Grill- und Western-Romantik hinter dicken Holzbalken
Grill- und Western-Romantik hinter dicken Holzbalken
Blockhäuser stehen normalerweise in Alaska, Kanada oder im hohen
Norden Europas. Doch auch am Thunersee gibt es Restaurantbetriebe,
die ihre Gäste hinter massiven Holzbalken verwöhnen. Was steckt
hinter den Oberländer Blockhäusern?
Was wird kulinarisch geboten?
Text & Fotos: Hans R. Amrein
In der Chemihütte in Aeschiried – hoch über Spiez und dem Thunersee gelegen – setzen die Gastgeber (Familien Christen und Lehmann) auf Schweizer Folklore, Jodler und Schwinger. In der Gaststube Tempel in Thun ist österreichischer Dirndl- und Lederhosenstil angesagt – inklusive Tiroler Musik, Wiener Backhendl und Marillenknödel. Ganz anders präsentiert sich der Dream Valley Saloon in Schwarzenegg, wo Andreas Fahrni auf Country & Western setzt. Wer saftige, bis 500 Gramm schwere Steaks liebt, findet sein Glück im Stock’s in Mülenen bei Reichenbach. Snacks, Salate und Kuchen sind die kulinarischen Highlights im Bistro Lombach in Unterseen (Neuhaus). Alle fünf Lokale haben etwas gemeinsam: dicke Holzbalken.
Dream Valley Saloon, Schwarzenegg
Wer von Thun in Richtung Schallenberg fährt, erreicht nach etwa 15 Minuten Ober- und Unterlangenegg (Gemeinde Schwarzenegg). Hier steht, direkt an der Strasse und trotzdem auf der grünen Wiese, der Dream Valley Saloon. Ein Blockhaus, wie es im Norden Amerikas oder Kanadas stehen könnte. Damit nicht genug: Country- und Western-Fans lieben den Ort, wo der Chef (im Cowboy-Hut) selber am Grill steht und Bison-Steaks zubereitet. Fast alles hier erinnert an John Wayne & Co.: die Indianer- und Adlerskulpturen, die ausgestopften Bison-Köpfe im Blockbau, die Gerichte auf der Speisekarte: «Apachen Salat» mit gehacktem Rindfleisch, «Cowboy Teller» mit hausgemachter Trockenwurst, «John Wayne Teller», «Valley Saloon Burger» (Hacksteak) oder das «Buffalo Bill Menü» für 52.50 Franken. Gastgeber Andreas Fahrni, ein leidenschaftlicher Country- und USA-Fan mit eigener Bisonzucht, serviert uns ein T-Bone-Steak mit vier verschiedenen Saucen, dazu «French Fries». Der Teller ist riesig, das Fleisch perfekt gebraten. Es lebe der wilde Westen!
Kontakt
Oberlangenegg, 3616 Schwarzenegg
Telefon 033 453 25 88
www.dreamvalley.ch
Chemihütte, Aeschiried
Im Dezember 1970 wurde sie eröffnet: die Chemihütte in Aeschiried hoch über dem Thunersee. Seither ist das Blockhaus mit wunderbarer Sicht auf See und Berge eines der beliebtesten Ausflugsziele im Berner Oberland, wo tagsüber vor allem Bus-Touristen und Senioren aus der ganzen Schweiz einkehren. Die Atmosphäre hinter den dicken, runden Holzbalken erinnert an eine Alphütte. Überall hängen Kuhglocken und Treicheln, Schweizer Flaggen, Schwingerporträts und andere nostalgische Bilder – darunter auch ein Porträt von General Henri Guisan. Wer es urchig-eidgenössisch und währschaft mag, fühlt sich in der Chemihütte