Die Kastanie – ein Alleskönner

Die Kastanie – ein Alleskönner

Die Kastanie – ein Alleskönner

Herbstzeit ist Marronizeit! Auf verschiedenste Arten zubereitet, versüssen uns Marroni die kürzer werdenden Tage und sind erst noch gesund. Aber was genau ist der Unterschied zwischen Marroni, Ess- und Rosskastanien?

Text: Lisa Inauen  |  Fotos: zvg

Blickt man beim Herbstspaziergang aufmerksam ins farbige Laub, finden sich oft grosse, dunkle Nüsse auf dem Boden. Rund um den Thunersee handelt es sich dabei mit grosser Wahrscheinlichkeit um Rosskastanien. Aber Achtung – Rosskastanien sind nicht essbar!


Kastanien, Marroni oder Rosskastanien? 

Jeden Herbst stellt sich wieder die Gretchenfrage: Wo genau liegt nun der Unterschied zwischen Kastanien, Marroni und Rosskastanien? Es handelt sich um zwei Baumarten, Edel- und Rosskastanie. Die beiden Baumarten sind nicht miteinander verwandt, die Edelkastanie gehört zu den Buchengewächsen, die Rosskastanie zu den Rosskastaniengewächsen. Der Baum der Rosskastanie wächst auch in den Gebieten um den Thunersee. Rosskastanien haben dicke Dornen und enthalten viel Gelbsäure. Sie sind deshalb zum Verzehr ungeeignet, werden aber oft zum Basteln oder als Tischdeko verwendet. Bei Esskastanien, die meist einfach als Kastanien angeboten werden, handelt es sich um eine essbare Edelkastanie. Die Stacheln sind feiner als jene der Rosskastanie, die Nüsse sind einseitig abgeflacht. Esskastanien sind kleiner, dunkler und runder als Marroni.

Marroni werden oft mit Kastanien gleichgesetzt. Allerdings handelt es sich um eine Weiterzüchtung der Edelkastanie mit intensiverem Aroma und mehr Süsse. Sie lässt sich besser schälen, ist grösser und hat eine herzförmige Unterseite.

Die Baumarten lassen sich am besten an den Blättern unterscheiden: Die Edelkastanie hat ein einfaches, die Rosskastanie ein handförmig zusammengesetztes Blatt. Zudem enthalten die Früchte der Edelkastanie meist drei Samen, die Rosskastanien hingegen nur einen.

Die Rosskastanie 

Im Frühling weist die Rosskastanie prächtige Blüten, im Herbst stattliche Früchte auf. Der bis zu 30 Meter hohe Baum kommt in fast ganz Europa vor. Obwohl die Rosskastanie nicht essbar ist, kann sie von grossem Nutzen sein. Aus den Samen lässt sich ein Wirkstoff gewinnen, der gegen chronische Venenbeschwerden (Veneninsuffizienz) und bei Krampfadern hilft. Entsprechende Salben, Gels, Kapseln oder Tabletten ersetzen allerdings keine Standardtherapie und können lediglich milde Symptome – beispielsweise leichte Schwellungen der Knöchel oder Schweregefühl in den Beinen – mindern. Da die Rosskastanie auch entzündungshemmend und venenverstärkend wirkt, kann sie auch bei Geschwüren, Hämorrhoiden oder Rheuma eingesetzt werden. Bei Ödemen in den Beinen kann sie eine gefässabdichtende Wirkung entfalten. Rosskastanienpräparate gibt es zur innerlichen wie auch äusserlichen Anwendung in Form von Tinkturen und Cremes, die aus dem im Samen enthaltenen Saponingemisch, einem Wirkstoffkomplex bestehend aus mehr als 30 verschiedenen Einzelsubstanzen, gewonnen werden.

Die Esskastanie 

Auch die Esskastanie ist viel mehr als nur eine herbstliche Köstlichkeit. Sie hat das Zeug zum Grundnahrungsmittel, da sie sehr sättigend, glutenfrei und basisch ist. Sie enthält eine Vielfalt an Inhaltsstoffen: Kohlenhydrate, Eiweiss, Ballaststoffe sowie unzählige Vitamine und Mineralstoffe. Zudem hat die Kastanie im Vergleich zu anderen Nüssen mit knapp 2% einen relativ geringen Anteil an Fetten.

