Viel Traditionelles in 500 Jahre altem Holz
Viel Traditionelles in 500 Jahre altem Holz
Im Gasthof Sternen in Aeschi ging bereits viel Prominenz ein und aus. Der ursprüngliche Bau aus dem Jahr 1531 gilt als schützenswertes Objekt. Die Besitzerfamilie Hari pflegt das Traditionelle wie auch die gutbürgerliche Küche.
Text & Fotos: Beat Straubhaar
Stattlicher Blockbau
Die Geschichte des heutigen Gasthauses ist bruchstückartig überliefert. Der typische Bau aus der Frührenaissance mit den einfachen Formen wurde sicher als Bauernhaus erstellt. Die Heidenkreuze an der Fassade weisen darauf hin, dass die ersten Bewohner Heiden waren. Zeitweise diente das Gebäude mit einem öffentlichen Ofen den Dorfbewohnern als Bäckerei, aber auch als Waschhaus. Der stattliche Blockbau mit schwach geneigtem Satteldach wurde mehrfach verändert, Anfang des 19. Jahrhunderts sogar nach Nord-Westen erweitert und massiv gebaut. Mit dem Bau der Strasse von Spiezwiler über Hondrich Mitte des 19. Jahrhunderts fanden sich in Aeschi vermehrt Fremde ein und 1898 gründete das Dorf den Verkehrsverein. Nur vier Jahre später ersuchte ein gewisser Jakob Stalder um die Erteilung eines Wirtepatents. Da aber die Lokalität nur über 2,1 Meter hohe Räume verfügte, verweigerte der Kanton das Patent vorerst.
55 Jahre Familie Hari
Dora und Peter Hari-Zimmermann aus Adelboden erwarben 1959 den Sternen und führten ihn von 1960 bis 2003. Peter war Landwirt und nutzte die landwirtschaftlichen Flächen, die zum Restaurant gehörten. Dora, im Gasthaus Rohrbach aufgewachsen, nahm sich vor allem dem Restaurant an. In den über 40 Jahren als Gastwirte im Sternen gelang es ihnen, die traditionsreiche Vergangenheit mit einmaliger Gastlichkeit zu verbinden. Mit zahlreichen Umbauten und Renovationen und dem Anbau des grossen Speisesaals im 1967 mit Aussicht auf den See sowie dem Ausbau der Sternenstube, sieben Jahre später, gaben die beiden dem Gasthaus ein neues Gesicht. Bewahrt wurde aber der Kern mit dem ursprünglichen, fast 500 Jahre alten Holz. Bis die Gemeinde Aeschi einen Gemeindesaal und die Turnhalle baute, fanden die Gemeinderatssitzungen und -versammlungen im Sternen statt. Vereine wurden hier gegründet, im ehemaligen Saustall war der Schwingkeller untergebracht und die Musik probte für ihre Auftritte. Damals wie heute gingen und gehen Bundesräte ein und aus – sogar dem General war es wohl in den altehrwürdigen Stuben. Sein Konterfei ziert heute die Gaststube. Vor acht Jahren wurde der Bauernbetrieb aufgegeben und im 2003 haben die Geschwister Doris und Urs Hari den Betrieb ihrer Eltern übernommen. Die neue Chefin ist Hotel- und Reisefachfrau und ehemalige Flight Attendant, ihr Bruder sorgt fürs Währschafte aus der Küche. Mutter Dora, im 85sten Altersjahr, hilft noch täglich – sehr zur Freude ihrer Nachfolger.Der Tradition verpflichtet
Das persönlich geführte, traditionelle Gasthaus setzt auf eine gutbürgerliche Küche. Urs Haris Spezialitäten sind traditionell auf viel Fleisch aufgebaut, hier drückt der Metzger durch. Dass der Chef kocht, wissen nicht nur die Stammgäste aus dem Dorf zu schätzen. Geniesser kommen aus der ganzen Schweiz, sei es privat oder als Busreise-Gäste. Vor allem bei deutschen Reiseunternehmen ist der Gasthof ein Geheimtipp. Aber auch für Firmen- und Vereinsanlässe sowie Familienfeste aller Art ist der Sternen beliebt. Seit 2006 gehört das Gästehaus Seeblick, vier Fussminuten vom Sternen entfernt, mit renovierten Gästezimmern im Dreistern-Komfort dazu.
Dass in der Familie Hari viele ausgezeichnete Schützinnen und Schützen vertreten sind, fällt bei einem Besuch des Restaurants sofort auf. Eine Fülle von Trophäen und Kränzen gibt den währschaften Stuben ein unverkennbares Cachet – traditionell und zur gutbürgerlichen Küche passend.
Vereine wurden hier gegründet, im ehemaligen Saustall war der Schwingkeller untergebracht und die Musik probte für ihre Auftritte.
Öffentliche Anerkennung
Im Rahmen der Umsetzung der UNESCO-Konvention zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes wurde die Kantonal Bernische Trophäenausstellung, der Pelz- und Fellmarkt Thun, in Anerkennung und Würdigung für die geleisteten Arbeiten im kulturellen Bereich, im Frühjahr 2012 in die Liste lebendiger Traditionen des Kantons Bern aufgenommen.
Vom Markt zur Messe
Im Jahr 2018 gab es einen Umbruch beim Traditionsanlass der Berner Grünröcke. «Wer nicht mit der Zeit geht, der geht mit der Zeit». Diese Überlegung wird sich das Organisationskomitee gemacht haben, als es den Entschluss gefasst hat, den Jägeranlass in Zukunft nicht mehr in der Thuner Innenstadt, sondern neu ab dem Jahr 2018 auf dem Areal der Expo Thun AG durchzuführen. Der Umbau und zugleich die Verkleinerung des Ausstellungssaals für die Trophäenausstellung im Hotel Freienhof, die immer ansteigenden Kosten für die Infrastruktur und gesetzlichen Auflagen für einen eintägigen Anlass, haben zu diesem Entscheid geführt. Von Beginn an war es den Verantwortlichen klar, dass das Jägerfest in Thun ein neues Bild abgeben wird und einen neuen Charakter bekommt.
Mit diesem Entscheid hat man den Schritt, weg vom traditionellen Markt, neu zur Messe gewagt. Nach zweimaliger Austragung (2018/2019) darf festgehalten werden, dass den Verantwortlichen der Spagat gelungen ist und die Jägerschaft, Jagdinteressierte und die nicht jagende Bevölkerung sich gefunden haben. Die Feststellung, dass sich in den Anlagen der Expo Thun AG während des Jägerfestes nicht nur Jäger sondern auch übrige Interessierte eingefunden haben, ist erfreulich. Die ansteigenden Besucherzahlen bestätigen diese Aussage. Auch am neuen Austragungsort stehen der Pelz- und Fellmarkt, die Kantonal Bernische Trophäenausstellung, Demos zu jagdlichen Themen und Bilder oder Naturausstellung im Zentrum des Events.
Zum Schluss
Nicht immer ist es einfach, neue Wege zu gehen und dabei von Beginn an Erfolg zu haben. Von den Verantwortlichen gehört viel Mut dazu, Risiken einzugehen und etwas Neues aufzubauen. Gerade ein Traditionsanlass wie es die «Olympiade» der Berner Grünröcke in Thun ist, braucht für die Veranstalter viel Ausdauer, Energie und Überzeugungskraft. In welcher Form der Anlass auch stattfindet, wichtig ist, er verschwindet nicht aus der Kulturlandschaft von Thun!