Tomaterei Homberg: Viel Gemüse aus der kleinen Gärtnerei

Tomaterei Homberg: Viel Gemüse aus der kleinen Gärtnerei

Tomaterei Homberg: Viel Gemüse aus der kleinen Gärtnerei

Auf 1000 Quadratmetern bauen Ronja Schlotterbeck und Claude Brechbühl Bio-Gemüse für 70 Parteien an. Auf ihrem Gemüsebetrieb, der Tomaterei Homberg, findet man nicht nur eine atemberaubende Aussicht auf die Vor- alpen, sondern auch zwei Gemüseliebhaber:innen, die zeigen, wie eine nachhaltige und verantwortungsvolle Landwirtschaft aussehen kann.

Text: Alice Stadler | Fotos: Luca Däppen, zvg

Ganz nach dem Motto «Klein, aber oho!» wird in dem Betrieb der Tomaterei Homberg gearbeitet. Ihr Bewirtschaftungssystem nennt sich «Marktgärtnerei». Ein Konzept, bei dem aus wenig viel geschaffen werden soll und das heute vermehrt wieder zum Zuge kommt. Während in der motorisierten Landwirtschaft die Produktion an die Maschine angepasst wird, ist hier der Mensch der Massstab. So werden zum Beispiel die Beete anders angelegt: Sie sind nur 75 Zentimeter breit. Das ist die ideale Breite für ein rückenschonendes Arbeiten von Hand und um über die Beete hinwegzuschreiten. Ausserdem wird dichter bepflanzt und deswegen vor allem mit Handwerkzeugen gearbeitet. Aus diesem Grund ist der benötigte Lagerplatz für die Werkzeuge vergleichsweise klein. Die einzige motorisierte Ausnahme ist eine Minifräse, bei der eine Bohrmaschine als Antrieb dient. Mit diesem Gerät wird bei der Beetvorbereitung der Kompost nur ganz oberflächlich eingearbeitet und hinterlässt eine feinkrümelige Oberfläche. Ein zusätzliches Plus dieser Anbaumethode ist neben dem Schutz des Bodens auch die sehr geringe Lärmbelastung, die es den beiden Gärtner:innen ermöglicht, sich auch während der Arbeit miteinander auszutauschen. Und nicht zu vergessen ist auch die nicht vorhandene Luftverschmutzung. Das Gärtnern ist und bleibt natürlich eine körperliche Arbeit. Mit frischer Luft, den durchdachten Handwerkzeugen sowie einem guten Gespräch schätzen die beiden diese Arbeitsweise jedoch sehr.

Nicht nur Tomaten

Beim Namen «Tomaterei» könnte man meinen, es gäbe in diesem Garten nur Tomaten. Dem ist aber nicht so; hier werden über 50 Gemüsearten angebaut, wobei es von einer Art immer auch noch verschiedene Sorten gibt. Ihre Liebe für gutes Gemüse motiviert sie, ihren Kund:innen stets das Beste bieten zu wollen. «Das bedeutet dann auch, dass man bei jedem Erntetag frühmorgens ‹Radiesli› probieren muss, damit man sie im perfekten Stadium erntet – das ist nicht immer einfach», bemerkt Claude lachend. Durch ihr Interesse sind die zwei aber auch auf spannende und vielerorts noch unbekannte Sorten gestossen wie eine chinesische Schlangengurke. Es sind diese Entdeckungen, die sie für das nächste Gartenjahr beflügeln. Einkaufen im Geschäft vermittle auch einen sehr reduzierten und manchmal auch verfälschten Eindruck des Gemüses in Sachen Saisonalität und Geschmack. Eine andere Möglichkeit bietet ihr Gemüseabo, das in Thun, Hünibach, Hilterfingen, Steffisburg und Homberg bezogen werden kann. Über freie Aboplätze kann man sich auf der Website oder per Telefon informieren. Die Kund:innen können die Grösse des Abos wählen: klein, mittel und gross. Ronja und Claude nehmen sich das Recht heraus, zu entscheiden, was sie anbauen werden, das heisst, für die Abonnent:innen wird es jede Woche eine Überraschung. Im Gegenzug bieten sie Vielfalt, beste Qualität und erntefrische Produkte, direkt mit dem E-Bike geliefert. «Das macht auch einfach Spass, wenn man mit den vollgepackten Gemüsetaschenanhängern ausfährt und sein Gemüse verteilt», erklärt Ronja mit einem breiten Grinsen. Ausserdem sorgt die Gemüsetasche auch für Kochinspiration, denn sie beinhaltet immer wieder mal ein alltagstaugliches, unkompliziertes Rezept. Drei davon findet man auf diesen Seiten.

