Naturapotheke: Essbare Wildpflanzen – Delikatessen der Natur

Naturapotheke: Essbare Wildpflanzen – Delikatessen der Natur

Naturapotheke: Essbare Wildpflanzen – Delikatessen der Natur

Wildpflanzen = älteste Nahrung der Menschen Kein Dünger, keine Pestizide, keine Wachstumshormone weil: Wildpflanzen wachsen dort, wo es ihnen am besten bekommt. Durch die natürliche Auslese überleben nur die Kräftigsten!

Text: Peter Brechbühl  |  Fotos: Christine Hunkeler

Viele wildwachsende Pflanzen werden zu Unrecht oft als Un-Kraut bezeichnet – die Natur bietet uns diese als Delikatessen und wertvolle Wildgemüse mit hohem Nährwert als Geschenk an. Neben einer grossen Aromenvielfalt weisen viele essbare Wildpflanzen auch Heilwirkungen auf und zählen zum grossen Arzneimittelschatz unserer Natur.

Zur Geschichte

Die Spitzenköche Frankreichs verwenden Wildkräuter wie Brennnessel, Brunnenkresse, Löwenzahn oder Sauerampfer seit jeher; und heute ist das Interesse an wildwachsenden essbaren Pflanzen auch bei uns sehr gross. Das war nicht immer so, denn in Notzeiten waren die Menschen gezwungen, Wildpflanzen und Wildfrüchte zu sammeln, um ihren Hunger zu stillen – deshalb galten Wildgemüse lange Zeit als verpönt, da sie Erinnerungen an schwere Zeiten weckten. Die Jäger und Sammler der Frühzeit ernährten sich hauptsächlich pflanzlich und auch als der Ackerbau aufkam, hatte das Wildpflanzensammeln noch einen hohen Stellenwert. Ausgangs des Mittelalters verlor das Sammeln aber wegen der Feudalherrschaft stark an Ansehen. Während sich die Bauern von Getreide, Gemüse und Wildpflanzen ernährten, bevorzugten der Adel und das Bürgertum Fleisch, Weissbrot, Zucker und verfeinerte Produkte, Gemüse und Obst aus fernen Ländern. Die Ernährungsweise der Landbevölkerung wurde verachtet – wer sich von «Wurzeln» ernährte, genoss dazumal kein hohes Ansehen. Heute erkennt man den hohen Wert der Wildpflanzen wieder und diese sind begehrt wie noch nie zuvor!

Wildgemüse mit hohem Nährwert… 

Wildgemüse sind wertvolle Nährstoffquellen, enthalten Vitamine und Mineralsalze.

Die Hagebutte hat 30-mal mehr Vitamin C als die Zitrone.

Der Löwenzahn weist ebenso viel Provitamin A auf wie die Karotte. 

Viele Wildpflanzenblätter sind sehr kalzium- und eisenhaltig.

Proteine aus Wildpflanzen haben eine hohe biologische Wertigkeit: Ein Beinwellfeld von 1 ha liefert 8-mal so viel Eiweiss wie ein Getreidefeld gleicher Grösse, und 50-mal so viel wie das darauf weidende Vieh!

…und grosser Aromenvielfalt

Gebratener Beinwell = Seezungengeschmack

Fruchtböden der Grossen Klette = zarter als Artischockenböden

Vogelmiere = aromatisches Nussaroma

Bärenklau-Blüte = (kurz in Wasser gegart) zarter als Spargeln

Giersch, Baumtropfen = eines unserer schmackhaftesten Wildgemüse

Wildpflanzen sind begehrt wie nie zuvor!

«Deine Nahrung sei deine Heilung»

Bärlauch (Allium ursinum)
Inhalt: Senfölglykoside + Vit. C Blätter: März–April: Rohgewürz für Salate, Suppen, Omeletten, Würste, Saucen Knospen und Blüten: März–Juni als Dekoration Medizinisch: blutreinigend, antiarteriosklerotisch, blutdrucksenkend

Beinwell (Symphytum officinale)
Inhalt: hochwertige Proteine, Vit. B12, Allantoin Blätter: April–September: roh, jung als Salatzusatz, Blatt zum Eindicken von Suppen, eingerollt im Bierteig = Seezungengeschmack! Zarte Stängelspitzen und Blattstängel: geschält und in Salzwasser blanchiert, an Vinaigrette, Béchamelsauce oder Sauce Hollandaise Wurzel: roh oder gekocht essbar Medizinisch: entzündungswidrig, bei Gelenkverletzungen

