Gerhard Kessi: Craft Beer aus Faulensee – ein Besuch beim Braumeister

Gerhard Kessi: Craft Beer aus Faulensee – ein Besuch beim Braumeister

Gerhard Kessi: Craft Beer aus Faulensee – ein Besuch beim Braumeister

Was gibt es Schöneres, als sich an einem heissen Sommertag ein kühles Bier zu gönnen? Doch welches Bier wählt man? Gerhard Kessi hätte da ein paar Empfehlungen, denn seit 2012 braut er mitten in Faulensee sein eigenes Bier. Nebst 14 ver­schiedenen Sorten bietet er auch Food-Pairing und Degustationsabende an. Die ThunerseeLiebi hat ihn in der Brauerei Old School besucht. 

Text: Romina Del Principe  |  Fotos: Gerhard Kessi, Romina Del Principe, zvg

Beim Eintritt in die Räumlichkeiten könnte man sich als erstes in einer Bäckersstube wähnen. Es ist warm und duftet nach Brot. Besser gesagt nach Hefe. Eine der wichtigsten Zutaten für das, was hier hergestellt wird: Craft Beer. Also Bier, das sich durch vielfältige Geschmackssorten auszeichnet und nur in Kleinstmengen gebraut wird. Im hinteren Teil der Brauerei steht Gerhard Kessi und kontrolliert den Inhalt eines der fünf grossen Stahlbottiche, die im schmalen Gang stehen. Dort drin erwärmt er gerade das Malz – das geröstete Weizen – mit Wasser. Die festen Bestandteile müssen sich jetzt absetzen. Sobald die Flüssigkeit klar genug ist, wird sie per Schlauch in einen weiteren Tank gefüllt. «Dieser Vorgang nennt sich Abläutern», erklärt Gerhard Kessi. Seit 2012 braut er sein eigenes Bier im alten Schulhaus in Faulensee. Dazu gebracht hat ihn die eigene Faszination für das Getränk und dessen Fähigkeit, Menschen zu­sam­men­zubringen, aber auch ein wenig der Frust, dass auf dem Markt so wenig Vielfalt herrscht. Denn Bier ist ein unglaublich vielfältiges Getränk, das mit den unterschiedlichsten Aromen überraschen kann. 

Das zeigt auch ein Blick in die Geschichte. Bier, wie wir es heute kennen, gibt es eigentlich noch gar nicht so lange, bierähnliche Getränke aber schon seit Ewigkeiten. Schon in China und in Meso­po­ta­mien um 10 000 v. Chr. finden sich Belege für ein Getränk aus gegorenem Getreide, Honig und Früchten. Selbst die Sumerer und Babylonier kannten zu ihrer Zeit bereits verschiedene Sorten von bier­artigen Getränken. Oft wurden dabei auch verschiedene Kräuter beigemischt, um den Geschmack und die Rauschwirkung des Getränks zu verstärken. Über die Jahrtausende entwickelte sich das Getränk weiter und wurde auch in Mitteleuropa immer beliebter, zum Beispiel bei den Römern und Germanen. Im Mittelalter war Bier eines der wichtigsten Getränke – schon Kinder tranken es, da es sicherer war als das oft verschmutzte Trinkwasser. Das damalige Bier wies natürlich einen viel geringeren Alkohol- und Kohlensäuregehalt auf als heute und war auch im Geschmack deutlich süsser. Während in den Anfängen noch mit verschiedensten Pflanzenkombinationen ex­perimentiert wurde, darunter auch mit einigen Giftpflanzen, setzten sich im Mittelalter Weizen, Gerste und vor allem der Hopfen als Hauptzutaten durch. Zu Beginn der Neuzeit wurde dann in Deutschland erstmals festgelegt, dass Bier nur aus Hopfen, Malz und Wasser bestehen und keine weiteren Zusatzpflanzen enthalten soll. Diese frühen Biere waren nicht lange haltbar und wiesen eine deutlich dunklere Farbe auf. Erst mit der Entwicklung der Kühlmaschine Mitte des 19. Jahrhunderts wurden dann neue Brauverfahren und vor allem helles Bier möglich. 

