Peter Hauenstein: Deltapark Gwatt – Es lohnt sich zu leben

Peter Hauenstein: Deltapark Gwatt – Es lohnt sich zu leben

Peter Hauenstein: Deltapark Gwatt – Es lohnt sich zu leben

Seit die Hauenstein Hotels und die Klinik Schönberg 2008 den Deltapark im Gwatt übernommen haben, ist einiges passiert auf dem Areal. Peter Hauenstein erklärt der ThunerseeLiebi seine Philosophie hinter dem Projekt.

Text: Alain Diezig  |  Fotos: Adrian Aellig

 

Im Empfangszentrum des neuen Deltaparks wird man von einem warmen Ambiente empfangen – so warm, dass gleich Flämmchen aus der Wand hinter dem Sofa züngeln. «Wasserdampf und Licht!», meint Peter Hauenstein verschmitzt zum verdutzten ThunerseeLiebi-Reporter.

«Wenn man eine bittere Pille hat, macht man’s wie die Pharmaindustrie. Wenn die eine bittere Pille haben, hüllen sie diese in Zucker und sagen: nimm Dragées. Der Zuckerguss bei uns heisst Wellness. Das heisst, wir wollen den Leuten auf eine spielerische Art das Gesundheitsbewusstsein näherbringen und zeigen, dass wir in der Schweiz eigentlich kein Gesundheits- sondern ein Krankheitswesen haben.» Provokative Worte für eine derart entspannende Umgebung – wie kommt Hauenstein zu einer solchen Haltung?

«Ein Gesundheitswesen sollte die Gesundheit im Zentrum haben, aber in der Schweiz ist es so, dass der Interventionszeitpunkt mit dem Auftreten der Krankheit zusammenfällt. Das heisst, bei uns reagiert das Krankheitswesen erst, sobald Leute Symptome zeigen. Nun ist es so, dass Symptome eigentlich das Resultat eines Fehlverhaltens in der Vergangenheit sind. Das ist genau gleich, wie wenn Sie beim Auto den Service nicht machen, die Pneus nicht wechseln, die Kupplung schleifen lassen und das Öl nicht austauschen – irgendwann ist der Motor am Ende, irgendwann steht das Auto still. Beim menschlichen Körper ist es so, dass die meisten Organe selbst dann noch keine Symptome zeigen, wenn sie nur noch zu dreissig Prozent funktionstüchtig sind. Der Durchschnittsschweizer reagiert nun, indem er sagt: Ich habe ja keine Symptome, wozu soll ich irgendwas für meine Gesundheit tun? Und das ist nicht ganz richtig – das ist so, als ob Sie so lange mit Ihrem Auto unterwegs sind, bis das Öl eingedickt und voller Metallabrieb ist.»

Wir werfen einen Blick in die Runde, in das offene, einladende Foyer mit seinen zahlreichen Schwemmholzskulpturen und fragen uns, wie man dieses Problem wohl angehen könnte. 

«Es ist natürlich nicht so, dass Leute sich bewusst selber kaputt machen wollen – es handelt sich schlicht und einfach um fehlendes Wissen. Fehlendes Wissen kann man nur mit Informationen kompensieren. Das heisst, wenn die Menschen wüssten, was sie tun könnten, würden sies auch tun. Meistens wissen sie das aber nicht – und das ist unser Ansatzpunkt. Aus diesem Grund haben wir hier auch fünf Ärzte angestellt, die in verschiedenen Bereichen der Gesundheitsprävention tätig sind. Das beinhaltet auch das «better aging». Wir versuchen ja nicht nur gesünder, sondern auch schöner alt zu werden. Heute ist es so, dass die Schweiz Japan überholt hat: Wir haben in der Schweiz die höchste Lebenserwartung. Alt werden wäre schön, wenn man gesund alt werden könnte. Wir möchten dafür sorgen, dass die Leute gesünder sterben und bis dahin schöner bleiben. Da stellt sich natürlich die Frage «was benötigt man dazu?» und dort geht es um das Yin-Yang von Körper und Geist, das hier auch eine Rolle spielt und das wir versuchen, in ein Gleichgewicht zu bringen. 

Im Prinzip leben wir doch im schönsten Land der Welt, am schönsten Ort, den es gibt – hier am Thunersee.

Wir sind hier in der westlichen Welt sehr stark auf ein Hilfsverb fixiert – das ist «haben». In Asien hingegen ist man auf ein anderes Hilfsverb fixiert – das ist «sein». Bei uns ist da vielleicht etwas viel «haben», dabei geht es um ein Gleichgewicht zwischen sein und haben, das heisst, um eine ausgeglichene Work-Life-Balance, damit man mit sich selber besser auskommt, damit man mehr Lebensqualität hat.» 

