Markus Wenger: Herzblut erzeugt keine Kopfschmerzen

Markus Wenger: Herzblut erzeugt keine Kopfschmerzen

Markus Wenger: Herzblut erzeugt keine Kopfschmerzen

Seit über zehn Jahren engagiert sich der in Hilterfingen wohnhafte Markus Wenger mit seinem Verein Schulprojekte Sambia für Kinder im afrikanischen Land. Zusammen mit Leuten vor Ort baut er Schulen oder sammelt Geld für Patenschaften und gibt den Kindern im Land somit neue Perspektiven.

Text: Laura Scheidegger  |  Fotos: zvg

 

Angefangen habe die Faszination für Afrika bereits in seiner Kindheit, meint Markus Wenger. Mit einem Magazin, welches er von seiner Gotte geschenkt bekam. «Es hiess ‹Das Tier› und in vielen der Ausgaben ging es um die Nationalparks in Afrika», erinnert er sich. «Damals beschloss ich, dass ich all diese fantastischen Tiere einmal sehen wollte.» 1992 nahm Markus Wenger, der mittlerweile als Lehrer arbeitete, zum ersten Mal unbezahlten Urlaub und reiste mit seiner zukünftigen Frau für drei Monate ins südliche Afrika. «Zu Beginn faszinierten uns hauptsächlich die Landschaften und die Tiere, doch bald einmal wuchs auch unser Interesse für die Menschen in den Ländern.» So beschloss das Paar, Jahre später in ein Land zu reisen, in dem sie niemanden kannten. «Wenn man irgendwo hinreist, wo man niemanden kennt, ist man sozusagen ‹gezwungen›, mit den Leuten vor Ort zu interagieren,» erklärt Markus Wenger den Entscheid. So kam er schliesslich 2003 das erste Mal nach Sambia, ehemals Nordrhodesien, im Südosten Afrikas. 

 

 

Eine Idee am Lagerfeuer 

 

Zu dieser Zeit begann er für einen Bekannten mit Trekking-Reisebüro Rundreisen in Afrika zu organisieren. Auf einer dieser Touren lernte Markus Wenger einen ehemaligen Bankier kennen, welcher eines Abends bei einem Lagerfeuer zu ihm meinte, wie gut sie es auf dieser Tour hätten: «Er bedankte sich bei mir und sagte: ‹Wir haben alle Tiere gesehen, die man hier finden kann. Wir haben immer gut gegessen, in tollen Unterkünften logiert, wir hatten super Fahrer, alles war wirklich top. Aber wir haben auch viel Armut gesehen. Wäre es nicht möglich, beispielsweise eine Schule zu unterstützen?». Dem Reiseleiter Wenger gefiel die Idee zwar, doch gab er zu bedenken, dass alle schon viel Geld für die Reise ausgegeben hätten und er doch nicht einfach die Hand hinhalten und noch mehr verlangen könne. «Aber vielleicht können wir das Ganze anders aufziehen. Wir machen morgen Abend erneut ein Feuer und du redest zu den Mitreisenden», schlug er vor. Der Bankier war einverstanden und am Ende der Reise hatten die beiden 3000 Franken gesammelt. 

 

Verein Schulprojekte Sambia 

 

