Alphornbläserin Christine Amstutz
Alphornbläserin Christine Amstutz
Ungeplant, man könnte sagen zufällig, ist Christine Amstutz vor fast 40 Jahren zum Alphorn gekommen. Sie übte auf der Orgel für ihren Dienst an einer Pfarrinstallation in Reichenbach.
Text: Barbara Zanetti | Fotos: zvg
Beat Künzi, im Juli wird für Sie ein Kindheitstraum wahr. Sie spielen im Musical-Klassiker CATS mit, der vom 12. Juli bis 24. August auf der Thuner Seebühne aufgeführt wird. Warum ist CATS ein Kindheitstraum?
Ganz einfach: CATS war eines der allerersten Musicals, die ich als Jugendlicher gesehen habe. Ich kannte ja bereits die Musik – insbesondere der Hit «Memory», den die alte Katze Grizabella singt, begleitete mich viele Jahre. Nun selbst in diesem für mich so prägenden Musical auf der Bühne stehen zu dürfen, ist toll! Als Laie in einer professionellen Produktion mitwirken zu dürfen, macht mich sehr stolz. Die Bühne – und insbesondere die Thuner Seebühne – bringt eine riesige Faszination mit sich. Das Gefühl, vor einem so grossen Publikum im Rampenlicht zu stehen, ist einmalig. Und macht süchtig (lacht).
Welche Rolle spielen Sie in CATS?
Ich bin als Chormitglied Teil des Ensembles. Welchen Charakter meine Katze haben wird, wird sich bei den Proben herausstellen. Ich bin sicher, dass sich unsere Regisseurin und Choreografin Kim Duddy etwas Tolles ausgedacht hat.
Auf körperlicher Ebene entfaltete das Alphornblasen für Christine Amstutz eine ungeahnte heilsame Wirkung. Sie war damals wegen Hyperventilation in ärztlicher Behandlung. Mehrere Wochen nachdem sie begonnen hatte, das Horn zu blasen, stellte der Arzt fest, dass das Hyperventilieren vollständig verschwunden war. Ihm war bekannt, dass das Alphorn ein Therapieinstrument sein kann, auch für Asthmatiker:innen.
Auftritte und Engagements
Im Jahr 2022 zählte Christine Amstutz gegen 50 Auftritte mit dem Alphorn. Ohne Website und Werbung wurde sie in all den Jahren immer bekannter, nur durch Mund-zu-Mund-Propaganda. Es begann damals mit Anfragen aus dem Bekanntenkreis – ob sie bereit wäre, bei einer Hochzeit draussen das Horn zu blasen, nachdem sie bei der kirchlichen Trauung Orgel gespielt hatte. Vielen Menschen machte sie das Geschenk, bei Geburtstagen ein Ständchen zu geben. Und sie wurde immer häufiger auch dafür angefragt. Die Entwicklung im ländlichen Raum hin zur Volksmusik anstelle der traditionellen, klassischen Musik in Gottesdiensten und bei Abdankungen kam ihr entgegen und wurde gleichzeitig auch von ihr mitgeprägt, da sie beide Stile gut beherrschte. So wurden zunehmend ihre für die Orgel umgeschriebenen Jodellieder von Adolf Stähli und anderen Jodelkomponist:innen oder ein Alphornstück auf dem Friedhof bei einer Abdankung gewünscht.
Eine Besonderheit entwickelte Christine Amstutz aus einer Notsituation heraus. Es war vorgesehen gewesen, dass sie an einer Hochzeit in der Kirche Aeschi einen Alphornbläser mit der Orgel begleiten sollte. Doch dieser erschien einfach nicht. Sie hatte aber ihr eigenes Horn dabei, weil sie nachher mit ihm noch Stücke im Duo spielen wollte. Nun allein gelassen, wagte sie es, auszuprobieren, Alphorn zu blasen und sich dabei selbst an der Orgel zu begleiten. Zuerst nur mit den Pedalen für die Füsse, was wider Erwarten gut ging. So wurde sie mutiger und übte die eigene Begleitung beim Hornblasen weiter, auch mit der Tastatur für die Hände. Mit der Zeit bereitete es ihr auch Freude, selbst Stücke für das Horn zu komponieren.
So hat die nun schon über 70-jährige Frau von kleiner Statur einen festen Platz in der noch immer von Männern dominierten Welt des Alphornblasens eingenommen. Sie spielt im Duo, in verschiedenen anderen Formationen und in der Alphorngruppe Engstligtal mit bis zu 18 Bläser:innen. Christine Amstutz ist für mich ein eindrückliches Beispiel dafür, was entstehen und wachsen kann, wenn man die Spur der inneren Leidenschaft verfolgt. Wenn wir dem, was uns Freude bereitet und worin wir Fähigkeiten besitzen, Raum geben, so kann Unerwartetes möglich werden.
Dieser tiefe, ruhige Klang, lieblich und getragen, gefiel ihr sehr gut.
Der musikalische Werdegang –
eine Reise mit vielen Instrumenten
In der siebten Klasse brachte der Lehrer eine Violine in den Unterricht. Diese gefiel Christine Amstutz so gut, dass sie das Spiel damit erlernen wollte. Der Lehrer gab ihr eine zum Spielen und unterrichtete sie auch. Später, im Seminar, nahm sie weiter Geigenunterricht bei einer Lehrerin, die intern tätig und bei der der Unterricht obligatorisch war. Da die Chemie zwischen den beiden nicht gut war und sie sich von ihr schikaniert fühlte, hörte sie dann auf damit, und die Violine wurde für immer in den Dornröschenschlaf versetzt. Mehr Förderung und Anerkennung erhielt sie vom Gesangslehrer im Seminar. Für die Musiktheorie entwickelte sie ein besonderes Interesse, ging in die Landesbibliothek und studierte für sich entsprechende Bücher. Mit den daraus entstehenden Fragen wandte sie sich wieder an den Lehrer, und so erwarb sie sich über den Umfang des Musikunterrichts hinaus ein vertieftes Wissen. Gerne hätte sie schon viel früher Klavier gespielt, was aus finanziellen Gründen nicht möglich war. Kaum verdiente sie an der ersten Lehrerinnenstelle in Ersigen genug, ging sie nach Burgdorf in die Musikschule, später dann in das Konservatorium Bern, um Klavier zu lernen.
Als ihr Grossätti starb, machte ihr das Orgelspiel an seiner Beerdigung Eindruck, und sie dachte, es wäre schön, dieses Instrument zu spielen. Sie nahm ersten Unterricht bei Urs Schweizer in Spiez, da sie nun in Aeschi wohnte und unterrichtete. Dieser ermutigte sie, am Konservatorium den Orgelausweis zu machen. Längere Zeit nahm sie dort Stunden bei Edwin Peter. Dann folgten bald Anstellungen als Organistin in verschiedenen Kirchgemeinden in Aeschi und Umgebung. Es würde den Rahmen hier sprengen, im Detail auf die Situationen einzugehen, in denen Christine Amstutz auch noch die Querflöte, das Kornett, den Kontrabass, die Gitarre und das Schwyzerörgeli spielen lernte. Mit Fug und Recht kann man behaupten, dass Musik ihr Lebensinhalt und Lebenselixier bedeutet. Wer sie kennt, weiss: Chrige ohne Musik wäre nicht Chrige. Ein Leben mit der Musik, für die Musik und zur Freude und zum Trost von unzähligen Menschen.
Kontakt
Christine Amstutz
Suldhaltenstrasse 19, 3703 Aeschi
Telefon: 033 654 66 75
christine.amstutz@bluewin.ch