Die KABA von 1949 in Thun war ein  Publikums-magnet

Die KABA von 1949 in Thun war ein Publikums-magnet

Die KABA von 1949 in Thun war ein Publikums-magnet

Vollerfolg: Ein Schlagwort, das voll und ganz auf die KABA 1949 zutrifft, auf die Kantonal-Bernische Ausstellung, die vom 17. Juni bis zum 19. September 1949 im Lachen-Areal beim Strandbad Thun stattfand.

Text: Dr. Jon Keller, Historiker |  Fotos: Stadtarchiv Thun, zvg

Sinn und Aufgabe der Ausstellung war es, die Produktionskraft des Kantons Bern und die erzielten Resultate und Produkte einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren, und zwar im Bezug auf alle Aspekte des menschlichen Daseins: von Gewerbe und Industrie über Soziales und Bildung bis hin zu Kultur und Wissenschaft. Und das alles in lockerer Form, indem die Besuchenden gemütlich von Halle zu Halle oder zu Aussenstandpunkten schlenderten, in Ruhe und Musse, wobei auch eine Erfrischung mit Speis und Trank durchaus eingeschlossen war.


Extrazüge, Schiff-Shuttledienst, Autobusse

Vier Jahre nach den schweren und entbehrungsreichen Jahren des Zweiten Weltkrieges (Rationierungsmassnahmen wurden z. T. erst 1948 aufgehoben) liess es sich die schweizerische Bevölkerung nicht nehmen, in der KABA einen hoffnungsvollen Blick in die Zukunft zu richten. Deshalb kamen die Besucher in grossen Scharen: Am Ende der KABA waren es 1496111 Personen, die verbucht werden konnten – eine Riesenzahl. Die SBB setzten 60 Extrazüge ein, wobei wegen Überfüllung Passagiere teilweise auf den offenen Trittbrettern transportiert wurden... Der städtische Autobusbetrieb der Stadt Thun beschaffte damals neue topmoderne Autobusse, welche vom Bahnhof Thun die Besucher zum Ausstellungsgelände beförderten. Ferner wurde auch ein Schiff-Shuttledienst ab dem Thuner Bahnhof und von weiteren Uferorten am Thunersee eingerichtet. Von Mitte August an wurde die KABA wegen grossen Besucheransturms zeitweise auch abends geöffnet.


KABA-Seelein, Forellenteich

Was alles gab es an der KABA zu sehen? Das Angebot war riesig und umfasste alle Bereiche von menschlichen Aktivitäten und Daseinsformen. In weiträumigen Hallen wurden präsentiert: Bildung und Kultur, Gesundheit und Soziales, Landwirtschaft, Jagd, Fischerei, Naturschutz, Gastgewerbe, Essen und Trinken, Industrie, Handel, Verkehr, Kunst, Musik und Malerei, Uhren, Schmuck und Kleidung und natürlich auch Bauen und Wohnen. Aber auch in den Aussenbereichen warteten Attraktionen wie der Forellenteich, das KABA-Seelein und wunderschöne Blumenanlagen. Daneben gab es auch noch temporäre Sonderausstellungen, die nur für kurze Zeit präsentiert wurden, etwa eine Pferdeausstellung, eine Gemüseschau, ein Zuchtstiermarkt und eine Landmaschinenschau. 



Topattraktionen: die KABA- Sesselbahn und Amphibienfahrzeuge

Man höre und staune: Ein Sessellift mit Zweiersesseln und mit einer Streckenlänge von 1,1 Kilometern liess die Besucher gemütlich über die Ausstellung schweben. Die Anlage war in Dreiecksform angelegt, und Fahrten, die circa elf Minuten dauerten, wurden sowohl im Uhrzeiger- als auch im Gegenuhrzeigersinn angeboten. Der Sessellift – ein Produkt der Firma von Roll in Bern – war von derselben Bauart wie die Sessellifte, die früher auf das Niederhorn und auf den Weissenstein verkehrten. Die Fahrt auf dem Sessellift ermöglichte nicht nur einen attraktiven Blick auf die Ausstellung, sondern auch auf die Alpen und den Thunersee.  Pro Stunde konnten in beide Richtungen je 450 Personen befördert werden (total also 900 Personen). Oft musste lange gewartet werden, bis schliesslich ein Sessel eingenommen werden konnte. Nach dem Ende der Ausstellung wurde der Sessellift demontiert und in Wildhaus im Toggenburg wieder in Betrieb genommen als Ersatz für einen Schlittenlift. Die zweite Attraktion und ein Publikumsmagnet waren vier Amphibienfahrzeuge, die zu Land und zu Wasser verkehren konnten und Besucher auf dem KABA-Gelände und eben auch auf dem Thunersee beförderten. Diese Amphibienfahrzeuge stammten aus Beständen der US-Army und fanden Verwendung, als 1944 in der Normandie die Invasion der Alliierten stattfand, um dem Hitlerregime eine Ende zu setzen. Die sieben Tonnen schweren Fahrzeuge konnten 25 Personen fassen. Auf dem Land erreichten sie 80 km/h und auf dem See 15 km/h. An einem Sonntag Ende Augst waren es 4650 Personen, eine stattliche Zahl, die mit den Amphibienfahrzeugen eine Rundfahrt unternahmen.


