Alles Käse –  Traditionskäsereien in der Region

Alles Käse – Traditionskäsereien in der Region

Alles Käse – Traditionskäsereien in der Region

Guten Käse findet man nicht nur in den darauf spezialisierten Käseläden, sondern auch direkt bei den Käsereien in unserer Region. Die Vielfalt der Käsesorten ist immens, die Herstellung aufwändig und zeitintensiv. Wir stellen Ihnen in den nächsten Ausgaben verschiedene Käsereien aus der Thunersee-Region vor.

Text: Thomas Bornhauser, Dyami Häfliger, Sophie Meyer  |  Fotos: Thomas Bornhauser, Dyami Häfliger

Es gibt zahlreiche Käsesorten in der Schweiz: Vom Weichkäse über den Ziger und das Mutschli, vom Halbhart- bis hin zum Hartkäse; es werden unzählige Variationen kreiert. Die Käse in all ihren Formen und Farben entstehen in den Traditionsbetrieben, in Alp- und Talkäsereien. Diese unterscheiden sich voneinander durch den Fakt, dass die Alpkäsereien nur in den Sommermonaten auf der Alp käsen, während die Talkäsereien einen ganzjährigen Betrieb führen. Die meisten Kä- sermeister sind nicht selber Milchbauern, sondern häufig Milchkäufer, die dann die Milch zu den herrlichen Produkten verarbeiten. Und dies sind teilweise unglaubliche Mengen an Milch! So braucht es beispielsweise für einen 95 Kilogramm schweren Laib Emmentaler AOP unfassbare 1200 Liter naturbelassene, heimische, silofreie Roh- milch. In der Thunersee-Region käsen noch einige Betriebe. Von Reutigen bis Heimen- schwand stellen wir Ihnen in der Serie sieben Käsereien vor und schauen ihnen bei der Arbeit über die Schulter. 

Zwei Käsereien im … Niemandsland

Zwei kleine, eigenständige Käsereien in derselben ebenso kleinen Ortschaft. Die Käserei Dorf Heimenschwand zählt elf Milchlieferanten, Scheidweg deren 14. Die gesamte Milch kommt natürlich aus dem nahen Berggebiet, wo es bekanntlich die besten Naturwiesen gibt. Und wenn auch die beiden Verarbeitungsbetriebe zwei Kilometer voneinander entfernt sind: Man kann sich durchaus vorstellen, dass es dann und wann – selbstverständlich unter «besonderen Umständen» oder wegen einer mangelhaften Kommunikation – vorkommen kann, dass die Milch am falschen Ort abgeliefert wird, was aber kein Problem ist, schliesslich ist der gleiche Patron zuständig. Und der hat seine beiden Käsereien im Griff.

Geschichte

Die Geschichte der beiden Käsereien in Heimenschwand ist ein Abbild des Strukturwandels, wie er in den letzten Jahren und Jahrzehnten in der Schweiz stattgefunden hat, nicht bloss in Bezug auf die Käse- reien. Aber man stelle sich vor: Es sind noch keine zehn Jahre her, da gab es in Heimenschwand … vier Käsereien, zwei davon sind übriggeblieben. Ähnliches passierte in der umliegenden Region.  

Die Käserei Ried musste aufgeben, ebenso Kreuzweg, Längenacher, Fahrni oder Wangelen. Nicht immer waren einzig die Rahmenbedingungen oder die freie Marktwirtschaft daran schuld. Und so stellt sich die Frage: Kann sich das kleine Heimenschwand heute zwei unabhängige Käsereigenossenschaften leisten, die in zwei unabhängigen Betrieben sehr ähnliche Käse herstellen, nämlich namentlich Emmentaler AOP? Wäre ein einziger Betrieb nicht sinnvoller? Diese Frage zu beantworten liegt nicht an den Autoren. Übrigens: Zählt Heimen- schwand eigentlich zum Emmental oder zum Berner Oberland? Käsermeister Hans Hofer schmunzelt: «Für die Emmentaler zählen wir nicht dazu, für die Oberländer ebenso wenig, also sind wir sozusagen ein Niemandsland.» Politisch gesehen gehört Heimenschwand jedoch zum Berner Oberland, zur Region Thun Ost.

Produktion

Die heutige Dorf-Chäsi wurde 1881 gegründet, jene am Scheidweg nur acht Jahre später. Hans Hofer «chäset» seit 1996 in Heimenschwand. Am 1. Mai 2014 hat er als Milchkäufer die zweite Käserei von Monika und Niklaus Haldimann übernommen, die am Scheidweg während 30 Jahren tätig waren. Und zwar sehr erfolgreich, mit vielen Auszeichnungen im In- und Ausland. 2012 wurde Niklaus Haldimann gar Weltmeister mit seinem Emmentaler AOP.


