Die Dittligmühle: Wie sich eine Idee ohne Umwege sofort umsetzen lässt
Die Dittligmühle: Wie sich eine Idee ohne Umwege sofort umsetzen lässt
Die Dittligmühle in Längenbühl liegt weitab von Städten, in denen die Anspannung des beruflichen Alltags überall spürbar ist. Das gilt nicht bloss für die Lage der «Müli»: Fast scheint es, als sei Zeit dehnbar, wenn man sich auf sie einlässt, im Laden, auf einem Betriebsrundgang, im Café. Stress aufzubauen? Unmöglich.
Text: Thomas Bornhauser | Fotos: Thomas Bornhauser, Bern Welcome, zvg
Wer glaubt, in einer alten Mühle seien die Räume verwinkelt, der/die liegt hier absolut richtig. Das Büro von Carmen Bezençon erreicht man erst, nachdem man in einem oberen Stockwerk einige Abstellräume passiert hat und anschliessend eine Art Hühnerleiter hochgeklettert ist. Wir unterhalten uns jedoch nicht hier mit der Geschäftsleiterin, sondern unten in einem grossartig hergerichteten Café, das dem Gast das Alter des ehrwürdigen Gebäudes vor Augen führt.
Innovationspreis Berner Oberland
Ein Viertel des Umsatzes im Laden
Learning by Doing
Hohe Qualität aller Zutaten für ein feines Brot sei das eine, sagt sie, «das ‹Gewusst-Wie› jedoch ist ebenso wichtig». Welche Zutaten braucht es, was sind Vorteige, was Gärzeiten? Was der Unterschied zwischen Hefe und Sauerteig? Wie geht das Formen und das Einschneiden von Brot? Wie funktionieren die dazu benötigten Backwerkzeuge und Maschinen? Vor allem: Was gilt es zu vermeiden? Etwa die Hälfte des Getreides, das die Dittligmühle zu Mehl verarbeitet, ist Bio-Suisse-Weizen. Mit diesem Mehl werden die Coop-Hausbäckereien Ryfflihof, Wankdorf und Heimberg beliefert. Demnächst kommt auch die Migros Aare hinzu, die Backmischungen IP-Suisse im Detailhandel anbieten wird. Biostandardmehle – Weizen, Dinkel – werden auch in kleinen Gebinden im Laden und im Webshop verkauft. «Das Getreide, das wir für Backmischungen und Müesli verwenden, stammt aus Extenso-Anbau», sagt Carmen Bezençon. Das heisst unter anderem, dass keine Wachstumsregulatoren, Fungizide und Insektizide verwendet werden dürfen. Zudem müssen die Betriebe den ökologischen Leistungsnachweis erbringen. Das Wichtigste ist und bleibt, dass das Getreide aus der Umgebung der Dittligmühle kommt.
Die Frage sei gestattet: Was ist gesünder – Weizen oder Dinkel, hell oder dunkel? Dazu Carmen Bezençon: «Grundsätzlich ist kein Mehl gesund oder ungesund, ausser für Menschen mit Zöliakie. Die dunkleren Mehle, egal ob Weizen oder Dinkel, beinhalten die höheren Mineralstoffgehalte und mehr Spurenelemente als die hellen Mehle und enthalten mehr Ballaststoffe, sind also länger sättigend. Ideal für Menschen, die sich nicht viel bewegen.» Ein Sportler, der schnell Energie benötigt und nicht viel Zeit zum Verdauen hat, ist mit einem hellen Brot also besser bedient. Apropos Sport: Simone Niggli ist Botschafterin von «Gantrisch Goldkorn». Und nicht nur das: Die ehemalige Weltklasse-Orientierungsläuferin sei eine hervorragende Bäckerin, wisse aus eigener Erfahrung, wovon sie spreche, wenn sie den Kundinnen und Kunden «Gantrisch Goldkorn» empfiehlt.
Backen ist eine Kunst. Häufig kommt es schon vor dem Gang in den Ofen vor, dass Probleme entstehen, auch wenn man genau nach Rezept vorgeht. Zum Beispiel wenn der Teig zu trocken ist, denn Mehl kann während der Lagerung austrocknen, dies vor allem in den Wintermonaten, wenn geheizt wird, weil das Mehl dann mehr Wasser als sonst aufnimmt. Bei zu trockenem Teig einfach etwas mehr Wasser zugeben. Aber auch das Gegenteil kommt vor, wenn der Teig zu feucht ist und klebt. Dies geschieht in der Regel dann, wenn man den Teig von Hand knetet. Tipp: Teig mit etwas weniger Wasser anrühren als angegeben. Während des Knetprozesses nach und nach wenig Wasser zugeben, bis die Konsistenz perfekt ist. Hat man zu viel Wasser beigegeben, sodass der Teig klebrig wird, muss man etwas Mehl zugeben. Vieles wird auch auf der hervorragend aufgemachten Website der Dittligmühle erklärt – und zwar so detailliert, dass vermutlich keine Fragen offenbleiben.
Wirklich – die Dittligmühle ist eine Welt für sich, die sich kennenzulernen lohnt. Nicht bloss der Produkte wegen.
Die Dittligmühle im Naturpark Gantrisch steht für die Vereinigung von Nostalgie und Innovation. Besuchen Sie die Mühle in Längenbühl, die nur 15 Minuten Fahrzeit von der Stadt Thun und dem Thunersee entfernt ist. Tauchen Sie ein in eine authentische Erfahrungswelt rund um das Thema Getreide, Mehl und Brot. In aussergewöhnlichem Ambiente finden Sie nebst der Schaumühle und dem Nostalgiepark auch die regionalen Produkte im Goldkorn-Shop. Backbegeisterten wird das Herz höherschlagen: 30 verschiedene Backmischungen, über 20 Standardmehle, 5 Müeslimischungen und diverse Cerealien warten darauf, entdeckt zu werden. Zudem gibt es eine Ecke mit auserlesenem Backzubehör und Geschenken. Zusätzlich ist das Selbstbedienungscafé Irmas Mahlwerk in der alten Mahlstube untergebracht. Nebst Getränken und hausgemachten Süssigkeiten finden sich dort auch Antiquitäten, weitere ausgesuchte Einzelstücke und Kunstgegenstände. Auf der Sonnenterrasse des Cafés befindet sich der Nostalgiepark. Ein grosses Wasserrad setzt Transmissionen in Gang und bewegt verschiedene alte Müllereimaschinenteile.
Wer sich mehr für die moderne Mühle interessiert und wissen will, wie Mehl hergestellt wird, ist in der Schaumühle richtig. In einem Film wird Ihnen erklärt, was im Innern der Maschinen abläuft und wie aus dem Korn helles und dunkles Mehl entsteht. Im Videoraum finden Sie weitere Informationen über die Mühle sowie ein Quiz «zum Anfassen» über Getreide und Mehl. Die Besichtigung erfolgt anschliessend selbstständig entlang einem signalisierten Besucherkorridor im Treppenhaus der Mühle. Die im Film erklärten Prozesse können Sie hier nachvollziehen. Infotafeln helfen dabei, die Verarbeitungsschritte zu verstehen. Rechnen Sie für die Mühlenbesichtigung 40 Minuten inklusive Film ein. Ge-
führte Rundgänge dauern etwa 60 Minuten.