«Fische isch ds Wichtigschte»
«Fische isch ds Wichtigschte»
Bei jedem Wetter und zu jeder Tageszeit leben die Fishingdudes ihre Leidenschaft für die Fischerei aus, wobei sie grossen Wert auf einen richtigen Umgang mit Tieren und Umwelt legen. Früh an einem Sonntagmorgen stechen sie in den Thunersee, um auf Felchenfang zu gehen.
Text & Fotos: Julia Spahr
So können wir uns also freuen – bald ist das «Spiezerli» wieder auf dem Thunersee unterwegs. Auf der Website www.spiezerli.ch können Sie sich über den Zeitplan informieren und zusätzliche spannende Informationen zum Dampfer nachlesen. Ausserdem besteht auch immer noch die Möglichkeit, sich durch eine Spende am Projekt zu beteiligen – jeder Franken kann gebraucht werden. Es steht der Thunerseeregion sicherlich gut zu Gesicht, dass ein solches Stück Schifffahrts- und auch Tourismusgeschichte gepflegt wird und nicht finanziellen Überlegungen geopfert wurde. Gute Fahrt!
Früh an einem Sonntagmorgen, es ist noch ziemlich frisch, die Sonne ist erst aufgegangen und von einigen Wolken verdeckt, treffen sich Flöru, Nick und Mäthu im Gwatt, um auf Fischfang zu gehen. Der See liegt ruhig da, zwar ladet er in dieser Frühe noch nicht gerade zum Bade, dazu, per Boot befahren zu werden, dafür umso mehr. Während Flöru und Mäthu ihre Ruten bereits fachmännisch parat machen und mit den richtigen Ködern ausstatten, steuert Nick das Boot. Es ist seins, und genau wie an diesem Sonntag nimmt er gern hin und wieder andere Mitglieder des Vereins der Fishingdudes mit auf den See, damit auch sie die Vorzüge der Thunerseefischerei geniessen können. Sie revanchieren sich, indem sie ihn auf ihren Booten mitnehmen, zum Beispiel auf den Bielersee.
Gerätschaften und Erfahrungen austauschen
Genau darum ging es den Fishingdudes 2009 bei der Vereinsgründung: fischereibegeisterte junge Männer aus dem Kanton Bern besser zu vernetzen, Gerätschaften zu teilen und vor allem auch Erfahrungen und Wissen auszutauschen. Das tun die drei dann auch gleich in den ersten Minuten auf dem Boot: Mit Blick auf das Echolot suchen sie nach einem geeigneten Standort und Flöru gibt an, wo er in den vergangenen Tagen auf besonders viele Felchen gestossen ist. Da andere Fische noch die Schonzeit geniessen, gehen die Dudes auch heute mit der Rute auf Jagd nach diesem Fisch und besprechen deshalb, welche Erfahrungen sie mit den Ködern gemacht haben. Felchen ernähren sich von Larven, die durch den See an die Wasseroberfläche steigen. Deshalb können sie mit Larvenimitaten, sogenannten Nymphen, gefangen werden. Die Grösse und Form der Nymphen sei entscheidend und vor allem die Farbe gibt Anlass zu Diskussionen. Das sei ein unerschöpfliches Thema, sagen sie, und als Flöru zu sehr ins Detail geht und ausführlich beschreibt, mit welchen Ködern und Tricks die unterschiedlichen Fischarten gefangen werden können, halten ihn die anderen zurück: «He, verrat aber de nid grad aus!»
