Daniel Rindisbacher: Wer sucht, der findet – Überraschendes in Aeschiried
Daniel Rindisbacher: Wer sucht, der findet – Überraschendes in Aeschiried
Die traditionellen Gastronomen haben es heutzutage nicht ganz einfach. Schnellimbisse schiessen wie Pilze aus dem Boden und verschwinden zum Teil ebenso schnell. Innovationen sind deshalb Pflicht. Im Restaurant Panorama in Aeschiried haben wir einen 14-Punkte-GaultMillau-Koch getroffen, der sich – ähnlich einem bekannten Gallier – gegen diese Entwicklung auflehnt: Herr Daniel Rindisbacher.
Text: Thomas Bornhauser | Fotos: zvg
Koch aus Berufung «Nehmen wir an, Sie wären heute nicht Koch. Was dann?», will ich vom 56-Jährigen wissen. «Koch», sagt er. «Herr Rindisbacher, ich habe mich wohl falsch ausgedrückt: Was wäre eine Berufsalternative gewesen?» Er bleibt bei seiner Aussage. Konsequent. Fakt ist: Er hat nie an einen anderen Beruf gedacht, als Koch zu lernen, nicht zuletzt deshalb, weil seine Mutter eine begnadete Köchin ist.
Sein Vater führt damals ein Architektur-Büro in Seftigen. Keine Alternative für ihn, obwohl Vater und Sohn Jahre darauf gemeinsame Sache machen werden, doch davon etwas später in unserem Porträt.
Weil bei seinem Schulabgang keine Stelle als Koch frei ist, nimmt Daniel Rindisbacher eine zweijährige Ausbildung als Kellner im Landgasthof Bären in Biglen in Angriff. Die Lehre zum Koch holt er sozusagen nach, im Bernerhof Touring in Burgdorf, worauf er sich ins Engadin aufmacht, in die bekannte Chesa Pirani in La Punt. Es folgt eine Saison in Faulensee, zu einer Zeit, da er sich durch den Wirtekurs und an der Handelsschule weiterbilden lässt und auch «eine ganze Zeit» beim Militär verbringt. Letzte Station vor Aeschiried ist das Hotel Meiler in Flims.
«Was wäre eine Berufsalternative gewesen?» Er bleibt bei seiner Aussage. Konsequent.
15. Mai 1985
Als Architekt ist Daniel Rindisbachers Vater für einen Neubau in Aeschiried verantwortlich – das Restaurant Panorama. «Wie wäre es, wenn du uns vor und nach der Eröffnungsphase helfen würdest?», fragt der Vater den damals erst 24-Jährigen. Und Daniel folgt dem Wunsch seines Vaters und übernimmt während eines Jahrs zusammen mit einer gewissen Luzia «die Küche»; seither ist sie seine Ehefrau und Mutter von Flurin, Silvan und Ladina, Letztere heute ebenfalls im Restaurant Panorama beschäftigt, das am 15. Mai 1985 seine Türen für die Gäste öffnet.
Nach nur einem Jahr muss die kompetente und sympathische Geschäftsführerin ihren Job leider aufgeben. Und so kommt es, wie es kommen muss: Luzia und Daniel Rindisbacher übernehmen die Verantwortung über das Restaurant – bis heute und wohl noch für einige weitere Jahre.
Alkoholische Getränke werden vorerst nicht serviert, bis die sogenannte «Bedürfnisklausel» 1988 endlich erteilt wird.
Nische ersetzt Massenlager
Zu Beginn bietet das Panorama 26 Betten in einem Massenlager für Gruppen an, die das Gebiet länger als nur ein paar Stunden geniessen wollen. «Mit der Zeit haben plötzlich viele 3-Sterne-Hotels dieses Gästesegment entdeckt und uns preislich sogar unterboten, weshalb wir diese Übernachtungsmöglichkeit aufgegeben haben», blickt Daniel Rindisbacher zurück. Um das Restaurant am Laufen zu halten, wird regelmässig in die Liegenschaft investiert, mit An- und Ausbauten und einer Modernisierung der Inneneinrichtungen. Und das mit Erfolg.
Eine bekannte Redewendung: Es gibt Unternehmer, die schauen zu, wie sich etwas bewegt, andere wundern sich darüber, dass etwas um sie herum passiert; die dritte Kategorie ist es, welche für Bewegung sorgt. Dazu gehört definitiv Daniel Rindisbacher.
Willkommen in der Panoteca!