Womit wir bei der Produktion angelangt wären. Pro Tag stellt die Käserei Dorf vier Laibe Emmentaler AOP her, der kleinere Betrieb am Scheidweg deren drei. Nach drei Monaten Reifezeit in Heimen­schwand übernimmt die Käsehandelsfirma Gourmino die weitere Lagerung (nota bene im einzigen noch vorhandenen Käselager in Langnau i. E., auf dem Dorfberg) und Vermark- tung. Spezialitäten stehen bei der Produktion hinten an, allerdings nach dem Motto «Last, but not least», denn diese Käse haben es «in sich». Eine exklusive Eigenproduktion ist der Emmenspitz aus der Dorf-Käserei. Er hat sehr viel Ähnlichkeit mit dem Emmentaler AOP, ist aber dennoch keiner. Wo also liegt der Unterschied? Hans Ho- fer lacht: «Wie heisst es bei der Werbung vom Appenzeller? Das Rezept seines Geschmacks bleibt geheim. Ist auch beim Emmenspitz so …» Ende der Durchsage. Das Scheidwegerli wiederum ist ein Weichkäse, der in zwei Kilometer Entfernung entsteht.

Kathrin Schenk leitet sozusagen die Geburt des Käses ein, indem sie den Kulturen Milchsäurebakterien zuführt, die den Milchzuckergehalt abbauen, sodass Käse nach einer gewissen Zeit laktosefrei wird.

Familie

Hans Hofer hat seinen Beruf in der Käserei Worb gelernt und die Meisterprüfung in Röthenbach bestanden, nachdem er die Molkereischule Zollikofen besucht hatte. 1987 zog es ihn nach Ursenbach, seit 1996 lebt er in Heimenschwand. Schon fast selbstverständlich für diese Region ist er Fan der SCL Tigers, im Weiteren fährt er Ski, wie ihn Sport auch allgemein interessiert. Silvia Hofer ist gelernte Konfektionsverkäuferin, heute betreut sie den Verkaufsladen in Heimen­schwand.

Silvia und Hans Hofer haben vier inzwischen erwachsene Kinder, drei Söhne, eine Tochter. Michael ist «Stromer» (für Nichtberner: Elektriker), Christoph Käser in Zäziwil, Thomas arbeitet in der Käserei Scheidweg, Andrea ist Landschaftsgärtnerin in Ausbildung. Die Käserei wird schluss- endlich von der ganzen Familie getragen. Besonders Michael ist immer wieder gefordert, da die Elektrik nicht immer so will, wie man möchte. Die anderen packen auch gerne in ihrer Freizeit mit an, wenn es die Situation erfordert.

Der Emmentaler AOP

Beide Käsereien sind auf Emmentaler AOP spezialisiert und stellen jährlich gegen 250 Tonnen her. Kathrin Schenk leitet sozusagen die Geburt dieses Käses ein, indem sie den Kulturen Milchsäurebakterien zuführt, die den Milchzuckergehalt sukzessive abbauen, sodass Käse nach einer gewissen Zeit laktosefrei wird. Bei grosser Anzahl führt die Milchsäureproduktion zur Verdickung der Milch, der Grundlage für die Herstellung von Joghurt, Käse und weiteren Milcherzeugnissen. Diese Milchsäurebakterien sind indes nicht für die Löcher im Emmentaler AOP zuständig, dafür sorgen Propionsäurebakterien.

Spezialitäten

Vom Emmenspitz haben wir bereits gelesen, von dieser Spezialität, die ein grosses Geheimnis umgibt (eine geschickte Kommunikation ist schliesslich die halbe Miete). Selbstredend werden in der Käserei Dorf auch Mutschli hergestellt sowie Pilz- und Nusskäse. Daneben werden Joghurt, Pastmilch und Bärner Anke angeboten. Das Scheidwegerli aus der gleichnamigen Käserei ist ein Weichkäse, ähnlich einem Camembert. Am gleichen Ort wird Quark hergestellt, sodass die beiden Käsereien sozusagen alle Milchprodukte unter einem Dach anbieten.

Anreise zu den Käsereien

Hans Hofer
Dorf 36
 3615 Heimenschwand 
Tel. 033 453 16 65 

Scheidweg 4 
3615 Heimenschwand 
Tel. 033 453 21 41 

hans.hofer@bluewin.ch   

Öffnungszeiten
Montag bis Samstag
7–11.45 Uhr und 14 –19 Uhr
Mittwochnachmittag
geschlossen
Sonntag
18 –18.30 Uhr

Anreise
Mit dem Postauto auf der Strecke Thun–Heimenschwand. Mit dem Auto ab Thun oder Autobahnausfahrt Kiesen.

Abstecher
Heimenschwand und Umgebung ist ein grossartiges Wander- und Langlaufgebiet. Das kleine Hochmoor und Naturschutzgebiet Wachseldornmoos ist längst kein Geheimtipp mehr. Und: In Heimenschwand findet man sogar einen Skilift, wenn auch nicht für FIS-Abfahrten …

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