Brennnessel (Urtica dioica) 
Inhalt: Vit. A, C, Eisen, Proteine Junge Triebe: fast ganzjährig: Salatzugabe, gehackt in Olivenöl, Butter oder Tofu ergibt Brotaufstrich. Suppen, Omeletten, Quiches, Aufläufe, Soufflés, im Teigmantel. Süssspeisen wie Milchreis, Puddings, Kuchen, Waffeln, Krapfen – Limonaden, Sirupe Getrocknete Blätter: zu Pulver zerrieben als Gewürz im Winter Samen: ganzer Sommer: in Butter geröstet als Speisenbeilage Medizinisch: entgiftende Frühjahrskuren, entzündungshemmend, Rheuma, Prostata

Brunnenkresse (Nasturtium officinale)
Inhalt: Vit. C, Provit. A, Vit. B, E, Niacin, Eisen, Jod Ganze Pflanze: April – November: Salate und Gewürz, dekorativ, milder durch Kochen – Suppen, Aufläufe, Soufflés, Quiches Medizinisch: blutreinigend, stärkend, appetitanregend

Dost (Origanum vulgare) 
Inhalt: ätherische Öle Blätter und Blütenstände: Juli – September: Blüten in Salaten und Gerichten – nicht kochen! Blätter roh oder getrocknet für Pizza, Frischkäse Medizinisch: desinfizierend, schleimlösend

Holunder (Sambucus nigra) 
Inhalt: ätherisches Öl, Provit. A, Vit. C, Fruchtsäuren Blüten: Mai–Juli: verfeinern Getränke und Süssspeisen, Limonaden, Puddings Früchte: September–Oktober: Gelées oder Konfitüren Medizinisch: reizmildernd, schweisstreibend, fiebersenkend, bei Lungenkrankheiten

Hopfen (Humulus lupulus) 
Triebe: April–Mai: roh in Salaten, kurz kochen oder anbraten mit Sauce als Wildspargel, in Omeletten Zapfen: September – Oktober: Bierherstellung Medizinisch: beruhigend, schlaffördernd, Verdauung anregend 

Käslikraut (Malvae silvestris) 
Inhalt: Proteine, Provit. A, Vit. B1, B2, Mineralsalze Blätter: April – Oktober: junge, sehr zarte roh in Salaten, ältere Blätter roh oder gekocht als Gemüse Blüten und junge Früchte: Mai–September: Blüten als Dekoration, junge Früchte roh als «Katzenkäse», geschält als Salatzutat Medizinisch: reizmildernd, schleimlösend, entzündungswidrig

Löwenzahn (Taraxacum officinale) 
Inhalt: Provit. A, Proteine, Mineralsalze, Vit. C, B1, B2, E Wurzel und Blätter: fast ganzjährig: Blätter als Wildsalat, Wurzel roh oder gekocht essbar, geröstet wie Chicorée-Wurzeln als Kaffee-Ersatz Knospe und Blütenköpfchen: April – September: dekorativ, Löwenzahnwein, Gelées, Sirupe. Knospen in Salat oder wie Kapern in Essig. Medizinisch: blutreinigend, entwässernd, leberaktivierend, stärkend

Waldmeister (Galium odoratum) 
Inhalt: Cumaringlykoside Gesamte Pflanze: März – Mai: anwelken lassen, damit Aroma frei wird, «Maibowle». In Milch ziehen lassen als aromatische Würze für Creme-Speisen, Glacen, Puddings. Medizinisch: beruhigend, blutverdünnend

Weissdorn (Crataegus laevigatus) 
Inhalt: Flavonoide, Vit. C, Pektin Blüten: Frühsommer: Zierde diverser Gerichte – spezieller Duft! Junge Blätter: März–April: junge, hellgrüne Blätter als Salatzutat. Früchte: August–Oktober: apfelartige, neutrale und mehlige Früchte. Medizinisch: Herzmittel, blutdruckausgleichend, herzstärkend

Für die Küche

Alle Pflanzen gründlich unter fliessendem Wasser waschen, evtl. abkochen.

Würzige Kräuter immer auf befeuchtetem Brett schneiden, da sonst viel Aroma verloren geht.

Viele Wildpflanzen weisen einen herbbitteren oder scharfen Geschmack auf, dieser kann gemildert werden, indem grob geschnittene Blätter einige Minuten in lauwarmes Salzwasser gelegt und dann mit kaltem Wasser gespült werden. 

Hopfensprossen in Nusssauce

Zutaten für 4 personen: 600 g zarte Hopfensprossen Sauce: 50 g Haselnüsse, 50 g Blauschimmelkäse, 50 ml Olivenöl, 1 EL Essig, 2 Knoblauchzehen

Zubereitung: Hopfensprossen kurz über Dampf garen, sollten knackig bleiben. Nüsse im Mörser zerstossen, Käse mit Gabel zerdrücken, beides mit Olivenöl, Essig, fein gehacktem Knoblauch und Salz vermischen.