Nach dieser ersten Spendenaktion wuchs die Idee immer weiter und zusätzliche Gelder kamen dazu. Zuerst erhielt Wenger hauptsächlich Unterstützung aus der Familie, von Freunden und Bekannten. Doch bald einmal kamen auch Spenden aus Kollekten von Geburtstags- und Hochzeitsfeiern dazu. Die Spendensumme wuchs ins Fünfstellige und auf Anraten eines Freundes gründete der Berufsfachschullehrer daher schliesslich einen Verein. Nun kamen vermehrt auch Spenden von Unternehmen und Kirchgemeinden dazu. «Von der ersten Minute an war es mir wichtig, mit den mir anvertrauten Spendengeldern sehr umsichtig umzugehen. Noch heute fliessen 99 von 100 Franken direkt in die Projekte. 1% kostet uns die Rechnung des Homepage Providers und einmal im Jahr (Jahresbericht) versenden wir Briefe an all unsere Mitglieder und Spender und Spenderinnen, alles andere erledigen wir per Mail. Somit stehen wir als kleines Hilfswerk mit unseren ‹Nebenkosten› um vieles besser da als zahlreiche andere NGOs», betont Wenger. Es ist allgemein ein Anliegen von Markus Wenger, die Kosten möglichst tief und die Prozesse möglichst einfach zu halten. So bestand er bei der Vereinsgründung auf das absolute Minimum der nötigen Personen. Der Vorstand besteht denn auch aus lediglich drei Personen: dem Präsidenten (Markus Wenger), einer Kassierin (Silvia Fink) und einem Sekretär/Webmaster (Heinz Peter). Mit diesem kleinen, bestens funktionierenden, schlagkräftigen Team und den entsprechend kurzen Wegen gelingt es dem Verein immer wieder, innerhalb nützlicher Frist, Projekte zu planen, durchzuführen, zu begleiten und zu kontrollieren. Wenger bietet seit Jahren für Interessierte Safari-Reisen nach Sambia an und kombiniert diese am Ende mit Besuchen der Vereinsprojekte. Da er die Reisen selbst leitet, hat er die Möglichkeit, den Stand der Aktivitäten auch selber zu inspizieren. Ausgesprochen wichtig sind auch die lokalen Kontakte in Sambia und die Gewährspersonen vor Ort. Diese bilden die wichtige und unerlässliche Basis für den Erfolg der Projekte. So arbeitet der Verein eng mit Anna und Steve Tolan vom Chipembele Wildlife Education Trust zusammen. Das Paar aus England lebt seit über 20 Jahren in Sambia und bildet Jugendliche und Dorfgemeinschaften in Sachen Umweltschutz weiter. 

 

Eines der ersten Projekte, welches der Verein in Angriff nahm, war der Bau von Toiletten an der Mfuwe Sekundarschule und die Verbesserung der desolaten Schlafmöglichkeiten für Jünglinge an derselben Schule. Das bisher umfangreichste Projekt war der 2017 eröffnete Kakumbi School Campus bestehend aus drei Schulzimmern, einem Lehrerzimmer, einer Bibliothek, einem Trinkwasserbrunnen, Toiletten, einem Lehrerhaus und einem Unterstand zum Kochen. Neben solchen Bauprojekten werden zudem Velos für Schüler gekauft, die einen sehr langen Schulweg haben. «Wir sprechen hier von einem Schulweg von zehn Kilometern – one way, versteht sich!», erklärt Markus Wenger und fügt an: «Und es kann manchmal vorkommen, dass den Kindern da noch das eine oder andere grössere Tier auf dem Weg begegnet.» 2019 wurden 27 Schülerinnen und Schüler der Grundstufe sowie eine Handvoll Studenten in Form von Patenschaften finanziell unterstützt. Die Patenschaften bietet der Verein seit 2015 Schülerinnen und Schülern an. Es sind hauptsächlich AIDS Waisen, die in den Genuss dieser Unterstützung kommen. Markus Wenger und dem Verein ist die Selbstverantwortung der Schulen dabei jedoch sehr wichtig: «Wir helfen den Schulen und fragen sie auch, was sie benötigen, es geht nicht darum, dass wir für sie entscheiden. Das mittelfristige Ziel ist, dass wir ihnen die Verantwortung wieder zurückgeben können.»

