Fungi Futuri: Eine ganz schön pilzige Sache
Fungi Futuri: Eine ganz schön pilzige Sache
Die Faszination für Pilze, deren Entstehung und Produktion verbindet Severin Scheurer, Fabian Schneider und Tobias Schüpbach. Die drei betreiben in Steffisburg das Unter- nehmen Fungi Futuri, eine Frischpilzpro- duktion. Hier heisst es nicht ab in den Wald, sondern ab in die Petrischale. Bei Fungi Futuri beginnt die Magie der Pilze nämlich im Labor.
Text: Nina Bieri | Fotos: Nina Bieri, zvg
Von der Petrischale zum geernteten Pilz
Fungi Futuri führt alle Schritte der Pilzzucht selbst durch. So haben sie die gesamte Produktion unter Kontrolle. Viel Arbeit, die sich jedoch lohnt. Egal ob Zitronenseitling oder Igelstachelbart, für jede Zuchtpilzart benötigt man als Erstes eine Kultur in einer Petrischale. In dieser Petrischale wächst dann nur das Myzel des entsprechenden Pilzes. Diese sogenannte Reinkultur sollte möglichst steril bleiben, weshalb ein Labor notwendig ist. Aus den Reinkulturen wird dann schliesslich die Brut hergestellt. Damit bezeichnet man Material, das vom Pilz gut besiedelt oder durchwachsen werden kann. Fungi Futuri verwendet für seine Brut Roggenkörner. Diese besitzen auch nach der Besiedlung der Pilze eine gute Rieselfähigkeit, die dafür sorgt, dass sich die Brut ideal im Substrat verteilt und so möglichst viele Pilze gezüchtet werden können. Das Substrat bildet den Nährboden für die heranwachsenden Pilzkulturen. Um den Ertrag zu steigern, wird das Substrat beimpft, es erhält sozusagen eine Pilzsporenspritze, zuvor muss das Substrat aber sterilisiert werden. Schliesslich werden die Roggenkörner mit dem Substrat vermischt und in Substratsäcke gefüllt. Diese Säcke werden nun in den Durchwachsungsraum gestellt, bis das gesamte Substrat durchwachsen ist. Um Fruchtkörper zu bilden, müssen die Substratsäcke in einen weiteren Raum: den Fruchtungsraum. In diesem ist die Temperatur besonders wichtig. Konstante Temperatur und Feuchtigkeit sind notwendig, damit die Pilze optimal wachsen können. Dies kontrollieren die Mitarbeiter von Fungi Futuri genau. Je nach Sorte verbringen die Pilze drei Wochen bis vier Monate hier. So etwa der Shiitake-Pilz, dieser benötigt von der Petrischale bis zum erntefähigen Pilz etwa drei bis vier Monate. Nur wenn die Bedingungen von Anfang an optimal sind, werden aus Pilzkulturen schliesslich genug grosse Pilze, die geerntet werden können. Auch wenn diese Prozesse etwas künstlich klingen, ist dem nicht so. Grund dafür ist bei Fungi Futuri, dass sie den Pilzkulturen keine chemischen oder künstlichen Stoffe zusetzen. Auch beim weiteren Wachstumsprozess der Pilze nicht. Dies bedeutet, dass das Endprodukt ein schlicht natürlicher Pilz ist, wie er in der Natur auch vorkommt.Nicht immer sind Severin Scheurer, Fabian Schneider und Tobias Schüpbach erfolgreich. Das sei auch nicht das Ziel, denn ein gescheitertes Experiment sei für Fungi Futuri auch immer ein Anreiz, weiterzumachen und nachzuforschen. «Manchmal funktioniert ein Versuch beim ersten Mal prima und die nächsten Male gar nicht mehr. So kommt es manchmal zu unterhaltsamen und interessanten Momenten», so Fabian Schneider. Die Temperatur, die Feuchtigkeit und der CO2-Gehalt spielen eine entscheidende Rolle. Pilze atmen und verbrauchen Sauerstoff aus der Luft und stossen dabei CO2 aus. Einerseits tragen die Kohlenstoffverbindungen zu einem besseren Wachstum der Pilze bei, andererseits kann zu viel CO2 den Pilzen auch schaden. Ist es zu trocken, zu heiss oder doch zu feucht, beeinträchtigt dies das Wachstum der Pilze enorm. Rund 20–25°C sollten im Labor und im Durchwachsungsraum herrschen, im Fruchtungsraum rund 12–19°C. «Im ersten Jahr gingen rund 90Prozent der Versuche schief», lacht Tobias Schüpbach. Probleme hatte Fungi Futuri vor allem mit Kontaminationen und der Temperatur. Kontamination hat in diesem Fall nichts mit einer Infektion oder Krankheit zu tun, sondern mit dem Vorhandensein von Bakterien, die das Wachstum der Pilze stören und auf den Nährböden nicht vorhanden sein sollten. Doch mittlerweile hat das Team von Fungi Futuri schon 20 Sorten erfolgreich produziert und die kleinen Organismen gut im Griff.
Pilzsorten gezüchtet. Jeden Freitag bietet Fungi Futuri einen Direktverkauf der Frischpilze an. Zitronenseitlinge, Austernseitlinge, Shiitake oder Igelstachelbärte gehören zum Sortiment. Pilzliebhaber:innen können den Pilz dort beziehen, wo er herkommt. Ob etwas ausgefallen oder doch lieber klassisch, die Pilze sind frisch, ökologisch und sogar Bio-Suisse-zertifiziert. Die grösstmögliche ökologische Produktionsweise wird durch die geringe Distanz der Rohstoffe zum Herstellungsort der Pilze erreicht. Wer lieber getrocknete Pilze mag, wird bei Fungi Futuri auch fündig. Aus dem Überschuss der Pilzproduktion werden Dörrpilze hergestellt, die online oder direkt bezogen werden können. Auch beliefert Fungi Futuri verschiedene Gastronomiebetriebe und Läden.
Für Interessierte bietet Fungi Futuri Exkursionen, Pilztouren und Kurse an. «Wir möchten unser Wissen an Interessierte weitergeben», erzählt Severin Scheurer. In den Kursen wird man in die Schritte der Pilzzucht eingeführt. Experimentierfreudigere Pilzfreund:innen können sich im Online-Shop des Unternehmens Pilzzuchtsets bestellen und den Vorgang selbst erforschen.
Im Herbst selbst Pilze sammeln zu gehen, ist der Traum vieler. Doch nicht erfahrene Pilzsammler:innen gelangen manchmal an ungeniessbare oder giftige Pilze. So bietet Fungi Futuri Pilzkontrollen an. Diese werden von einem geprüften und offiziellen Pilzkontrolleur durchgeführt. Dank der leidenschaftlichen Arbeit der Betreiber wächst bei Fungi Futuri immer etwas – egal ob Winter oder Sommer.