Rösti-Report: Jenseits des Röstigrabens

Rösti-Report: Jenseits des Röstigrabens

Rösti-Report: Jenseits des Röstigrabens

Aussen knusprig, innen weich und saugfähig und durch und durch (deutsch-)schweizerisch: Die Rösti ist nicht nur ein Symbol der politischen Differenzen in unserem Land, sondern vor allem Zeugnis für die vielfältigen und köstlichen Einsatzmöglichkeiten der bescheidenen Kartoffel. 

Text: Alain Diezig, Christine Hunkeler   |  Fotos: Alain Diezig, Christine Hunkeler, zvg

Die Rösti ist ein Mitglied der grossen und glücklichen Familie unkomplizierter Kartoffelgerichte, die im Fett ausgebacken werden; sozusagen eine Cousine der amerikanischen Hash Browns, der deutschen Kartoffelpuffer und der Latkes der osteuropäischen Juden.

 

Die Zubereitung der Rösti ist denkbar einfach. Zuerst raffelt man die (eher festkochenden) Kartoffeln. Ob man die Rösti mit Gschwellti macht oder lieber mit rohen Kartoffeln, ist eine Frage der kulturellen Geografie. Generell lässt sich sagen, dass die Variante mit rohen Kartoffeln eher eine Spezialität des Ostens der Schweiz ist, während die Variante mit Gschwellti im Rest des Landes vorherrscht. Beide Rösti-Varianten schmecken ausgezeichnet; während die Rösti aus Gschwellti um einiges aufnahmefähiger für Saucen ist, zeichnet sich die Variante aus rohen Kartoffeln durch eine höhere Knusprigkeit und eine bessere Bewahrung der Struktur der Kartoffel aus. Danach gibt man die Kartoffelmasse in eine nichthaftende Pfanne – klassisch ist eine gut eingebrannte Gusseisenpfanne, aber auch mit einer modernen Teflonpfanne können gute Resultate erzielt werden. Wichtig ist allerdings, dass man nicht am Schmalz oder an der Butter spart – ansonsten zieht man den Zorn von Jeremias Gotthelf auf sich, der sich in «Geld und Geist» enervierte über «Rösti, wo Staubwolken davonfahren, wenn man die Türe auf- und zutut.» Eine grosszügige Zugabe von Fett verhindert auch, dass die Rösti anbrennt. 

Im Gegensatz zu den eingangs genannten Gerichten ist die Rösti ein wahres Chamäleon mit nahezu endlosen kulinarischen Möglichkeiten. In ihrer einfachsten, ursprünglichen Form ergibt sie ein nahrhaftes und stärkendes Bauernfrühstück, das auch in einigen Schweizer Internaten bis weit ins 20. Jahrhundert vor Sonnenaufgang serviert wurde. 

Aus dieser Grundvariante lässt sich mit der Zugabe von Speckwürfeln, kleingeschnittenem Gemüse und/oder Käse eine gleichermassen günstige wie deftige Hauptmahlzeit zaubern. Und während die Rösti eine gerngesehene Hauptdarstellerin auf Schweizer Tellern ist, so brilliert sie doch erst recht als Beilage zu allem, was in einer Sauce serviert wird. 

So ist die Rösti die kanonische Beilage zu Zürcher Geschnetzeltem, dem vielleicht elegantesten aller klassischen Schweizer Gerichte. Überhaupt ist die Rösti der perfekte Partner für alle Arten von Gerichten mit Sauce, vom Ragout bis zur Bratwurst mit Zwiebelsauce. In gewisser Hinsicht ist die Rösti die ideale Beilage, vereint sie doch die Knusprigkeit von Pommes Frites mit der Saugfähigkeit von Kartoffelstock. 

Kein Wunder, findet man in vielen Restaurants eigene Rösti-Karten. Wir haben uns rund um den Thunersee auf die Suche gemacht nach Rösti-Spezialitäten – klassischen und ausgefallenen. Einige der interessantesten Röstis stellen wir Ihnen vor.