Gerhard Kessi gibt Hopfenpellets in die abgeläuterte Malzflüssigkeit. Der Hopfen ist nebst dem Getreide und der Hefe massgeblich für das Aroma des Biers verantwortlich. In Gerhard Kessis Lager befinden sich über 60 verschiedene Hopfensorten, damit lässt sich wunderbar experimentieren. Anschliessend wird der Sud gekocht. Nach dem Abkühlen wird die Hefe zuge­geben und das Bier zum Gären sich selbst überlassen. Nun ist es an der Hefe, den Zucker aus der Stärke in Alkohol und Kohlensäure umzuwandeln. Je nach Art der Hefe kommen andere Aromen des Hopfens zum Vorschein. Da die Hefe ein reines Naturprodukt ist, ist auch das Resultat jedes Mal ein bisschen anders. Für die Industrie eine Herausforderung, da bei Massenproduktion immer das gleiche Ergebnis erwünscht ist – für Gerhard Kessi eine Freude, denn bei Craft Beer geht es ja genau um diese Vielfalt. Nach fünf bis acht Tagen ist das Bier fertig und wird von Hand in Flaschen abgefüllt. Nach mehrwöchiger Lagerung kommt es in den Verkauf und in den Kühlschrank, der im Nebenraum steht. In diesem lichtdurchfluteten Tap Room finden jeweils am letzten Freitag im Monat oder auf Anfrage die Degustationsabende und Food-Pairing-Events statt, die sich immer grössere Begeisterung erfreuen. Für einen Food-Pairing-Abend stellt Gerhard Kessi, der gelernter Koch ist, ein kleines Menü zusammen, das aufzeigt, wie gut Bier auch zu anderen Speisen als nur Chips oder Bratwurst passt.

Selbst die Sumerer und Babylonier kannten verschiedene Sorten bierartiger Getränke.

Da gibt es dann zum Beispiel feine italienische Salami, Käse oder auch einen Schokoladenkuchen zum Bier. Ja, man kann Bier auch zum Dessert trinken. Zum Beispiel eines, das eine starke Kaffeenote aufweist und somit gut mit schokoladehaltigen Speisen harmoniert. Inspiration für diese Events fand Gerhard Kessi unter anderem in Italien. 

Aber auch in Belgien, auf den britischen Inseln und in den USA wird die Biervielfalt schon länger zelebriert. Und auch in der Schweiz kommt Bewegung in die Bierlandschaft. Gerade im Kanton Bern gibt es besonders viele Kleinbrauereien und somit auch eine grosse Vielfalt an Biersorten. Darauf ist Gerhard Kessi sichtlich stolz, betont aber gleichzeitig: «Es braucht die grossen, die mittleren und die kleinen Brauereien gleichermassen.» Denn die (inter)nationalen Brauereien beliefern die grosse Masse, die regionalen sorgen für Abwechslung und die kleinen bieten Spezialitäten für den besonderen Genuss. Denn eines ist klar, ein Craft Beer will Aufmerksamkeit. Schliesslich bietet es ein aussergewöhnliches Geschmackserlebnis und ist nicht schnell im Supermarkt gekauft. Wer sich für Craft Beer interessiert, nimmt sich schon bei der Auswahl ein bisschen mehr Zeit und geht in ausgewählte Getränkeläden, Bars und Restaurants oder direkt zu den Brauereien. Vor Ort kann man sich auch wunderbar beraten lassen, die Biere sprechen die Individualität des Konsumenten an, jedes Bier hat eine Persönlichkeit, eine Geschichte. Craft-Biere haben lässige Namen und Marken, das gibt Abwechslung und macht Spass. Gerade für die schönen Sommerabende empfiehlt Gerhard Kessi, es sich mit einer Auswahl aus verschiedenen Biersorten an einem lauschi­gen Plätzchen gemütlich zu machen und sich durch die Sorten zu probieren. Dabei findet man sicherlich einen neuen Liebling, der einen den ganzen Sommer über begleiten wird. 

Vor allem in Venetien, der Lombardei und dem Piemont wird viel mit regionalen Bieren experimentiert und mit verschiedenen Speisen kombiniert. 

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