Sabina von Gunten: Vom Metzgen bis zum «Chäsbrätel»

Sabina von Gunten: Vom Metzgen bis zum «Chäsbrätel»

Sabina von Gunten: Vom Metzgen bis zum «Chäsbrätel»

An einem einzigen Tag wird «gmetzget», die Kühe werden gemolken und mit den Kindern entsteht spontan ein «Chäsbrätel» auf dem offenen Feuer: Sabina von Gunten ist Tierärztin, Bäuerin und Familienfrau. Und sie liebt in und hoch über Sigriswil ihre einzigartigen Berufungen. 

Text: Heinz Schürch  |  Fotos: Christine Hunkeler

Im «Schlachthüsli» auf dem Raftplatz in Sigriswil vakuumieren Sabina von Gunten und Res Santschi fein säuberlich Fleisch eines geschlachteten Rindes vom eigenen Hof. «Ich bin froh, dass wir alles hier machen können und es das ‹Schlachthüsli› dank Res überhaupt noch gibt. Denn was gibt es Besseres als frisches Fleisch direkt aus unserer herrlichen Region?», schwärmt Sabina von Gunten während ihrer Arbeit. Aber sie ist doch Tierärztin. Wie kommt sie dazu, hier an der Vakuumierungsmaschine zu stehen? «Ich kombiniere meinen ursprünglich gelernten Beruf mit der damit verbundenen Arbeit», sagt sie und ihre Augen leuchten. Denn die Schaffensfrau liebt genau diese Kombination.

 

Die Liebe im Doppelpack

 

Ursprünglich kommt die 43-jährige Sabina von Gunten aus Pratteln. Als der Entschluss damals gefasst war, dass sie Tierärztin werden wollte, kam für sie als Ausbildungsort nur Bern in Frage. «Schon damals liebte ich die Nähe zu den Bergen, zum Thunersee und zu dieser ursprünglichen Landschaft. So herrlich, denn schon nur wenn ich heute nach Bern an eine Weiterbildung gehe, ist die Heimkehr für mich das Schönste.» Das ist die eine Liebe – die andere ist ihr Mann Adrian, den sie Ende der Neunzigerjahre während ihrer Einsätze als Landtierärztin kennenlernte. «Ja, mein Adrian hat mich zur Sesshaftigkeit geführt. So wurde ich auch zur Bäuerin und Familienfrau.»

 

Das Management Sabina von Gunten

 

Mittlerweile sind wir in der Schlieregg auf dem Hof der von Guntens angelangt. Sabina von Gunten legt sofort die Kisten mit dem vakuumierten Fleisch fein säuberlich in den Kühlschrank. Anschliessend zieht sie die Stiefel an und geht in den Stall zur Kontrolle. Und dann stehen abwechslungsweise auch schon die Kinder Michael (12), David (10) und die beiden 7-jährigen Zwillinge Sophie und Thomas da, um den einen oder anderen Wunsch anzubringen. «Mueti, darf i füürle?», fragt beispielsweise David. «Natürlich darfst – du weisst wo hinter dem Haus.» Jetzt – rund eine Stunde nach ihrem Einsatz im «Schlachthüsli» – ist sie Bäuerin und Familienfrau. «Ja, das ist Management der anderen Art», lacht Sabina von Gunten. Und sie sei von Berufskollegen auch schon so etwas wie belächelt worden. «Aber», sagt die engagierte Frau, «wenn die wüssten, wie fasziniert-natürlich und spontan meine Herausforderungen sind, dann würde wohl mancher neidisch.» Ihre Art, das Engagement und die Bodenständigkeit passen zur Region Sigriswil. Sie spürt, dass sie geschätzt wird. Mitunter war ihr Engagement auch der Grund, dass ihr die Sendung «SRF bi de Lüt» einen Porträtbeitrag widmete.

 

 

 

Natürlichkeit und Landschaftsliebe 

 

Genau so, wie sie mit dem Filmteam umging, fand auch die Reportage für ThunerseeLiebi statt. «Ich mache einfach nichts anderes, als wenn ich arbeiten würde, eine gestellte Szene mit mir will ich nicht», sagt sie. Authentisch und natürlich – so entstanden denn auch die Fotos zu dieser Reportage. Doch trotzdem weiss Sabina von Gunten, dass es nicht unmöglich ist, auch mit der Zeit zu gehen. «Allerdings», mahnt sie, «darf der Wunsch zum Modernen nicht die Verwurzelung der Ureigenheiten der Region zerstören.» Deshalb wünscht sie sich, dass man sich dessen in Sigriswil stets bewusst ist und zu den Dörfern und der herrlichen Landschaft Sorge trägt.

«Schon damals liebte ich die Nähe zu den Bergen, dem Thunersee und zu dieser ursprünglichen Landschaft.»

Familienfrau und Gastgeberin

 

«Nein, Sophie, nicht mit diesem Beil. Das ist zu gefährlich.» Stets ist Sabina von Gunten wachsam und sieht ständig, was ihre vier Kinder tun. «Als Familienfrau habe ich grundsätzlich die gleichen Aufgaben wie alle anderen Mütter dieser Welt. Doch der Unterschied ist, dass unsere Kinder uneingeschränkt in der freien Natur aufwachsen», sagt sie und ergänzt: «Das prägt Kinder anders – ich bin davon überzeugt, dass sie so selbständiger werden und mehr Eigenverantwortung entwickeln.» A propos: Das Feuer von David ist mittlerweile vorhanden. Zeit für eine Zwischenverpflegung: Sabina von Gunten holt Zweige, Brot und frischen Käse und macht für die Kinder «Chäsbrätel».

Jetzt, wenn der Sommer kommt, wird Sabina von Gunten übrigens noch zusätzlich zur Gastgeberin: Unter dem Motto «Gastfründleche Burehof Schlieregg» (www.schlieregg-burehof.ch) bietet die Familie von Gunten vorwiegend für Gruppen Events mit regionalen und hofeigenen Produkten an. 

Doch nun – nach rund zwei Stunden Gespräch – heisst es Abschied von der Schlieregg zu nehmen. «Es wird Zeit zum ‹Zvieri› auf dem Hof und ich werde jetzt das Wasser aufsetzen.» Allerdings etwas gibt es noch für den Verfasser der Reportage: Als Geschenk einen feinen Justistaler Alpkäse und für seine Familie unten in der Stadt Thun kauft er etwas vom frischen Fleisch ein.

 

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