Und während die Rösti eine gerngesehene Hauptdar­stellerin auf Schweizer Tellern ist, so brilliert sie doch erst recht als Beilage zu allem, was in einer Sauce serviert wird. 


Rössli Dürrenast, Thun: Die amphibische Rösti.


Krone, Spiez: Rösti mit extra Gastfreundschaft.

Zu Metzgern, Thun

Auf der Terrasse der Zunft zu Metzgern am Rathausplatz in Thun lässt es sich wohl sein, erst recht mit einem dampfenden Teller Rösti mit sauren Leberli. Leber ist reich an Eisen und den Vitaminen A und B. Wie alle Innereien ist sie mittlerweile etwas in Vergessenheit geraten und wird seltener angeboten. Die Zunft zu Metzgern beweist, dass es sich dabei um einen Irrtum handeln muss. Hier serviert man die Leber nämlich in einer wunderbar ausbalancierten Sauce mit einem guten Schuss Aceto Balsamico; die Leber selber ist dabei weder zu zäh noch zu matschig, sondern wunderbar bissfest. Perfekt zur Rösti, die ebenfalls den Balanceakt zwischen cremig und knusprig schafft. Nach dem Genuss dieser kräftigenden Speise versteht man gut, warum in einigen Sprachen, wie etwa dem Englischen, die Leber synonym für den Mut steht. 

CHF 34.50

Kontakt
Untere Hauptgasse 2, 3600 Thun
Tel. 033 222 21 41
www.zumetzgern.ch

Rössli Dürrenast, Thun

Wer sagt denn, dass Rösti nur als Beilage zu Fleischgerichten dienen kann? Das Rössli Dürrenast ist angetreten, das Gegenteil zu beweisen und serviert eine Rösti zu Thunersee-Felchen. Diese sind auf den Punkt gebraten und verfeinert mit einem buttrigen Kräuterschaum, dem offensichtlich ordentlich Paprika zugegeben wurde (was grundsätzlich immer die richtige Entscheidung ist). Dies ist eine erstaunliche und erstaunlich köstliche Kombination, zumal die Rösti daneben ebenso wunderbar auf den Punkt gebraten und knusprig ist wie die Felchen. Das Rössli beweist, dass die Rösti alles andere als altbacken ist, sondern im Gegenteil der perfekte Partner für kühne Kombinationen. Unbedingt probieren! 

CHF 32.50

Kontakt
Frutigenstrasse 73, 3604 Thun
Tel. 033 334 30 60
www.roessli-duerrenast.ch

Krone, Spiez

Eines wird einem ziemlich schnell klar, lässt man sich in der Krone Spiez ganz in der Nähe des Bahnhofs zu Tisch bitten: Hier wird 5-Sterne-Gastfreundschaft zu 2-Sterne-Preisen geboten. Wir entscheiden uns für einen absoluten Klassiker der Schweizer Hausmannskost, eine Schwingerbratwurst mit Zwiebelsauce und Rösti. Bevor es aber so weit ist, wird ein Amuse-Bouche serviert – in unserem Fall ein wunderbares Pilzragout auf Toast. Das bringt uns in Stimmung für den Hauptgang, der ebenfalls nicht enttäuscht. Wir lassen die Rösti, die auf einem separaten Teller serviert wird, unverzüglich auf den Hauptteller gleiten, wo sie dafür sorgt, dass auch nicht ein Tropfen der sämigen Zwiebelsauce verloren geht. Mit diesem Klassiker kann man nichts falsch machen – und das Gläschen vom hausgemachten Kirschlikör, der uns zum Abschluss offeriert wird, können wir natürlich auch nicht ablehnen. 

CHF 22.–

Kontakt
Seestrasse 28, 3700 Spiez

Tel. 033 655 02 26 
www.krone-spiez.ch

Zu Metzgern, Thun: Rösti mit Courage.

Pochtenfall, Suldtal: Die Sennä-Rösti.