pudelwohl. Oft treten hier auch Ländler-Kapellen, Jodler und Dixieland-Bands auf. Motto: Musikantenstadl hoch über dem Thunersee. Ein Blick in die umfangreiche Speisekarte zeigt: Es dominiert die gutbürgerliche, regionale Küche. Nicht weniger als sechs verschiedene Käseschnitten und fünf Rösti-Gerichte schmücken die Karte. Die grosse Spezialität des Hauses: das «Cordon bleu Chemihütte» – 200 Gramm Fleisch, dazu Gemüse, Pommes frites, grüner Salat und Café de Paris. Kostenpunkt pro Person: 33 Franken. Und es schmeckt tadellos!Kontakt
3703 Aeschiried
Telefon 033 654 46 81
www.chemihuette.ch
Lombach-Bistro (Camping Alpenblick), Unterseen
Susan Knecht und Georges Zehntner, die Inhaber des Bistro Lombach (gehört zum Camping Alpenblick), haben ihr Blockhaus im Mai 2011 den Gästen präsentiert – und die waren begeistert. Der Rundholzbau sorgt im Innern für eine warme Atmosphäre. Gebaut hat die «Hütte», die heute als Restaurant und Rezeption für den Campingplatz Alpenblick dient, der Holzexperte Heinz Imboden aus Lauterbrunnen. Er war in Kanada, entdeckte die Blockhäuser und gilt seither als Experte. Hier, wo jetzt das massive Blockhaus steht, stand früher eine alte Militärbaracke, «die wir unseren Gästen nicht mehr zumuten konnten», so Georges Zehntner. Sein Sohn hat das Blockhaus gezeichnet, Architektur, Inneneinrichtung und Bauführung übernahmen die Gastgeber gleich selber. 220 Kubikmeter Holz wurden verbaut, 100-jährige Weisstannen aus der Region Gurnigel. Und die Gastronomie? Die Speisekarte umfasst eher einfache Gerichte: Snacks, Pizza, Salate, Käseschnitten, Berner Platte und im Winter Fondue. Doch das «Highlight der Karte» ist, wie Susan Knecht betont, «unser Wurstsalat». Ein Gedicht für Leute, die Cervelats und Salate lieben!
Kontakt
Seestrasse 130, 3800 Unterseen
Telefon 033 822 77 57
www.camping-alpenblick-ch
Gaststube im Tempel, Thun (Allmendingen)
Gastgeber Hans Zauner, ein gebürtiger Österreicher, und seine Partnerin Andrea Wyss setzen in ihrer Gaststube im Tempel beim Golfplatz in Thun/Allmendingen auf österreichische Dirndl- und Lederhosenkultur, auch die Speisekarte wird von Wiener Tafelspitz, Steirischem Zwiebelrostbraten und hausgemachtem Kaiserschmarrn dominiert. Wer also Wiener Schnitzel & Co. liebt, ist hier an der richtigen Adresse. Die Kulisse des Lokals wirkt sehr harmonisch und gemütlich. Die Architekten und Designer haben den Spagat zwischen Moderne und Blockhütten-Romantik perfekt geschafft. Hirschgeweihe und andere Utensilien aus dem östlichen Nachbarland erinnern den Gast diskret daran, dass man sich hier in einer «österreichischen Enklave» mitten im Kanton Bern befindet. Das Österreich-Konzept haben die heutigen Gastgeber vor etwa zwei Jahren umgesetzt – mit grossem Erfolg. Denn das Lokal ist in der Region Thun beliebt und oft ausgebucht. Kein Wunder, denn der Zwiebelrostbraten ist nicht nur schön angerichtet, sondern schmeckt vorzüglich!
