Elisabeth Salzmann: Im Reich der Farben, Formen und Gerüche
Elisabeth Salzmann: Im Reich der Farben, Formen und Gerüche
Elisabeth Salzmann baut in Schwarzenegg einheimische Wildpflanzen an und vertreibt diese unter anderem über die Wildpflanzenmärkte in Thun und Bern. Im Gespräch mit der ThunerseeLiebi gibt die passionierte Gärtnerin Einblick in ihre Beete und erklärt uns, warum Wildpflanzen wichtig sind, jedoch mehr Arbeit bedeuten, als viele annehmen.
Text: Laura Scheidegger | Fotos: Hans Salzmann
Das kleine Bauernhaus von Elisabeth Salzmann und ihrem Mann ist nicht ganz einfach zu finden, Navigationssysteme sind dafür bekannt, dass ihre Kartendaten kurz vor dem Haus enden. Doch das kleine Gewächshaus im Garten weist Besuchern schnell den richtigen Weg. Vom liebevoll angelegten Garten hat man eine atemberaubende Aussicht über Hügel und Wälder bis hin zu den Alpen. Auch aufgrund der Lage verkauft Elisabeth Salzmann die meisten ihrer Pflanzen an Märkten. «Hier habe ich nicht viel Laufkundschaft», erklärt sie mit einem Schmunzeln.
Die gelernte Gärtnerin hatte schon immer ein Flair für einheimische Wildpflanzen. «Mich faszinieren die unterschiedlichen Farben, Formen und Gerüche der Pflanzen.» Vor sieben Jahren entschloss sie sich, unter dem Namen «Tenera» Wildpflanzen aufzuziehen und zu verkaufen. Heute wachsen und blühen in Ihrer Gärtnerei rund 200 typische einheimische Exemplare wie Nelken, Wiesensalbei, Malven, Thymian und Skabiose.
Bereits als Kind hatte Elisabeth Salzmann einen engen Bezug zur Natur. Sie wuchs auf einem Bauernhof auf und war der Natur stets nahe. Als sich Elisabeth Salzmann zur Gärtnerin ausbilden liess, waren Kompostieren und Wildpflanzen noch nicht wirklich geläufige Themen. In den 90er-Jahren folgte dann eine Art grüne Welle. Ihr damaliger langjähriger Chef produzierte einheimische Wildpflanzen, da diese in anderen Gärtnereien noch nicht erhältlich waren. So kam auch Elisabeth Salzmann in engen Kontakt mit den Pflänzchen und konnte so ihr Fachwissen erweitern.
Ein Beitrag zu Nachhaltigkeit und Biodiversität
Seit ein paar Jahren sind Nachhaltigkeit und Biodiversität in aller Munde. Nicht zuletzt wegen der Reportage-Serie «Mission B» vom Schweizer Radio und Fernsehen im Jahr 2019. «Diese Reihe war für Produzenten wie mich sehr wichtig», bestätigt die Wildpflanzengärtnerin. «Sie hat geholfen, Leute für die Thematik zu sensibilisieren. Ich hoffe einfach, dass die Aufmerksamkeit auch über die Serie hinaus anhalten wird.» Elisabeth Salzmann möchte mit ihren Wildpflanzen bewusst einen Beitrag zu Nachhaltigkeit und Biodiversität leisten können. Auch der Thuner Wildpflanzenmärit findet dieses Jahr unter dem Thema «Klimawandel – Pflanzenwahl» am 9. Mai auf dem Mühleplatz statt.
Mit ihrem Angebot trifft sie denn auch den Nerv der Zeit. Vermehrt findet man in Büchern Rezepte für Wildpflanzengerichte und Arzneimittel. Da viele Leute die dafür benötigten Pflanzen in Bio-Qualität wollen, wenden sie sich an Elisabeth Salzmann. Denn wie jeder andere Anbieter, der an Wildpflanzenmärkten Waren verkauft, hat auch «Tenera» eine Bio-Suisse Zertifizierung. «Zudem sind viele Interessierte bei der Bestimmung der Pflanzen unsicher und brauchen Hilfe», fügt Elisabeth Salzmann an. So ist auch die Beratung ein wichtiger Teil ihrer Arbeit. Sie hilft ihren Kunden, die richtigen Pflanzen auszuwählen und zusammenzustellen. Denn da Wildpflanzen eine relativ kurze Blütezeit haben, ist es wichtig, die Blütenreihenfolge einzelner Arten aufeinander abzustimmen und auf schöne Blattformen zu achten, damit die Pflanzen auch ohne Blüten ein stimmiges Bild abgeben. «Es braucht ein Umdenken und ein Bewusstsein dafür, dass Wildpflanzen anders blühen», erklärt Elisabeth Salzmann. Hierbei gibt es auch erhebliche Unterschiede, ob man die Pflänzchen auf dem Balkon halten will oder diese im Garten anpflanzen möchte. «Viele Wildpflanzen sind sehr robust und gedeihen ausgezeichnet auf dem Balkon und liefern so Nahrung für Insekten.» Für die Gärtnerin gibt es fast nichts Schöneres, als wenn Kunden ein Jahr nach dem Kauf einer Wildpflanze zu ihr kommen und ihr über erfolgreiche Schmetterlings-Beobachtungen berichten. In solchen Momenten weiss Elisabeth Salzmann, dass sie ihr Ziel erreicht hat: «Ich will Interesse wecken und Wissen vermitteln.»