Sie kann zudem ähnlich variantenreich wie die Kartoffel zubereitet werden – und nicht nur geröstet oder gekocht, wie viele meinen. Am bekanntesten sind Esskastanien als Rohstoff für Vermicelles und Marrons glacés sowie glasiert als wichtiger Bestandteil von Wildgerichten. Kastanienflocken, Kastanienchips, Kastanienaufstriche, Kastanienmilch, Kastanienbier – der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Besonders für Menschen mit Glutenunverträglichkeit stellt das Kastanienmehl, aus dem Back- und Teigwaren wie Brot oder Nudeln, aber auch Desserts hergestellt werden können, eine gute Alternative dar.


Die Esskastanie hat das Zeug zum Grundnahrungsmittel, da sie sehr sättigend, glutenfrei und basisch ist. 

Vergessen gegangenes Grundnahrungsmittel

Auch die Esskastanie stammt wie die Rosskastanie aus dem Kaukasus und verbreitete sich mit der Expansion der Römer in ganz Europa. Lange bevor Kartoffel und Mais in Europa bekannt waren, galt sie als «Brot der Armen», war unentbehrliches Grundnahrungsmittel für eine breite Bevölkerungsschicht. Mit der Verbreitung der Kartoffel und dem Eisenbahnbau, der den Import von Reis und anderem Getreide billiger machte, verlor die Kastanie im 19. Jahrhundert an Bedeutung. Oft wurden Edelkastanienhaine zugunsten von Weideland gerodet. Heute erfolgt der Anbau besonders in mediterranen Ländern wie Italien, Spanien, Frankreich, der Türkei oder Portugal. Die Erntezeit beginnt im Herbst und reicht bis November oder Dezember – je nach Kastanienart.

In der Schweiz wachsen Esskastanien zu 98 % auf der Alpensüdseite. Vor allem im Wallis, im Chablais, oberhalb von Morges am Genfersee, im Tessin entlang der wärmenden Mittellandseen und im St. Galler Rheintal finden sich Edelkastanien, oft an steilen Süd- bis Westhängen. Auf der Alpennordseite sind sie nur spärlich in Gebieten mit mildem See- oder Föhnklima zu finden.

Herbstliche Kastanienfeste

Auf der Alpennordseite gehen die Edelkastanienbestände unter anderem aufgrund der Kastanienrindenkrankheit und der Kastaniengallwespe immer weiter zurück. Es werden aber Anstrengungen unternommen, die Edelkastanienhaine als Teil der Schweizer Kulturlandschaft wiederherzustellen. Im Freilichtmuseum Ballenberg am Brünigpass gibt es im Tessinerhaus eine Ausstellung zur Kastanienkultur. Vielerorts werden zudem im Herbst Kastanienfeste gefeiert. So gibt es die «Fête de la Châtaigne» in Fully im Unterwallis, die «Chilbi» in Murg am Walensee oder die «Chestene-Chilbi Greppen» am Vierwaldstättersee. Solche Feste lassen sich gut mit Spaziergängen oder Wanderungen in den nahe gelegenen Kastanienwäldern, in denen auch Tafeln mit Informationen über Kastanien und deren Kultur vorhanden sind, verbinden. 

Besonders beliebt sind Marroni glasiert als Beilage zu Wildgerichten. Sie machen sich aber auch als Vorspeisen sehr gut, wie die folgenden Rezepte zeigen.

Marroni-Pancakes mit Egli und Salbei

Zubereitung (ergibt ca. 20 Stück)

Mehl, Backpulver und Salz in einer Schüssel vermischen. Buttermilch hinzufügen und glatt rühren. Im Anschluss Eier, Sauermilch und gehackte Marroni hinzugeben und zu einem glatten Teig verrühren. Zum Schluss die flüssige, aber nicht heisse Butter hinzugeben. Den Teig ca. 30 Minuten ruhen lassen. Eine Crêpespfanne mit Öl erhitzen. Mit einer kleinen Schöpfkelle den Teig portionsweise in der Pfanne bei mittlerer Hitze backen. Wenn der Teig in der Pfanne fest wird, Pancakes wenden und die andere Seite ebenfalls backen. Anschliessend mit einer Ausstechform von ca. 4 Zentimeter Durchmesser Mini-Pancakes ausstechen und auf die Seite legen.