Kontakt
Tempelstrasse 20, 3608 Thun
Telefon 033 335 05 10
www.gaststubeimtempel.ch
Stock’s Bar & Steakhouse, Mülenen
Fleischliebhaber kommen hier voll auf ihre Rechnung! Das im kanadischen Blockhausstil errichtete und gestaltete Lokal bietet zahlreiche Beef- und Grillspezialitäten – meistens auf der offenen Grillstelle zubereitet. Eine der Hausspezialitäten ist das «Bettschen Steak», ein US Black Angus Beef (B2257). Das Fleisch wird am Knochen gereift und gehört zur höchsten Qualitätsklasse («Prime»). Es kostet 66 Franken pro Person. Berühmt ist das Stock’s auch für seinen Hamburger mit Pommes frites (36 Franken). Der riesige Burger steckt in einem Sesambrötchen und schmeckt hervorragend. Dazu werden klassische «Pommes» und Salat serviert. Für Gäste mit grossem Hunger genau das richtige Mahl. Der Rundholzbau aus Schweizer Weisstannen wurde im Jahr 2010 vom Sägewerk Bettschen errichtet. Das Holz stammt also aus dem eigenen Sägewerk. Die Idee, ein Steakhouse im Blockhausstil zu eröffnen, stammt von Lukas und Walter Bettschen (Inhaber des Lokals) und kam ihnen auf einer Reise im Norden. Wildwest-Romantik gepaart mit Alpen-Chic, dazu hervorragende Fleischspezialitäten – das ist das Erfolgsrezept der Bettschens.Kontakt
Frutigenstrasse 22A, 3711 Mülenen
Telefon 033 823 22 33
www.stockshouse.ch
Architekten haben Mühe mit dem Blockhaus
Tatsache ist: Immer mehr Schweizer Holzbauunternehmen – darunter auch einige im Berner Oberland – haben die Sehnsucht der Menschen nach mehr Natur («back to the roots») erkannt und bauen ihrer Kundschaft individuelle Blockhäuser aus Naturstämmen. Nur die Architekten lassen diesen Markt (noch) links liegen. Geht ein Bauherr zu einem Architekten und schwärmt von einem Blockhaus, wird ihm meistens etwas anderes schmackhaft gemacht. So die Erfahrung der meisten Blockhausbesitzer im Berner Oberland. Das liegt weniger am Stil als am Material. Denn der Stamm gibt die Form. Nach ihm muss man sich beim Bauen richten. Konkret bedeutet das, dass es Sinn machen kann, ein paar Zentimeter neben dem Plan zu arbeiten, wenn der Holzwuchs dies erfordert. Holz lebt. Und das auch noch lange, nachdem es geschlagen ist. Bis die 30 bis 40 Zentimeter dicken Stämme trocken sind, kann es Jahre dauern. Während dieser Zeit schrumpft das Haus. Insgesamt um zehn bis zwölf Zentimeter. Weil nur die Aussenwände schwinden, die Fenster, Türen und die Zwischenwände in Leichtbauweise dagegen stets gleich gross bleiben, ist sehr viel Handwerkskunst gefragt, damit sich nichts verzieht.
Bedrohen Blockhäuser die Schweiz?
Kein Zweifel, Rundholz-Blockhäuser, wie man sie am Thunersee findet, fallen auf. Einigen auch negativ. Zum Beispiel dem Schweizer Heimatschutz, der ein «Positionspapier» an alle Gemeinden verschickt hat, um zu erklären, was er von Bauten in Rundholz hält. Und das ist nicht gerade viel: «Weil diese Konstruktionsweise nichts mit der Schweizer Baukultur zu tun hat», «diese Wohnbauform das landschaftliche und gebaute Umfeld entwertet» und «die grob proportionierten Blockhäuser mit ihren massiven Ausmassen störend wirken», lehnt der Heimatschutz Bauten aus Rundholz rundum ab.
Blockhaus-Bauer wehren sich
Negative Reaktionen gab es aufgrund der Kritik des Heimatschutzes natürlich von den Blockhausbauern, die sich zu einer «Interessengemeinschaft Blockbau Schweiz» zusammengeschlossen haben. Gemeinsam wollen sie sich gegen die Behauptungen des Heimatschutzes wehren, «die weit über den Aspekt der Gestaltung hinausgehen». Die Blockhausbauer wehren sich vor allem gegen die Aussage des Heimatschutzes: «Es gibt keine ökologischen Argumente, die dafür sprechen, diesem neuen Trend zu folgen.» Diese Behauptung beziehe sich nur auf Blockhäuser, die aus importierten, technisch vorfabrizierten Fertigteilen bestünden, erklärt die «Interessengemeinschaft Blockbau Schweiz». Ob und wie viele der erwähnten Fertigblockhäuser in die Schweiz importiert werden, weiss weder der Heimatschutz noch die IG Blockbau. In der Schweiz werde vor allem mit einheimischem Holz gebaut, betont die IG Blockbau. Man müsse lange suchen, bis man ein Haus finde, das mit so wenig grauer Energie auskomme wie die Rundholz-Blockhäuser. Eine bessere Öko-Bilanz könne man gar nicht haben, so die Interessengemeinschaft.
Dass der Schweizer Heimatschutz behauptet, die Holzwirtschaft profitiere von dieser Bauweise nicht, weil «die für die Rundholzbauten verwendeten Stämme nicht verabeitet und somit der Wertschöpfungskette entzogen werden», wollen die Blockhausbauer auch nicht auf sich sitzen lassen. «Genau das Gegenteil ist der Fall: Nirgends erhält der Förster so viel fürs Holz, wie wenn er es uns verkauft», so die IG Blockbau, die sich fragt: «Warum gerade wir? Warum werden ausgerechnet unsere Blockhäuser angegriffen?»