Pochtenfall, Suldtal

Im gemütlichen und kinderfreundlichen Restaurant Pochtenfall finden wir mitten im Naturschutzgebiet Suldtal gutbürgerliche Küche mit einheimischen Spezialitäten. Es lohnt sich, den Weg von Aeschiried bis zum Restaurant zu Fuss zu gehen. In einer knappen Stunde erreicht man den idyllischen Ort mit dem bekannten Wasserrad. Wir schauen uns die Karte an und entscheiden uns für eine feine Sennä-Rösti mit überbackenem Käse und Speck. Serviert wird auf einem Keramikteller und die frische Sennä-Rösti schmeckt hervorragend. Auf der Karte findet sich auch eine hausgemachte Wildsaubratwurst mit Butter-Rösti und Zwiebelsauce für CHF 21.00. Ein Insidertipp und Spezialität des Hauses. Nach oder vor dem Essen lohnt sich zudem der kurze Aufstieg zum rauschenden Pochtenfall. 

Preis: 19.00

Kontakt
Suldtal, 3703 Aeschi bei Spiez

Tel. 033 654 18 66

www.restaurant-pochtenfall.ch

Hirschen, Interlaken

Rösti Casimir? Sie haben ganz richtig gehört – die gelegentlich als bünzlig verrufene Rösti zeigt sich im rustikalen Hirschen Interlaken als experimentierfreudige Kosmopolitin, die vor keinerlei Kombinationen mit Curry-Gewürzen oder Früchten zurückschreckt. Zarte Pouletstücke teilen sich eine würzige Currysauce mit süssen Früchten; das alles wird von der Rösti gierig aufgesogen und verschwindet unter grossem «Oh!» und «Ah!» im Gast. Der Hirschen beweist, dass klassische Schweizer Küche keinesfalls altbacken sein muss. Im Gegenteil: Sie hat das Potenzial zur gastfreundlichen Weltoffenheit – ganz wie die Ortschaft Interlaken selber. 

CHF 26.50

Kontakt
Hauptstrasse 11, 3800 Matten bei Interlaken

Tel. 033 822 15 45

www.hirschen-interlaken.ch

Hirschen, Interlaken: Exotisch- einheimisch.

Rebleuten, Oberhofen: Die feine Spezialität des Hauses.

Bären, Unterseen

Das Zürcher Geschnetzelte zeigt eine Seite der klassischen Schweizer Küche, die man gut und gerne als Haute Cuisine bezeichnen darf. Die bestechend einfache, aber wunderbar durchkomponierte Symphonie von zartem Kalbfleisch, Weisswein und Rahm wird immer wieder gern gesehen und wird natürlich de jure mit einer knusprigen Rösti serviert. Dieses Gericht ist völlig zu Recht ein Klassiker und Evergreen der Bären-Küche, und der grosszügige Klecks Schlagrahm, den man im urgemütlichen, fast höhlenartig anmutenden Bären Unterseen dazugibt, setzt dem Ganzen die Krone auf. 

CHF 34.–

Kontakt
Seestrasse 2, 3800 Unterseen

Tel. 033 822 75 26

www.baeren-unterseen.ch

Rebleuten, Oberhofen

Das ehemalige Weinbauernhaus des Försters und Rebbauers Johann Frutiger hat einen hohen Situationswert mitten im Dorfkern von Oberhofen und ist als Ausschankstelle der Oberhofner Rebbauern von ortshistorischer Bedeutung. Die Räblüte-Rösti ist eine feine Spezialität des Hauses und wird für jeden Gast frisch mit festkochenden Kartoffeln zubereitet. In dieser gehaltvollen Speise dürfen Speckwürfeli wie auch der Raclettekäse, mit dem das Ganze überbacken ist, nicht fehlen. Ganz zum Schluss wird die Räblüte-Rösti mit einem Spiegelei gekrönt. Das Mahl ist deftig, aber absolut empfehlenswert. Persönliche Gastfreundschaft, Atmosphäre und Herzlichkeit findet man in der Rebleuten unter einem Dach. 

Preis: 23.50

Kontakt
Kupfergasse 5, 3653 Oberhofen

Tel. 033 550 36 53

www.rebleuten-oberhofen.ch

Bären, Unterseen: Der Klassiker.

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