Langjährige Erfahrung
Das Fachwissen kommt nicht zuletzt von ihrer langjährigen Erfahrung in der Fischerei. Mäthu geht der Beschäftigung seit sieben, Nick und Flöru seit über zehn Jahren nach. Berufsfischer zu werden, sei aber für alle drei nie in Frage gekommen, der Druck, etwas zu fangen, wäre zu gross, und jeden Tag um die 60 Kilo Fische zu putzen und auszunehmen, stellen sie sich als wenig berauschend vor. Trotzdem haben sie versucht, mit der Fischerei Geld zu verdienen, indem sie Fischerkurse anboten. Das funktionierte aber nicht so richtig, denn Fischen hat in der Schweiz als Freizeitbeschäftigung keinen so grossen Stellenwert wie beispielsweise in den USA, in Kanada oder Skandinavien. Jetzt erteilen sie nur noch theoretische Kurse zur Erlangung des Sachkunde-Nachweises-Fischerei (SaNa-Ausweis), der für den Erhalt von Langzeitpatenten obligatorisch ist. Mit diesem wird sichergestellt, dass Fischerinnen und Fischer über den tiergerechten Umgang mit Fischen und Krebsen Bescheid wissen. Mit diesen Kursen wollen die Fishingdudes aber nicht in erster Linie einen finanziellen Gewinn machen, es liegt ihnen viel mehr am Herzen, angehenden Fischern zu zeigen, wie man mit dem Fang umgeht und wie man sich auf Gewässern bewegen muss, um der Umwelt keinen Schaden zuzufügen.
«Giele, es het im fau Fisch»
Dieses Engagement zeugt von ihrer grossen Leidenschaft für die Fischerei. «Fische isch ds Wichtigschte», sagt Flöru, und sei das Wetter noch so regnerisch oder kalt, sie gingen mindestens einmal in der Woche
auf einen See, Fluss oder Bach, auch im tiefsten Winter. Im Frühling und Sommer seien sie jede freie Minute auf den Gewässern des Kantons Bern anzutreffen und genau darin liege auch eine grosse Faszination dieser Freizeitbeschäftigung: bei jedem Wetter und zu jeder Tageszeit draussen an der frischen Luft und in der Natur zu sein. Deshalb finden es die drei auch nicht weiter tragisch, wenn einmal ein Tag vergeht, ohne dass die Ausbeute allzu gross war. «Fische isch längwilig», zitieren sie in solchen Momenten eine oft gehörte Aussage im Scherz, um sie aber gleich wieder zurückzunehmen. Es sei alles andere als langweilig und erfordere sehr viel Konzentration. Man müsse den Rutenspitz stets im Auge behalten, um die Rute im richtigen Moment hochzuziehen, damit man den Fisch an den Haken bekomme. «Am Abe bini aubes rächt kaputt, eifach vom Spitzaaluege», sagt Flöru. Als einmal die Konzentration nachlässt und sie sich in Plaudereien verlieren, das Echolot aber anzeigt, dass etwas zu fangen wäre, mahnt Mäthu zu Aufmerksamkeit: «Giele, es het im Fau Fisch!»
«Tage, an denen man einen nach dem anderen rauszieht, sind schon etwas Besonderes.»
«Es war trotzdem ein schöner Tag»
Auch das Ausprobieren, mit welcher Technik, welchen Ködern und an welchen Standorten man zum Erfolg kommt, habe einen grossen Reiz, deshalb seien Tage, an denen man einen nach dem anderen rausziehe, schon etwas Besonderes. Und natürlich sei es auch schön, wenn ein besonders grosser Fisch anbeisse. Das passiert aber eher selten und auch an diesem Sonntag fällt nichts dergleichen vor. Nachdem die Sonne den Zenit längst überschritten hat und sie neben ein paar zu kleinen Egli, die wieder freigelassen werden mussten, gerade mal zwei Felchen gefangen haben, steuert Nick sein Boot wieder Richtung Bootshaus im Gwatt. Sie steigen aus und packen die Ruten zusammen. «Es war trotzdem ein schöner Tag», sagt Mäthu und lacht über die Abgedroschenheit dieser Floskel. Denkt man an den frischen Wind, die vereinzelten Sonnenstrahlen auf der Haut, den offenen, ruhigen See, den Blick auf die Berge und das ruhige Zusammensein auf dem Boot, kann man dieser Aussage trotz ihrer Floskelhaftigkeit durchaus zustimmen.