Das Restaurant Panorama ist keine Gaststätte an einer stark frequentierten Strasse, wo viele Gäste «einfach so» mal anhalten und sich verköstigen. Schlechtes Wetter ist für dieses Ausflugsrestaurant ebenso problematisch wie die Nebensaison, wenn wenig Touristen unterwegs sind. Was tun? Sich damit abfinden? Zum Schluss gar resignieren und aufgeben? Das passt nicht zu unserm Gesprächspartner.
«Wir mussten uns etwas einfallen lassen, um auch während dieser Zeit am Ball zu bleiben», sagt er durchaus mit Stolz. 2007 entsteht deshalb eine kleine, aber feine Produktion von Teigwaren, die in der eigenen Panoteca mit grossem Erfolg verkauft wird. Woher stammt diese Idee?
«Über dä Gotthard flüget Trube»
«Ich habe eine Affinität zum Tessin, zu Italien», dies nicht zuletzt deshalb, weil die Eltern von Daniel Rindisbacher in Monte Carasso im Bezirk Bellinzona einen eigenen Weinberg besitzen: Daniels Bruder, Matthias, lässt diese Trauben nach Bern fahren, um sie in seiner Weinmanufaktur zu verarbeiten. Jedoch weiss etwas praktisch niemand: Matthias Rindisbacher bewirtschaftet in der Nähe des Zentrums Paul Klee sogar einen echten Stadtberner Rebberg.
Zurück ins Oberland: Von der Italianità angetan, beginnt Daniel Rindisbacher mit der Teigwarenproduktion, wobei er bis zu 100 Kilogramm am Tag herstellt. «Die Teigwaren werden während zweier Tage bei einer Temperatur von 38 bis 40 Grad getrocknet und sind ein Jahr haltbar.»
Tajarin direkt auf den Tisch
Auf Platz 1 der Hitliste der Menükarte steht ein Rindsfiletgulasch mit Tajarin, diesen typischen Frischeiernudeln aus dem Piemont. «Viele Gäste sind von dieser Spezialität derart begeistert, dass sie gleich eine oder – in den meisten Fällen – mehrere Packungen mit nach Hause nehmen wollen», womit klar wird, wie der Verkauf der Teigwaren aus Aeschiried läuft: Durch den Verbrauch im Restaurant, durch Direktverkäufe und dank einiger Verkaufsstellen im Berner Oberland durch ortsansässige Detaillisten.
Frische und Qualität bei der Zubereitung der Lebensmittel sind für die Küche oberstes Gebot. Interessant ist, wie Daniel Rindisbacher seine Lieferanten auswählt – nämlich nicht stur nach dem «Ich kaufe ausschliesslich lokal ein»-Prinzip. Ausschlaggebend ist die Qualität eines Produkts. Wenn er dieses regional beziehen kann, fein. Wenn nicht, macht er sich auf die Suche über regionale Grenzen hinweg, bis er es gefunden hat. Gleiches Vorgehen gilt auch bei der Weinkarte: Obwohl er eigenen Wein aus dem Tessin anbietet, bleibt er bewusst nicht innerhalb unserer Landesgrenzen stehen. «Wichtig ist einzig, wonach der Gast Lust hat, ich will ihn nicht bevormunden.»
Kochkurse im Schloss
Wir fragen den Koch, was ihm Besonderes zu den vergangenen 30 Jahren in Aeschiried einfällt. Die Antwort kommt umgehend: «Mit jeweils zwei Gruppen zu zwölf Personen habe ich zwei einwöchige Kochkurse in einem Schloss an der Loire durchgeführt.» Während dieser Zeit haben alle Teilnehmenden den französischen Alltag erlebt: beim Einkaufen, beim Kochen, beim Geniessen, beim Wohnen im Schloss – ganz «Vivre comme Dieu en France». «Diese Kurse waren etwas wirklich Aussergewöhnliches»; der Aufwand war jedoch riesig, weshalb man die Anzahl der Durchführungen auf zwei beschränkte.
Und die Zukunft?
Daniel Rindisbacher ist sich bewusst, dass auch in den nächsten Jahren etwas gehen muss, um weiterhin erfolgreich zu bleiben. Etwas, wonach die Gäste verlangen und deswegen zu ihm kommen – auf der Suche nach dem Speziellen. Was das sein könnte? Er verrät uns einige seiner spannenden Ideen, die jedoch an dieser Stelle nicht zu Papier gebracht gehören, schliesslich liest die Konkurrenz ja mit.
Es entsteht eine kleine, aber feine Produktion von Teigwaren, die in der eigenen Panoteca mit grossem Erfolg verkauft wird.
Kontakt
Restaurant Panorama
Aeschiriedstrasse 36
CH-3703 Aeschiried
Tel. 033 654 29 73
info@restaurantpanorama.ch