Geniessen aus dem Garten – Frisches aus der Gartenbauschule

Geniessen aus dem Garten – Frisches aus der Gartenbauschule

Geniessen aus dem Garten – Frisches aus der Gartenbauschule

Die Gartenbauschule liegt etwas oberhalb in Hünibach, im herrlich grünen Chartreuse-Quartier. Die selbstgezogenen Produkte werden zum grössten Teil hier im eigenen Laden und samstags auf dem Markt auf dem Rathausplatz in Thun verkauft. Der Anbau und die Kultivierung der Pflanzen werden konsequent nach den biologisch- dynamischen Grundsätzen betrieben.

Text: Christine Hunkeler  |  Fotos: Christine Hunkeler, zvg

Die Gartenbauschule Hünibach ist Schule, Gärtnerei und Gemeinschaft zugleich. In erster Linie jedoch eine kantonal anerkannte Lehrwerkstätte mit eigenständigem Bildungsauftrag. Aktuell machen hier rund fünfzig Lernende eine Gärtnerausbildung. Es werden verschiedene Fachrichtungen unterschieden wie für Zierpflanzen, Stauden, Garten- und Landschaftsbau, aber auch Floristik. Daneben arbeiten rund fünfzig Personen hier, was dreissig Vollzeitstellen entspricht. Die Gartenbauschule ist die einzige Ausbildungsstätte für Gärtnerberufe in der Schweiz, welche nach biologisch-dynamischen Grundsätzen arbeitet. Jährlich findet deshalb auch die Kontrolle gemäss den Bio-Suisse-Richtlinien für den biologischen Anbau und den Demeter-Anbaurichtlinien statt. 

Biologisch-dynamisch 

Die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise geht zurück auf Rudolf Steiner, den Begründer der Anthroposophie, und ist ein eigenständiges Konzept in der ökologischen Anbauweise. Dies spiegelt sich im Betriebsgeschehen, im Sozialen und Wirtschaftlichen wider. Der zentrale Aspekt hier ist die Betriebsindividualität. Das heisst, es wird individuell gestaltet, indem Standortbestimmungen, Landschaft, Tiere und Menschen in das Konzept einbezogen werden. Erstrebenswert ist ein geschlossener Betriebskreislauf, der so wenig wie möglich auf eine Zufuhr von Substanzen von ausserhalb angewiesen ist. Deshalb ist die Gartenbauschule in Hünibach auch eine Gemeinschaft, da zu deren Wachstum alle beitragen, die hier arbeiten und leben. Alle sind mit ihrem eigenen Denken, Fühlen und Handeln ein Teil der Kraft, die diese Gemeinschaft formt und stärkt. Ein respektvoller und wertschätzender Umgang miteinander fördert die ganzheitliche Entwicklung und kreatives Handeln. Aus der Vorstellung heraus, dass ein Gleichgewicht zwischen den Naturkräften und der landwirtschaftlichen Produktion eng verbunden ist, werden in der Praxis geeignete Massnahmen ergriffen. So werden in der Gartenbauschule zum Beispiel auch keine Schneckenkörner gestreut, sondern Laufenten zur biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt. Die Laufenten lieben Nacktschnecken wie Kinder die Schokolade. Eine Laufente ist nur teilweise flugfähig und daher besser zu Fuss als in der Luft unterwegs. Laufenten sind aber ganz normale Wasservögel und benötigen Wasser sowohl zur Nahrungsaufnahme als auch zur Gefiederpflege. Schwimmen gehört zu ihren normalen Grundbedürfnissen. Ein entsprechender Teich steht mitten im ummauerten Gärtnerei-Areal. 

In der Gartenbauschule wird auf eine optimale Kulturführung geachtet, damit Pflanzen erst gar nicht von Schädlingen befallen werden. In der biologisch-dynamischen Landwirtschaft werden auch der Boden und die Pflanzen als eine Einheit aufgefasst. So wird ein übermässiger Schädlingsbefall oder eine Pilzerkrankung als Folge eines gestörten Gleichgewichts interpretiert. Unkraut wird in der Gartenbauschule mit der Hacke und den Händen entfernt. Ein kleiner Trick gegen das Unkraut ist, dass vorgängig eine Folie gelegt wird, damit sich das Unkraut gar nicht erst ausbreiten kann.

Produkte

Im Angebot der Gartenbauschule findet man so einiges: Neben frischem Gemüse und Saisonfrüchten werden auch zahlreiche Gewürze, Gewürzmischungen und Tees nach Rezepten des Hauses angeboten. Zu kaufen gibt es auch eine grosse Auswahl an Kräutern und Heilpflanzen, wüchsige Saisonpflanzen, Wild- und Blütenstauden, farbenprächtige Schnittblumen und ausgesuchte biologische Lebensmittel. Ebenfalls im Angebot findet sich eine grosse Auswahl an zugekauften Obst- und Beerensträuchern. Für den eigenen biologischen Garten kann Erde, Kompost, Pflanzenschutzmittel und Dünger eingekauft werden. Das Sortiment aus der eigenen Produktion wird mit sorgfältig ausgewählten Zukäufen, wenn immer möglich aus dem Bio- oder Demeter-Anbau, ergänzt. 