Die Aubergine waschen, längs in ca. 4 Millimeter dünne Scheiben schneiden und ebenfalls mit einer runden Form von ca. 4 Zentimeter Durchmesser ausstechen. Eine Pfanne mit Butter und den Salbeiblättern auf mittlerer Stufe erhitzen, die Auberginenstückchen auf beiden Seiten würzen und goldbraun braten. Den Fisch in kleine viereckige Stücke schneiden, mit Salz und Pfeffer würzen und in der Pfanne mit Butter goldbraun braten. Zum Schluss Pancakes mit einer Aubergine, einem Stück Fisch, einem Salbeiblatt und nochmals einem Pancake belegen.

Für den Teig:

80 g Dinkelweissmehl
50 g Marronimehl,
1 TL Backpulver
1 TL Meersalz 200 ml Buttermilch
2 Eier 50 ml Sauermilch
160 g Marroni
20 g Butter
Olivenöl

Für die füllung: 

1 Aubergine
20 Salbeiblätter
 4 Egli-Filets
Butter Meersalz
Pfeffer

Gefüllte Zucchettistreifen mit Kräuterseitling- Marronimousse

Zubereitung (ergibt ca. 20 Stück)

Zucchetti der Länge nach in ca. 2 Millimeter dicke Streifen schneiden. Schalotte, Knoblauch und Pilze in kleine Würfel schneiden. Rahm steif schlagen. Schalotten zusammen mit dem Knoblauch in einer Pfanne mit Öl andünsten, Pilze hinzugeben, kurz mitdünsten, Marroni beigeben und danach mit Weisswein ablöschen. Kurz einreduzieren lassen und mit der Bouillon auffüllen. Das Ganze für 15 Minuten auf mittlerer Stufe mit geschlossenem Deckel köcheln lassen. Danach alles mit dem Stabmixer pürieren. Anschliessend mit Salz und Pfeffer abschmecken.

Die Gelatine in kaltem Wasser einweichen, bis sie richtig weich ist, gut ausdrücken und in der noch warmen Pilzmasse auflösen. Die Masse über einer Schüssel mit Eiswasser kalt schlagen, bis die Gelatine zu stocken beginnt. Sofort den steifen Rahm unter die Pilz-Marronimasse heben.

Die Zucchetti salzen und in einer Bratpfanne mit Öl auf beiden Seiten anbraten, herausnehmen und abkühlen lassen. Zum Schluss die Mousse auf die Zucchetti verteilen und vorsichtig einrollen.

Zutaten:

4 Zucchetti
1 Schalotte
1 Knoblauchzehe
130 g Kräuterseitlinge
100 ml Vollrahm
70 g Marroni gekocht
30 ml Weisswein
150 ml Bouillon
1 Blatt Gelatine, Meersalz Pfeffer aus der Mühle

Steinpilz-Marroni-Suppe

Zubereitung (für 8 Personen)

Champignons in Scheiben schneiden, Schalotten hacken und kurz in der heissen Butter andünsten. Mit Salz und Pfeffer würzen. Mit Weisswein ablöschen und aufkochen. Wasser, getrocknete Steinpilze und Marroni beigeben. 15 bis 20 Minuten köcheln. Einige Marroni herausnehmen und warm stellen. Die Suppe pürieren und nochmals aufkochen. Rahm dazugeben. 

Rehschnitzel in feine Streifen schneiden. Mit Salz, Pfeffer und Steinpilzöl marinieren. Rehstreifen, dünne Steinpilzscheiben und beiseitegestellte Marroni auf vorgewärmte Suppenteller setzen. Direkt am Tisch mit der heissen Suppe übergiessen.

Tipps

Getrocknete Steinpilze durch getrocknete Herbsttrompeten ersetzen. 

Es lohnt sich, eine grosse Menge herzustellen. Die Suppe hat Saucenqualität und kann (ohne Rahm) auch portionenweise eingefroren werden. Rahm vor dem Aufkochen beifügen.

In einem mehrgängigen Menü sollte die Suppe eher ein Süppchen sein – nicht zu viel, nicht zu schwer und so gut, dass der Gaumen nach mehr verlangt.

Zutaten: 

200 g Champignons oder Waldpilze,
1 EL Schalotten
50 g Butter
Salz
Pfeffer
Weisswein
600 g Wasser
20 g getrocknete Steinpilze
150 g Marroni, tiefgekühlt
 300 g Rahm
1 frischer Steinpilz
50 g Rehschnitzel
wenig Steinpilzöl
 Haselnussöl oder Olivenöl

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