Events, Events… so auch Vico Torriani  

Neben dem normalen alltäglichen Ausstellungsbetrieb standen auch sehr zahlreiche temporäre Veranstaltungen (die Bezeichnung «Events» war damals noch ungebräuchlich) auf dem Programm. Es fanden viele musikalische Veranstaltungen statt. So sang ein Jugendchor aus Haarlem (Niederlande) oder einmal trat der damals noch junge Vico Torriani auf und an einem anderen Tag gab die Metallharmonie aus Bern ein Konzert. Auch diverse Theaterstücke fanden ein dankbares Publikum: wie das damals weitherum aufgeführte «Schmocker Lisi» von Otto von Greyerz und «Ds Vreneli am Thunersee», welches von Hans Grunder geschrieben wurde. Grunder besass übrigens auf dem heute noch nach ihm benannte Grunderinseli beim Strandbad Thun ein kleines Ferienhäuschen, das bereits vor langer Zeit durch Nachtbuben demoliert wurde. Und keinesfalls zu vergessen die vielen ausgerichteten Sportanlässe und -wettkämpfe: ein Ausstellungsschwinget, ein Boxmeeting, ein Fussballturnier, eine Ruderregatta, das KABA-Schiessen, ein Reitturnier und vieles mehr. Sensationell, wie Zuschauer spontan meinten, war ein Festumzug mit 51 Bildern und 2000 Mitwirkenden, der an zwei Wochenenden durch die Stadt führte. Nicht zu vergessen: Auch ein KABA-Seenachtsfest wurde abgehalten.


Gäste aus China und den USA

Nicht nur die bernische Bevölkerung, sondern auch Prominenz aus nah und fern war unter den KABA-Besuchenden auszumachen. Neben dem bernischen Regierungsrat und dem Grossen Rat, dem National- und dem Ständerat, kamen auch viele Kantonsvertretungen und Vertretungen von Regionen. Nicht zuletzt, weil Landesteiltage wie der Emmentalertag und der Seeländertag, aber auch Kantonstage wie etwa der Tessinertag oder der Graubündnertag durchgeführt wurden. Zu erwähnen ist auch, dass viele Institutionen (ganze 135!) ihre Tagungen und Versammlungen in der KABA abhielten, so der Schweizerische Skiverband oder der Verband Schweizerische Gaswerke und weitere Gewerbevereine. Auch namhafte Firmen wie die Schokoladenfabrik Tobler in Bern und die Maschinenfabrik U. Ammann in Langenthal besuchten die KABA auf ihren Personalausflügen. Aber auch aus dem Ausland waren Gäste zu verzeichnen: Studenten aus China, dann rund 300 US-amerikanische Soldaten mit ihren Familien, die aus amerikanischem Besetzungsgebiet in Deutschland stammten. Aber auch der bayerische Innen- und Polizeiminister Ankenmüller liess es sich nicht nehmen, die Ausstellung zu besuchen.


Kein Smartphone… aber Radio  

1949 kannte man noch kein Fernsehen und kein Smartphone. Umso wichtiger war indessen das Radio. Radio Bern vom Schweizerischen Landessender Beromünster sendete damals sehr oft und ausführlich direkt aus der KABA. Auch in der Presse fand die Ausstellung grossen Widerhall, selbst in der ausländischen Presse, so in Zeitungen aus Belgien und aus Kanada. Schallplatten (die CD war damals noch unbekannt) erfreuten sich grosser Beliebtheit. So konnten auch Platten mit dem KABA-Marsch und dem KABA-Liedli erstanden werden. 

Auch die KABA ging einmal zu Ende (eine Verlängerung war aus organisatorischen Gründen nicht möglich) und sie hallte als Top-Event noch lange nach. Auch finanziell schloss die Ausstellung mit einem Reingewinn ab, der in eine Stiftung floss, deren Ziel die berufliche Ausbildung des Gewerbestandes war. Was sollte mit dem Areal geschehen? Das KABA-Seelein wurde aufgefüllt und der eigens für die KABA erstellte Glockenturm fand eine neue Bleibe in Attiswil. Heute erinnern ein grosser KABA-Findling und die Skulptur «Mädchen mit Ziege» von Heinz Schwarz an die Ausstellung. Zur Nutzung des Areals wurden unter anderem eine totale Überbauung und ein grossflächiger Stadtpark diskutiert. Schliesslich wurden aber Sportstätten erbaut, die noch heute existieren: ein Fussballstadion, Fussballplätze, Tennisplätze und einst noch eine Pferderennbahn.