Altbewährtes und Innovatives aus der Käserei
Altbewährtes und Innovatives aus der Käserei
Am Rand des beschaulichen 800-Seelen-Dorfs steht die Käserei Amsoldingen, eine der ältesten und traditionsreichsten Käsereigenossenschaften der Schweiz. Amsoldingen liegt im Thuner Westamt und bietet einen wunderbaren Rundblick auf die gesamte Stockhornkette, den Niesen, die Berner Alpen sowie auf das Niederhorn & Co. Hier werden verschiedene Käsespezialitäten und traditioneller Emmentaler hergestellt.
Text: Laura Leupold Fotos: Laura Leupold, Alfred Hirsig
Die Käsereigenossenschaft Am- soldingen wurde 1923 durch die Landwirte aus dem Dorf gegründet. Die Genossenschaft gehört ihren Mitgliedern. Zehn Landwirte aus Amsoldingen und ein Gastlieferant aus Gurzelen liefern jeden Tag frische Milch aus silofreier Fütterung. Das ergibt pro Jahr eine Milchmenge von etwa 1,7 Mio kg. Davon wird 1 Mio kg zu Emmentaler verarbeitet. Die Milchmenge variiert je nach den Wetterbedingungen des jeweiligen Jahres.
Die Käserei befand sich zu Beginn im Waschhaus des Schlossgutes Amsoldingen. 1914 wurde das heutige Gebäude an der Hurschgasse am Rand des Dorfs gebaut. 1980 erfolgte ein grösserer Umbau des Gebäudes. Seit 1998 führt Beat Kipfer zusammen mit seiner Frau Astrid den Käsereibetrieb in Am-
soldingen, wo Käse sowohl hergestellt als auch verkauft wird. 2012 eröffneten sie ausserdem den Käsekeller in Thun, der als reine Verkaufsstelle dient und in dem ein Sortiment von ca. 200 Käsesorten aus der Region angeboten wird. Insgesamt beschäftigen die Käserei Amsoldingen und der Käsekeller Thun 15 Mitarbeiter, darunter zwei Lehrlinge.
Alltägliches und Spezialitäten
Das Grundkonzept des Käserei-Ladens in Amsoldingen ist das eines Spezialitätengeschäfts mit Zutaten für das Frühstück. Die Käserei übernimmt teilweise die Funktion eines Dorfladens, da in Amsoldingen neben der Käserei kein weiteres Lebensmittelgeschäft mehr besteht. So weit als möglich passt sich die Käserei den Wünschen ihrer Kunden an. So findet man im Laden neben 80 Käsesorten, Milch und Joghurt auch Brot, Wurstwaren, Eier und Konfitüre.
Für die Herstellung seines Hauptprodukts, des Emmentaler Käse, erhält Beat Kipfer eine Pauschale von der Genossenschaft, seine Spezialitäten verkauft und den Dorfladen betreibt er jedoch als Selbstständiger. In der Schweiz wird gegenwärtig zu viel Emmentaler produziert. Da der Milchpreis so tief ist, wäre es zu risikoreich, nur auf eine Käsesorte wie den Emmentaler zu setzen. Viele Käsereien haben sich inzwischen spezialisiert, beinahe jede Käserei versucht, sich ein zweites Standbein aufzubauen. In der Käserei Amsoldingen machen die Spezialitäten beispielsweise etwa 40% der Gesamtproduktion aus. Einen Teil seiner Produkte vermarktet Beat Kipfer selbst in der Region Thun. Gleichzeitig arbeitet er mit den Käsehändlern Spirit Market, Coop und Migros zusammen, da es sonst schwierig wäre, die grosse Milch- und damit die grosse Käsemenge abzusetzen. Der Käse wird im grosszügig angelegten eigenen Käsekeller gelagert und in gereiftem Zustand an die Händler geliefert, welche die Produkte anschliessend selbst abpacken.
Tagesablauf in der Käserei
Die Käserei übernimmt teilweise die Funktion eines Dorfladens.
Wie entsteht Emmentaler?