Vielleicht liegt es daran, dass von den Blockhäusern tatsächlich eine gewisse Gefahr ausgeht. Denn sie verbreiten so etwas wie einen Virus: «Viele Gäste haben sich gleich beim ersten Mal infiziert. Oft reicht ein einziger Besuch», betont Georges Zehntner vom Lombach-Bistro in Unterseen: «Kaum war unser Blockhaus aufgerichtet, da wurden wir von Interessierten bestürmt.»
Der Heimatschutz ist der Meinung, dass es keine ökologischen Argumente gäbe, die dafür sprechen würden, diesem neuen Trend zu folgen.
Wie wird ein Blockhaus gebaut?
Jedes Naturstamm-Blockhaus ist ein Unikat, keines ist gleich wie das andere. Die Baumstämme werden in aufwändiger Handarbeit entrindet, angezeichnet, ausgesägt, geschliffen, positioniert und gerichtet. Deshalb ist jedes Blockhaus auf die individuellen Wünsche der Bauherren ausgelegt und wird massgeschneidert gebaut. Auffallend beim Blockhaus ist das Raumklima. Im Sommer angenehm kühl, im Winter wohlig warm, mit sauberer Luft. Kein anderes Baumaterial beeinflusst das Raumklima derart günstig wie naturbelassenes Holz. Dies kann sich positiv auf das Wohlbefinden von Asthmatikern und Allergikern auswirken.
Auch beim Wärmeaustausch zwischen Innenraum und Umgebung bestehen massive Unterschiede im Vergleich zu einem konventionell erbauten Haus mit Beton, Backstein und Aussenisolation. Die Masse der Stämme und ihre grosse Oberfläche wirken isolierend und regulierend zugleich. Fazit: Die besondere Behaglichkeit ist das Markenzeichen eines guten Blockhauses.
Wie wird ein Blockhaus gebaut?
Die Stämme werden mit einem speziellen Zirkel angezeichnet und so mit grösster Präzision fugenlos zusammengefügt. Die Besonderheit beim Rundholzbau oder Blockbau ist das Schwinden des Holzes. Das heisst: Durch den Austrocknungsprozess nimmt der radiale Durchmesser des Holzes ab. So wird das Haus «kleiner», darum wird es am Anfang um die Schwundhöhe höher gebaut. Man geht von einem Schwundmass von 5 bis 7 Prozent aus. Diese Eigenschaft des Holzes bedingt spezielle Lösungen im Innenausbau und bei Tür und Fenster. Die übliche Bauzeit vor Ort beträgt, je nach Grösse, zwei bis drei Monate für den Rundholzbau oder den Blockbau.
Welches Holz wird verwendet?
Meistens werden Blockhäuser mit einheimischer Weisstanne gebaut. Diese werden in der Regel im Winter gefällt. Es können aber auch Fichte (einfache Verarbeitung/Schwundverhalten), Föhre (attraktive Holzfarbe) oder Douglasie (sehr wetterfest, attraktive Holzfarbe, ähnlich wie Fichte) verwendet werden. Für die Isolation der Blockhäuser werden Schafwolle, Flachs, Hanf und Dichtungsbänder verschiedenster Art verwendet.
Die Geschichte der Blockhäuser
Schon vor 3000 Jahren begann der Mensch das Rundholz mit Äxten zu behauen und Häuser herzustellen. Im Alpenraum und weiten Teilen Nordeuropas ist der Blockbau seit Jahrhunderten heimisch und der Grundstein einer vielfältigen Baukultur.
Im 18./19. Jahrhundert wurde der einfache Blockbau von skandinavischen Einwanderern nach Nordamerika gebracht. Ende der 60er-Jahre wurde der Blockbau wieder populär. Durch die jahrzehntelangen Erfahrungen wurden die Techniken und Eckverbindungen laufend verbessert. Mit dem heutigen Stan-
dard wird eine Wohnqualität erreicht, die sich durchaus mit dem herkömmlichen Baustil vergleichen lässt.
Quelle: Interessengemeinschaft Blockbau Schweiz (2017)