Hauenstein führt uns durch den Deltapark-Komplex und demonstriert, wie er Herr und Frau Schweizer davon überzeugen möchte, dass das Gute tatsächlich so nahe liegt:

«Viele Schweizer nehmen ihre Ferien zum Anlass, möglichst weit wegzugehen. Den Tag, an dem sie verreisen – womöglich in Zürich am Flughafen –, den können sie abbuchen, dieser Tag hat mit Erholung nichts zu tun. Den Tag, an dem sie zurückkehren, ebenfalls. So können sie gleich den Erholungseffekt ihrer Ferien wieder eliminieren, denn dieser Tag hat mit Erholung ebenfalls nichts zu tun. Es stellt sich die Frage: Ist es nötig, dass wir die Atmosphäre verschmutzen mit viel zu billigen Flugtransporten? Dass wir ein Vermögen zahlen für Parkgebühren am Flughafen, dass wir weiss Gott wie viel fahren und weiss Gott wie früh schon vor Ort sein müssen für die Sicherheitskontrollen? Im Prinzip leben wir doch im schönsten Land der Welt, am schönsten Ort, den es gibt – hier am Thunersee. Wir wollen darlegen, dass der Entspannungseffekt eines Kurzurlaubs, eines verlängerten Wochenendes hier im Deltapark um einiges effektiver ist, weil wir von jedem Ort der Schweiz in maximal drei Autofahrstunden erreichbar sind. Man kann mit dem Zug kommen und den Stress gleich vollständig eliminieren; und wer möchte, kann sogar mit dem Schiff anreisen.»

So ist es denn auch – der Deltapark hat eine eigene Anlegestelle, aber nicht nur das. Peter Hauenstein führt uns durch den modern gehaltenen Spa-Bereich des Deltaparks, in dem sich die Schweizer Alpen, die Savanne Afrikas und die Inseln Polynesiens treffen und dem Gast eine einzigartige, entspannende Umgebung bieten. Hauenstein erklärt uns, wie eng seine Philosophie als Gastgeber und Bauherr mit der Natur und der Landschaft selber verbunden ist:

«Hier gehts darum, die Leute mit einer autarken Infrastruktur in eine andere Welt hineinzubringen und ein Entspannungsgefühl entstehen zu lassen. Auch mit den dezenten Farben will man die Leute beruhigen, damit Erholung stattfinden kann. Das hat viel mit Formen, Farben und Philosophie zu tun. Wir sind zwischen zwei Naturschutzgebieten, auf einem geologisch sehr jungen Areal – vor etwas mehr als dreihundert Jahren war hier der Thunersee noch siebzig Meter tief, das Flussdelta entstand erst 1714, als die Kander in den Thunersee eingeleitet wurde. Wir haben versucht, die Natur nicht zu vergewaltigen, sondern den Bau in die Natur einzupassen. So wurden etwa die drei grossen Betonpyramiden nicht als Hotel verwendet, sondern der Nutzung als Wellness-, Fitness- und Diagnosezentren zugeführt.» Er fügt schelmisch an: «Normalerweise müssten Sie für solche Pyramiden bis nach Gizeh fahren und dort würden Sie feststellen, dass diese Pyramiden nicht für die Lebenden, sondern für die Toten gebaut wurden.»

Der Kontrast zu den Grabmälern von Gizeh könnte grösser nicht sein als hier zwischen den grünen Wäldern und Wiesen, dem malerischen Thunerseeufer und der mit viel Liebe zum Detail und einem Auge für natürliche Harmonien gestalteten Spa-Landschaft. 

«Der Gast kann hier 14 Tage Ferien machen, in denen ihm nie langweilig wird – er hat alle Anbindungen und alle Infrastruktur hier. Man kann jeden Tag etwas anderes machen, es hat verschiedene Saunen und Dampfbäder, es hat Innen- und Aussenbäder, diverse Anwendungen und medizinische Check-ups. Das heisst, Sie können hierherkommen, gleich wie Sie jedes Jahr das Auto in den Service geben, damit es nicht kaputtgeht. Vielleicht sollte man sich selber ja dieselbe Vorsorge angedeihen lassen, wie man sie beim Auto als selbstverständlich erachtet.»

Hauenstein wird nachdenklich – und denkt auch schon weiter. Die persönliche Gesundheit ist schliesslich das eine, aber der Mensch ist nicht allein auf Erden und Hauenstein plädiert dafür, dieser Tatsache mehr Beachtung zu schenken: 

«Unsere Gesundheit ist wie die Erde – wir haben nur die eine und sollten uns überlegen, wie wir damit umgehen. Hier versuchen wir, mit der Umgebung in Einklang zu leben. Wir haben Bäume gepflanzt und respektieren die Artenvielfalt. Unser botanischer Lehrpfad mit einheimischem Gehölz für den Vogelschutz weist keine Lichtabstrahlung gegen oben auf, damit die Vögel nicht irritiert werden. Vielleicht möchte der eine oder andere gerne mehr Licht auf dem Parkplatz, aber wenn Sie einen Vogel fragen... Wir müssen zusehen, dass unsere Welt im Gleichgewicht bleibt und wir nicht mehr brauchen, als uns zur Verfügung steht – wir haben schliesslich keine Erde 2.0.» 

«Wir müssen zusehen, dass unsere Welt im Gleichgewicht bleibt und wir nicht mehr brauchen, als uns zur Verfügung steht – wir haben schliesslich keine Erde 2.0.» 

Hinterlassen Sie einen Kommentar

* Erforderlich