Allgemein braucht der Umgang mit Wildpflanzen viel Wissen. Dies beginnt beispielsweise schon beim korrekten Überwintern der Pflanzen. Bei Elisabeth Salzmann überwintern die meisten Pflanzen draussen im Garten, geschützt unter einer Schneeschicht. «Es ist kritischer, wenn es keinen Schnee hat und die Pflanzen exponiert und nicht vor kalten Winden geschützt sind», erklärt die Expertin. Denn viele Wildpflanzen sind winterhart. Die Säfte ziehen sich in der kalten Jahreszeit in die Wurzeln zurück und die Pflanzen treiben dann im Frühling wieder aus. Dadurch sehen sie im Frühling jedoch teilweise leblos aus und werden fälschlicherweise ausgejätet. Auch aufgrund von Verwechslungen mit Unkraut kann es vorkommen, dass Leute irrtümlicherweise ihre Wildpflanzen jäten, wenn diese gerade nicht blühen. «Die Wegwarte hat beinahe identische Blätter wie der Löwenzahn, da muss selbst ich genau hinschauen, um die beiden unterscheiden zu können!» Elisabeth Salzmann empfiehlt daher, sich über ein ganzes Jahr und über die verschiedenen Jahreszeiten beraten zu lassen.
Einheimische Wildpflanzen sind Lebensgrundlage für viele Tierarten und daher essenziell für die Biodiversität.
«Gärten sind ein Spiegelbild der Hausbesitzer»
Über die Jahre hat Elisabeth Salzmann die Erfahrung gemacht, dass sich viele Leute einen naturnahen Garten mit Wildpflanzen einfacher vorstellen, als er eigentlich ist. «Vielleicht haben sie ein schönes Bild in einem Buch über Wildpflanzen gesehen und möchten dies dann auch, realisieren jedoch nicht, dass ein solches Projekt durchaus mit grossem Aufwand verbunden ist.» Denn gerade beim naturnahen Garten ist sehr viel Wissen wichtig. Man muss die Konditionen kennen, in denen die Pflanzen am besten gedeihen. Auch sonst kann ein solcher Garten recht zeitintensiv sein, denn er entwickelt sich über mehrere Jahre. «In den ersten drei Jahren sind die Pflanzen noch klein und man muss viel jäten», erklärt Elisabeth Salzmann. «Nach dem dritten Jahr wachsen die einzelnen Pflanzen dann langsam zu einer Einheit zusammen und ab dem fünften Jahr können sie grösstenteils sich selber überlassen werden.» Doch gerade in Quartieren, in denen einzelne Gärten oft sehr nahe beieinander gelegen sind, können Naturgärten problematisch sein. Aufgrund des beschränkten Platzes kann es schnell vorkommen, dass Samen in den Garten des Nachbarn gelangen, was nicht jeden erfreut. Daher empfiehlt Elisabeth Salzmann in einem solchen Fall unbedingt, vorher das Einverständnis der Nachbarn einzuholen «Gärten sind für viele ein Ort der Privatsphäre, jeder kann ihn so gestalten, wie er will», gibt sie zu bedenken. «Dadurch sind Gärten oft ein sehr interessantes Spiegelbild der Hausbesitzer.»
Neben ein paar anfänglichen Hürden bringt ein naturnaher Garten aber auch viele Gewinne. Im Gegensatz zu normalem Sommerflor, der vielleicht schöner und bunter blüht, jedoch keine Nahrung für heimische Insekten bietet, bilden nachhaltige und mehrjährige Wildpflanzen einen wichtigen Teil des Ökosystems. Sie sind Lebensgrundlage für viele Tierarten und daher essenziell für die Biodiversität. Auch können die Pflanzen zu Arzneimitteln oder zu köstlichen Teemischungen weiterverwertet werden.
Für Elisabeth Salzmann sind die Wildpflanzen nur ein kleiner Teil des grossen Ganzen. Es geht ihr um eine übergreifende Lebensphilosophie, sie hegt und pflegt ihre Pflanzen aus Überzeugung und es ist ihr eine Herzensangelegenheit. «Ich möchte den Leuten eine Freude bereiten, sie im Kleinen für Nachhaltigkeit und Biodiversität sensibilisieren und somit einen Beitrag leisten.»
Tenera Wildpflanzen
Elisabeth Salzmann
Bräter-Allmend 41
3616 Schwarzenegg
Telefon: 033 453 26 08
E-Mail: info@tenera-wildpflanzen.ch