Mit der Rute auf Wassersuche

 

Mittlerweile steht Markus Wenger auch in Kontakt mit einem Unternehmen, das Brunnen für den Verein aushebt. «Ich kenne den Besitzer persönlich, er war lange Zeit Grosswildjäger. Auch er ist der Meinung, dass diese Praxis im 21. Jahrhundert nicht mehr vertretbar ist. So hat er beschlossen, den Leuten und dem Land etwas zurückzugeben und hat sich eine Bohrmaschine zum Erschliessen von Grundwasserquellen gekauft. Jetzt baut er mit fünf Angestellten und seiner Gattin für uns Brunnen, bisher deren zehn.» Da letzten Sommer ausnahmsweise keine Reiseleitung für Markus Wenger anstand, reiste er spontan nach Afrika, um bei einer Brunnenbohrung dabei zu sein. Zusammen mit dem Besitzer des Unternehmens ging er zuerst auf Wassersuche, ganz traditionell mit der Rute. «Ich war recht skeptisch, als er mit der Rute durchs Feld lief, diese sich plötzlich bewegte und er mir sagte, ich solle mir den Punkt merken», erinnert sich Wenger. Doch die Bohrung begann und drei Tage später war die nötige Tiefe von 28 Metern erreicht. «Wir standen alle um das Bohrloch. In dem Moment, als dann plötzlich Wasser aus der Erde schoss und ich all die glücklichen Menschen sah, die realisierten, dass sie nun das ganze Jahr sauberes Wasser haben, kamen mir die Tränen», berichtet Wenger mit einem Lächeln und fügt an, dass seien die schönen Momente, für die er all dies mache. «Ich mache es nicht, weil ich das Gefühl habe, dass ich jemandem etwas schuldig bin. Ich bin es mir schuldig. Ich will das.» 

Natürlich gibt es auch Kritiker, die Wenger sagen, dass all das nur ein Tropfen auf den heissen Stein sei. Seine Antwort in solchen Momenten: «Das ist so – und viele Tropfen auf einen heissen Stein ergeben irgendwann eine kleine Fläche.» Darauf angesprochen, wie viel Zeit er neben seiner Anstellung als Lehrer in Thun für den Verein aufwende, antworte er mit einem gutmütigen Lächeln: «Ich weiss es nicht genau… viel. Aber Herzblut erzeugt keine Kopfschmerzen.»

 

Unterstützung in vielerlei Form

 

er Verein hat mittlerweile viele regelmässige Spender, die die Projekte finanziell unterstützen. Doch der Verein Schulprojekte Sambia erhält auch Unterstützung in anderer Form. Vor einiger Zeit kam eine ältere Dame auf Markus Wenger zu und fragte ihn, ob er nicht Wollsocken brauchen könne, sie stricke so gerne abends vor dem Fernseher und ihre Familie habe langsam genug Socken. Wenger nahm diese dankend an, denn für die örtlichen Verhältnisse wird es in Sambia im Winter doch relativ kalt, besonders in den nicht isolierten Hütten. «Als ich die Socken dann vor Ort verteilte, drehten die Leute fast durch. Sie hatten eine solche Freude an den vielen Farben und Mustern.» Er erinnert sich an ein weiteres Beispiel für solche wichtige Hilfe in Form von Material: «Vor rund vier Jahren rief mich ein Herr von einer Bank an und fragte mich, ob ich für die Schulen in Afrika Kugelschreiber brauchen könnte.» Die Kugelschreiber einer Tochterfirma könne man nach einer Neuausrichtung nicht mehr verwenden, wolle sie aber nicht vernichten, da sie einwandfrei seien. «Es seien aber schon recht viele, am besten käme ich mit dem Auto, fügte der Herr an», ergänzt Wenger mit einem Schmunzeln. Tatsächlich waren es so viele, dass auf seiner nächsten Afrikareise jeder der sechs Mitreisenden je sieben Kilo der Schreiber im persönlichen Gepäck mittransportieren musste. «Es hat sich aber gelohnt, noch heute sehe ich ab und zu in einer der Schulen solche Kugelschreiber.» 

 

«Ich mache es nicht, weil ich das Gefühl habe, dass ich jemandem etwas schuldig bin. Ich bin es mir schuldig. Ich will das.»

Kontakt
Verein Schulprojekte Sambia
Markus Wenger
Präsident Spychertenstrasse 39b
3652 Hilterfingen 

Telefon 079 275 27 61 

schulprojektesambia@bluewin.ch

www.schulprojektesambia.ch

 

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