Anhand des Emmentalers lässt sich die Komplexität der Käseherstellung schildern. In der Käserei Amsoldingen findet die Produktion von Emmentaler von 5.30 bis 12.00 Uhr statt. Als Erstes wird der Käse ausgepackt, der am letzten Tag hergestellt wurde. Um 6.00 Uhr wird die frische, gekühlte Milch vom Vorabend im «Käsekessi» erwärmt und mit Milchsäurebakterien geimpft, die sich langsam vermehren und den Milchzucker in Milchsäure umwandeln. Der Fettgehalt reduziert sich durch die sogenannte Zentrifugierung. Ein Teil des Milchfetts wird entfernt und für die Rahmherstellung ver-
wendet. Die Milch wird auf etwa 31 °C erhitzt. Das ist die ideale Temperatur für Milchsäurebakterien, die sich bis 7.30 Uhr bereits gut vermehrt haben. Anschliessend gibt man das Lab bei, ein Enzym aus dem Labmagen junger Kälber, das benötigt wird, um innerhalb von 40 Minuten 450000 Liter Milch zu verdicken. Während des aufwändigen Vorkäsens entsteht stichfestes Naturjoghurt. Die feste Masse wird mit der Käseharfe, einem harfenähnlichen Rührinstrument, zerschnitten, wodurch Bruchkörner entstehen, die sich aus Eiweiss und Fett bilden. Bei diesem Vorgang trennen sich Milch und Wasser. Das sogenannte Vorkäsen ist ein wichtiger Schritt bei der Käseherstellung, da hier der Wassergehalt des Käses gesteuert wird. Der Gehalt an Wasser und Fett ist gesetzlich geregelt: Je nach Gehalt erhält man Weichkäse, Halbhartkäse oder Hartkäse. Wasser wird nur beigegeben, um die Milchsäure zu steuern und den Milchzuckergehalt zu senken. Nach dem Vorkäsen wird die Käsemasse auf 53 °C aufgewärmt, damit sich das Bruchkorn zusammenzieht und Fremdkeime bzw. schlechte Bakterien gehemmt werden und Wasser entfernt wird. Der Käse wird dann in die Pressform gefüllt, damit die Flüssigkeit, als Sirte oder Molke bezeichnet, ganz abfliessen kann. Die Milchsäurebakterien vermehren sich nun fleissig weiter. Bis zum nächsten Morgen sollte der Milchzucker vollständig abgebaut sein. Zu diesem Zeitpunkt wird der Käse mit einem Hebekran ins Salzbad gelegt. Die Rinde entsteht schliesslich dadurch, dass der Käse Wasser abgibt, Salz aufnimmt und somit stabil wird.
Wie kommt der Emmentaler zu seinen Löchern?
Interessant ist auch die Frage, wie die Löcher im Emmentaler entstehen, denen er seinen Weltruhm zu verdanken hat. Die Löcher entwickeln sich erst während der Lagerung. Die Käse werden oft ausserhalb der Käsereien in einem besonderen Keller bei einer Temperatur von 22 °C gelagert. Durch die Wärme im Gärkeller und die Zugabe von sogenannten Proprionbakterien entsteht ein Gärungsprozess und es bildet sich CO2. Dieses lässt die Löcher entstehen, die dem Käse seinen typisch süsslich-nussigen Geschmack geben. Es dauert jedoch etwa eineinhalb Monate, bis sich die Löcher entwickeln. Der milde Emmentaler ist etwa nach 6 Monaten reif. Beat Kipfers Emmentaler ist jedoch eine Spezialität: Er reift während 18 Monaten und die Löcher haben reichlich Salzwasser gespeichert.
Hohe Qualität und Zusammenarbeit
Die Qualität der Milch macht den Käse. Milch von Kühen, die sich wirklich von frischem Gras ernähren können und nicht mit Silofutter gefüttert werden, ist notwendig. In der Silomilch befinden sich Bakterien, die den Käse wortwörtlich blähen lassen, da sich Gas entwickelt.
Für die Käsereien der Region haben sich die enge Zusammenarbeit und die gegenseitige Abnahme von Produkten bewährt. Dahinter liegt der Gedanke, dass die Käsereien besser daran tun, sich zu spezialisieren, als eine grosse Menge verschiedener Produkte selbst anzubieten. Neben den verschiedenen Käsespezialitäten stellt Beat Kipfer auch Joghurt her und liefert es an umliegende Käsereien. Gleichzeitig erhält er beispielsweise Butter von der Käserei Blumenstein und Pastmilch von der Käserei Uebeschi. Die Käserei Amsoldingen ihrerseits konnte sich auch mit Spezialitäten wie beispielsweise dem Stockhornmutschli oder dem Amsoldinger einen Namen machen, die tatsächlich nur dort hergestellt werden und in ihrer Form und ihrem Geschmack einmalig sind.
Wichtig ist für Beat Kipfer auch, Spezialitäten anderer regionaler Käsereien in den Geschäften in Amsoldingen und Thun verkaufen zu können. Ein paar ausgewählte Weich-
käse aus dem Ausland runden das reiche Sortiment der liebevoll angerichteten Käse ab.
Unser Tipp
Spezialitäten der Käserei Amsoldingen:
- Fondue: verschiedene Fonduemischungen (mit Kräutern, Gorgonzola oder grünem Pfeffer)
- Stockhornmutschli: milder Frühstückskäse (gibt es auch mit Alpenchili, Swiss Alpine Herbs, ganzjährig)
- Amsoldinger: cremig, würzig (schmilzt auf der Zunge)
- Beo: Hartkäse, Apérokäse, sehr würzig, 12 Monate gereift
- Joghurt: 30 verschiedene Sorten, eher saures Joghurt (Aromen: Nature-Joghurt gemischt mit Fruchtgrundstoffen wie Konfitüre und Zucker)