Die Blumen stammen wenn möglich aus dem eigenen Garten. Mit lebensaufbauenden biodynamischen Präparaten werden sie sorgsam gepflegt und leuchten, ja strahlen daher besonders schön. Mit floristischer Handwerkskunst und den eigenen Blumen schmückt die Gartenbauschule auch festliche Anlässe.  

Neben dem Verkauf auf dem wöchentlichen Markt in Thun und im eigenen Laden wird ein Selbstbedienungsladen von Mitte März bis Ende November im Aebnit, gleich hinter dem Parkhotel in Oberhofen, betrieben, welcher rund um die Uhr geöffnet ist. 

Hier können saisonales Gemüse aus eigener Produktion, bunte Floristik und Schnittblumen, wüchsige Saisonpflanzen und kräftige Gemüse- und Blumensetzlinge eingekauft werden. 

Sämtliche Produkte, welche in der Gartenbauschule verkauft werden, sind klar deklariert, woher sie stammen. Der grossflächige Gemüseanbau wird in Hünibach unten am See und in Steffisburg beim Friedhof, Erlengut und Wolfsgrube betrieben. In den Wintermonaten widmen sich die Lernenden vermehrt der Herstellung von Gartennebenprodukten wie dem Bau von Vogelnistkasten, welche spezifisch jeweils für eine Vogelart gebaut werden, oder man entwirft und konstruiert Betonschalen, in welche man im Frühling wieder Pflanzen eintopfen kann. 

Für die Gartenbauschule Hünibach ist es wichtig, dass sie ihren Kundinnen und Kunden erstklassige Produkte und einen tadellosen Service anbieten kann. Deshalb wird den Lernenden das nötige Rüstzeug mit auf den Weg gegeben, damit sie nicht nur im Berufsleben ihren Platz finden, sondern sich auch sonst integrieren und gesellschaftliche Aufgaben wahrnehmen können. Das ökologische Denken und Handeln wird gefördert und es wird auf die Naturzusammenhänge geachtet. 

Hier wird jeder Mensch als einmalig und individuell betrachtet. Wer die Gartenbauschule näher kennen lernen möchte und sich für die Ausbildung interessiert, kann dies an einer öffentlichen Führung tun. Diese werden in der Regel an jedem zweiten Mittwoch im Monat durchgeführt. Es werden auch Führungen inklusive Verpflegung angeboten – dies zum Beispiel im Rahmen eines Betriebs- oder Vereinsausflugs. 

Wie alles begann

Früh äusserte die Pfarrerstochter Hedwig Müller (die Halbschwester der Buchautorin Elisabeth Müller) den Wunsch, Gärtnerin zu werden. Die im Jahr 1895 Geborene scheint ein eher wildes und eigensinniges Mädchen gewesen zu sein und verhielt sich gar nicht so, wie man es damals von einer Pfarrerstochter erwartet hätte. Hedwig konnte eine Lehre in Niederlenz machen und später arbeitete sie als Gärtnerin in Aarau. Dies war damals ungewöhnlich, da dieser Beruf den Männern vorbehalten war. Schon bald bildete sie selber Lehrlinge aus.  

Hedwig entdeckte auf einem Spaziergang beim Besuch ihrer Halbschwester im Jahr 1933 die verwahrloste Gärtnerei im eingemauerten und verwilderten Chartreuse- Areal. Für sie war sofort klar, dass sie dieses Gelände nutzen wollte. Bereits ein Jahr später pachtete sie mit einer befreundeten Hauswirtschaftslehrerin den Ökonomieteil des Guts Chartreuse. Ohne Geld und mit praktisch keinen Habseligkeiten zog Hedwig Müller in die Gärtnerei ein. Im zweiten Jahr bereits meldeten Eltern ihre Töchter für eine Gärtnerinnenlehre an und nach zehn Jahren fanden zwanzig junge Frauen Unterkunft und Ausbildung in der Chartreuse. Im Jahr 1935, ein Jahr nach der Gründung, erhielt Hedwig Unterstützung von den beiden Gärtnerinnen Ruth Pfisterer und Gertrud Neuenschwander, ohne deren Hilfe die Gartenbauschule nicht hätte längerfristig bestehen können. Die drei Frauen lebten und arbeiteten bis ins hohe Alter in der Gärtnerei. Die Gründerin Hedwig Müller stirbt 1983. 

Die Schule gerät Anfang der neunziger Jahre in eine Krise. Es sind nur noch wenige Lernende an der Schule; deshalb entscheidet man sich für den Namen Gartenbauschule Hünibach. Somit können nun auch junge Männer ihre Ausbildung hier in Hünibach absolvieren. 2009 feiert die Gartenbauschule ihr 75-jähriges Bestehen. Es wird viel renoviert und der Betrieb kann in neuem Glanz erstrahlen. Zu dieser Zeit wird die Gartenbauschule auch ISO-zertifiziert.


Kontakt
Gartenbauschule Hünibach
Chartreusestrasse 7
3626 Hünibach

Telefon 033 244 10 21

Label: Bio-Suisse, Demeter-zertifiziert  

info@gsh.ch
www.gsh.ch

Aufruf an die Leserinnen und Leser: Wo kaufen Sie ab Hof?
Schreiben Sie uns:
mail@thunersee-liebi.ch

Hinterlassen Sie einen Kommentar

* Erforderlich