Das «Schwert» in Thun: Gnagi trifft auf Prada

Das «Schwert» in Thun: Gnagi trifft auf Prada

Das «Schwert» in Thun: Gnagi trifft auf Prada

Ob verträumter Romantiker, passionierter Beizengänger, zivilisierter Zecher, neugieriger Vegetarier, umgänglicher Trendsetter oder pointierte Prada-Trägerin… das «Schwert» in Thun lieben alle. Auch Fremde. 

Text: Martin Jenni  |  Fotos: Christine Hunkeler

Das Hotel Restaurant Schwert ist ein Bild von einem Gasthaus. Die gute Stube ist schlicht und patiniert – kein Folkloreplunder verunstaltet das Innenleben. Die Beiz liegt selbstbewusst hinter den Arkaden an der Unteren Hauptgasse in Thun und verströmt ein behagliches Nestgefühl. Schon der Eingang, die Fenster und der flüchtige Blick ins In- nere schaffen Vertrauen, das einem auch am Tisch nicht abhanden kommt. Das Angebot zeugt von einem innovativen Koch, von Frische und saisonalem Denken. So lockt der regionale Spargel tatsächlich im Mai und zum Kalbsbraten gesellen sich keine Büchsenpilze, sondern frische Morcheln. Selbst der Zander hat vor seinem Ableben seine Runden in heimischem Gewässer gedreht, bevor er bei Christian «Chrigu» Baumann im Ofen landet und subtil gewürzt in der Folie gart. Immer zu haben sind Mistkratzer und Gnagi mit Brot oder mit Erbsensuppe. Klassiker, die seit jeher zum «Schwert» gehören. 

 

Hausverbot für den Gemüseteller

Seit vier Jahren haben die Geschäftspartner Dana Ebert und Andreas «Endo» Schäublin das «Schwert» als stilvolle Beiz mit ansprechender Küche neu positioniert. Seitdem herrscht ein munteres Kommen, Schauen, Urteilen, Essen und Trinken. Statt Handtaschen-Schemel-Kult für die Dame wird hier eine unkomplizierte, grundehrliche Gastfreundschaft zelebriert, die gefällt. Von Beginn an mit dabei ist Christian «Chrigu» Baumann, der je nach Tageslaune seine Markteinkäufe vermischt und sich mit seinen Kombinationen manchmal selber überrascht. «Meine Kochideen kommen mir oft spätnachts», sagt er. «Dann, wenn ich nicht schlafen kann oder wenn ich tief schlafend von Brombeeren mit Rahm träume und am nächsten Tag geschmorte Randen mit Meerrettichschaum auf die Karte setze und zuerst gar nicht weiss warum.» Seine Küche verursacht nicht nur Appetit beim Fleischtiger, sondern beleidigt auch keinen Vegetarier mit schlappem Gemüseteller. Polenta mit Tomatenherz auf Rahm-Spitzkohl hört sich nicht nur interessant an, sondern schmeckt auch so. Nicht nur für Vegetarier. Oder Spinatstrudel oder Mönchsbart auf grünem Spargel an einer Senfsauce. Oder…

Wo bleiben die Müssiggänger?

Die von Dana Ebert zusammengestellte Weinkarte überrascht mit Provenienzen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Und Italien? «In Thun findet sich die Italianità hinter jeder Ecke. Da macht es keinen Sinn, dass wir auch noch italienische Weine anbieten», sagt die ausgebildete Sommelière. Recht hat sie. Nur, denken die Thuner auch so? «Sie haben sich an unsere kantige Weinauswahl gewöhnt, wobei wir allzu unbekannte Provenienzen empfehlen und zahlreiche Gäste mit unseren Beschreibungen neugierig stimmen. Die Mutigen getrauen sich – und sind sie erst einmal auf den Geschmack gekommen, bleiben sie unseren Vorschlägen treu.» Alles gut? Was zum «Schwert» auf den ersten Blick nicht passen mag, sind seine knappen Öffnungszeiten. «Zu Beginn hatten wir durchgehend geöffnet, mussten aber einsehen, dass die Thuner bei mildem Wetter lieber vorne an der Aare sitzen. Kommt hinzu, dass die Zeiten der Tagediebe vorbei sind. Zumindest in Thun», sagt Endo Schäublin. «Heute kommen die Gäste mittags und abends zum Essen. Nur selten verirrt sich der eine oder andere Gast ins «Schwert» für einen Aperitif.» Und sonst? Einige schöne Gästezimmer und eine Ferienwohnung runden das Angebot ab und machen es zum idealen Basislager für ein verlängertes Thun-Wochenende. Vornehmlich zwischen Herbst und Frühling. Im Sommer wird das Haus erst dann geschätzt, wenn es so richtig heiss wird und sich die Massen vorne an der Aare auf den Geist gehen. Dann sitzt es sich unter den luftig-schattigen Arkaden angenehm entspannt.

Das lange Fazit

 

Wer im «Schwert» am Tisch sitzt, glaubt wieder an das Gute im Menschen und bestellt vielleicht eine zweite Flasche, lässt das Auto im nahen Parkhaus und zieht sich in eines der Gästezimmer zurück. Was schreiben die drei innovativen Macher auf ihrer Homepage: «In einer der ursprünglichsten Altstadtbeizen von Thun wird Schweizer Küche modern interpretiert und ehrlich aufgetischt, begleitet von kantigen Weinen und persönlichem Service.» Dem ist nichts mehr beizufügen, ausser vielleicht, dass sich der «Schwert»-Frischling für seinen ersten Besuch ans Neuenegger Kalbskotelett hält. Es sei denn, er ist Vegetarier. Dann setzt er sich zwingend mit dem Erbsenflan an einer Morchelsauce auseinander. Wohlan.

 

Kontakt
Schwert
Untere Hauptgasse 8
3600 Thun
Telefon 033 221 55 88
www.schwert-thun.ch

Öffnungszeiten:
Dienstag bis Freitag:
mittags ab 11.45 Uhr,
abends ab 18 Uhr,
samstags ab 18 Uhr.