 Grad beträgt. Die Luft ist feucht, unter mir höre ich das tosende Brausen des Wassers, das sich seinen Weg durch den Fels bahnt. Oder ist es über mir? Schwer zu sagen, in den unzähligen verwinkelten Gängen hallt das gewaltige Rauschen und Tosen wider.  

Als sich meine Augen langsam an die dunklere Umgebung gewöhnt haben, erkenne ich um mich herum die verschiedenartigsten Gesteinsformen, Wölbungen und Einbuchtungen. Faszinierend, was das Wasser hier während Jahrtausenden geschaffen hat! Urplötzlich weitet sich der enge und niedrige Gang und ich trete in eine unterirdische Grotte ein. Irgendwo fällt ein Wassertropf zu Boden. Da erst fällt mir auf, wie still es um mich herum geworden ist. Das tosende Rauschen scheint weit weg. Vor mir liegt ein kleiner Teich, die von der Decke hängenden Stalaktiten und die vom Boden wachsenden Stalagmiten spiegeln sich im klaren, ruhigen Wasser. Lampen beleuchten die mystische Landschaft. Hier könnte man stundenlang verweilen.

Doch meine Neugier ist stärker. Immer weiter folge ich dem 826 Meter langen Weg in die St. Beatus-Höhlen und bin beeindruckt von der vielfältigen Formen- und Farbenwelt, die sich mir hier weit unter der Erde offenbart. Dort, wo die Lampen den Felsen beleuchten, bedecken sattgrüne Algen, Farne und Moose das nackte Gestein. Von Zeit zu Zeit fällt neben dem Gehweg ein Wasserstrahl in die Tiefe und vereint sich mit dem Hauptbach, der durch die unterirdischen Gänge und Grotten fliesst. 

Fast ein wenig wehmütig verlasse ich nach meinem Rundgang die St. Beatus-Höhlen wieder und trete blinzelnd zurück ins Tageslicht. Beim Ausgang erinnert eine Drachenskulptur an die legendären Taten des heiligen Beatus, des Namensgebers dieser faszinierenden Höhlenformationen. 

Der Sonne entgegen

Die Sonne scheint bereits, als ich ein paar Tage später in Mülenen im Kandertal aus dem Zug steige. Die Niesen-Standseilbahn befindet sich direkt neben dem Bahnhof. In der Talstation begrüsst ein Schild mit der Aufschrift «Auf, zum Niesen. Der Sonne entgegen» die Besucher. Ich freue mich auf den Abstecher auf 2362 Meter Höhe und steige frohen Mutes in die Bahn ein. Diese setzt sich bald darauf gemächlich in Bewegung. 

Es ruckelt und zuckelt, während das 1910 fertiggestellte Bahntrassee immer steiler den Berg hinaufführt, über Wiesen, durch Waldstücke und Tunnels. Die rund 1600 Meter Höhendifferenz von der Talstation in Mülenen bis zur Bergstation Niesen Kulm überwindet die Standseilbahn in gefühlten fünf Minuten, so viel gibt es dabei zu sehen. Neben dem Trassee blühen erste Frühlingsboten, Walderdbeeren und Vergissmeinnicht färben lichte Stellen im Wald, frische hellgrüne Triebe schmücken die Tannenspitzen und hier und da erblickt man einige abenteuerlustige Wanderer. 

Nach dem Umsteigen in der Zwischenstation Schwandegg wird die Aussicht immer grandioser, immer mehr Berge werden sichtbar und immer weisser strahlen deren Spitzen. Und plötzlich ist auch er da – der Thunersee. Türkisblau glitzert und glänzt er in der Morgensonne. 

Oben angekommen, bin ich überwältigt. Was für ein unglaublicher Weitblick! Vor meinem Auge erheben sich eindrücklich die massiven Schneewände von Eiger, Mönch und Jungfrau, mein Blick reicht vom Sustenhorn bis zum Chasseral, vom Diemtigtal bis ins Engstligental. Auch der Thunersee lässt sich von hier oben in seiner ganzen Grösse bewundern, zusammen mit seinem hübschen kleinen Bruder, dem Brienzersee. Und weit in der Ferne erahnt man schemenhaft die Bundeshauptstadt Bern.

Im Vergleich zum regen Ansturm während der Sommermonate herrscht jetzt, im Frühling, eine angenehme Ruhe auf der grössten Pyramide der Schweiz. Neben mir auf der Bank liest eine Mutter ihren Kindern aus dem «magischen Mühlstein» vor. Gespannt lauschen die zwei Jungen und das Mädchen der Geschichte, dem Abenteuer, das ein Schneehase, eine Bergdohle und eine Gämse am Niesen erleben. Ich ertap- pe mich dabei, zuzuhören, während ich mit den Augen den Flug der Bergdohlen verfolge. 

Ein kleiner Junge reisst mich aus meinen Gedanken. «Schau, Papa, ein Gleitschirm!» Tatsächlich taucht nun ein farbiger Schirm am Himmel auf und rauscht in rasantem Tempo über unsere Köpfe. Bald darauf werden weitere Gleitschirmflieger sichtbar. Vor der spektakulären Bergkulisse tanzen sie mit den Bergdohlen um die Wette. Plötzlich werden die waghalsigen Kunststücke von einem Motorengeräusch durchbrochen. Eine Breitling Super Constellation fliegt vorbei. Was für ein Spektakel! Unglaublich, was man an einem warmen Frühlingsmorgen auf dem Niesen erleben kann. Nach so viel Abenteuer gelüstet mich ein Kaffee. 

Auf dem Weg zum Berghaus Niesen Kulm ziehe ich mir eine leichte Jacke über, hier oben weht um diese Jahreszeit ein frischer Wind. Noch liegt Schnee neben dem Gehweg, doch die Sonne entfaltet bereits ihre Kraft und lässt das Gras und vereinzelt auch Bergblumen auf den Wiesen gedeihen. 

Im Frühling herrscht eine angenehme Ruhe auf der grössten Pyramide der Schweiz.

Neben den violetten Kalkpolsternelken und dem goldgelben Grossköpfigen Gemswurz schmücken verschiede Steinmanndli stolz den Wegrand. 

Im Berghaus Niesen Kulm, das seit 1856 auf dem hohen Berg steht und vor gut zehn Jahren umgebaut wurde, gönne ich mir einen Cappuccino. Den Kaffeegeruch in der Nase, bewundere ich auf der Sonnenterrasse aufs Neue das atemberaubende Panorama. Schneebedeckte Gipfel, sattgrüne Täler, dunkelgrüne Waldflächen und kris- tallblaue Seen, wohin ich auch blicke. An dieser Aussicht werde ich mich wohl nie sattsehen. 

Ich lehne mich im Liegestuhl zurück, schliesse für einen Moment die Augen und geniesse die kraftspendende Ruhe, die mich umgibt. Wahrhaftig – auf dem Niesen, hoch über dem Thunersee, fühlt man sich der Sonne ein Stück näher. 

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