Ronja wie auch Claude sind Quereinsteiger in der Landwirtschaft: er Zeichner Fachrichtung Landschaftsarchitektur und Produktdesigner, sie Buchhändlerin und Lehrerin. Zusammen haben sie sich durch ihre Passion fürs Gärtnern einen Traum erfüllt – die Freude an geschmackvollem Gemüse mit den Leuten aus der Region teilen und dabei eine selbstbestimmte und sinnstiftende Arbeit haben. Der Betrieb, der im Jahr 2022 eröffnet wurde, befindet sich noch in der Aufbauphase. Momentan wird gerade das Haus für das Waschen und Lagern von Gemüse ausgebaut. Dass «Homberg» im Namen steht, ist ein purer Zufall. Nachdem sich die zwei entschlossen hatten, ihre Idee der Marktgärtnerei in die Tat umzusetzen, und genügend Erfahrung in anderen Betrieben gesammelt hatten, ging es an die Grundstücksuche. Gesamtschweizerisch hielten sie nach einem geeigneten Platz Ausschau, aber dann wollte es der Zufall, dass gerade das Bauernhaus, das von Ronjas Eltern vermietet wurde, frei wurde. Sie liessen sich nicht zweimal bitten und der Aufbau der Tomaterei begann. «So wenig wie möglich, so viel wie nötig» Im letzten Frühling haben sie die Anbaufläche um 40 Prozent erweitert und erreichten damit eine Umsatzsteigerung von 70 Prozent. 2024 ist die zweite Saison, in der beide Vollzeit in der Gärtnerei beschäftigt sind. Ziel ist es, herauszufinden, wie viel zwei Leute allein bewältigen können. Transparenz, Hyperlokalität, bodenschonende Anbauweise: Diese Stichworte lassen sich auf das Schlagwort «Verantwortung» zurückführen. Denn weil die beiden mit Allgemeingütern wie Boden, Luft und Wasser arbeiten, wollen sie besonders Sorge tragen und auf schädliche Umwelteinflüsse verzichten. Deswegen wird so energiesparend wie möglich produziert sowie der Boden geschützt, damit dieser nicht ausgelaugt wird und noch für kommende Generationen fruchtbar bleibt. Ein grosser Vorteil ihrer Arbeitsweise sehen sie auch in ihrem Zweiergespann, «denn wenn wir eine Idee haben, dann müssen wir uns auch immer die Frage stellen: Wollen und können wir das auch wirklich machen?» Das sorge natürlich auch dafür, dass man daran interessiert sei, gute Arbeitsabläufe und angenehme Arbeitsbedingungen zu haben, bemerkt Ronja. Für sie ist auch das Konkurrenzdenken fehl am Platz, denn alle Ernährungsformen beinhalten Gemüse, und es gäbe noch genügend Leute, die man mit lokalem Gemüse versorgen könne. Auch würden sie es toll finden, wenn jede Ortschaft eine solche lokale Versorgungsstätte hätte. Das Team setzt auf Direktvermarktung, um für die Konsument:innen nahbar zu sein und dem Preisdruck vom Grosshandel zu entgehen. Zudem bietet ihr Abo-Konzept eine gute Planbarkeit, denn es wird genau berechnet, wie viel Gemüse für die Anzahl Abos hergestellt werden muss, damit es keinen Überschuss gibt. Da alles Gemüse aus Eigenanbau stammt, ist es automatisch saisonal und regional. Mit einem Abo wird also gleichzeitig den Leuten auch das Leben erleichtert, da sie sich zu diesen Themen keine Gedanken mehr machen müssen. Zudem werden in der Tomaterei die Setzlinge, wenn möglich, alle selber gezogen. Dies führt nicht nur zu einer grösseren Sortenvielfalt, sondern bietet den Konsument:innen gegenüber auch vom Samen bis zur Auslieferung Transparenz. So ist auch der Gartenrundgang – eine Veranstaltung für neugierige Gemüseabonnent:innen und Interessierte, um einmal die Herkunft ihres Gemüses kennenzulernen und Fragen an die zwei Gärtner:innen zu stellen – ein weiterer Pfeiler ihrer Produktionstransparenz. 

Das grösste Ziel der nächsten Zeit sei natürlich, einmal Infrastruktur und Abläufe weiter zu optimieren, bevor die Produktion erhöht wird. Klar ist aber auch, dass Ronja und Claude die Ideen nicht ausgehen, wie sie selbst sagen: «Wir lieben es zu gärtnern, und für uns passt dieses Anbausystem – es macht uns einfach Spass!» Man darf also gespannt sein, wie sich die Tomaterei weiterentwickelt.


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