Victoria Jungfrau: In neuem alten Glanz

Victoria Jungfrau: In neuem alten Glanz

Victoria Jungfrau: In neuem alten Glanz

Das Victoria-Jungfrau Grand Hotel & Spa in Interlaken befindet sich in einem stetigen Wandel und geht mit dem Lauf der Zeit. Anfangs 2018 wurde die Renovation von 42 Zimmern und Suiten abgeschlossen. Diese spiegeln den schmalen Grat zwischen Erneuerungswillen und Pflege der eigenen Tradition, auf dem ein Grandhotel mit langer Geschichte gehen muss, wider. Die Renovation ist ein charakteristisches Beispiel, an dem sich die Herausforderungen eines modernen Grand- hotels nachzeichnen lassen.

Text: Lars Wyss | Fotos: Lars Wyss, zvg

Das Victoria-Jungfrau hat seine Ursprünge im 19. Jahrhundert. Der Unternehmer Eduard Ruchti erwarb im Jahr 1856 die Pension Victoria. Nachdem 1865 ein Neubau eröffnet wurde, erwarb Ruchti 1869 zusätzlich das benachbarte Hotel Jungfrau. Die zwei Teile – Victoria und Jungfrau – wurden 1899 durch einen Mittelbau miteinander verbunden: Mit der ikonischen Kuppel entstand so das noch heute bestehende Grandhotel Victoria-Jungfrau.

In der Belle Epoque erlebte Interlaken und auch das Hotel eine Blütezeit, welche jedoch durch den Ersten Weltkrieg ein jähes Ende nahm. Nichtsdestotrotz konnte das Hotel seine Stellung in der Luxushotellerie behaupten. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs unterlag das Hotel einem stetigen Wandel und passte sich den neuen Bedürfnissen der Gäste an. Heute verfügt das Hotel über 216 Zimmer und zählt zu den Leading Hotels of the World; eine besondere Attraktion bietet der über 5500 Quadratmeter grosse Wellnessbereich.

Bereits 2017 wurde ein Teil der Räumlichkeiten im Victoria-Flügel renoviert, bis 2018 kamen weitere 42 Zimmer und Suiten im sogenannten Trianon, dem angehängten Neubau aus den 1950er-Jahren (in den 80ern umgebaut), dazu. Diese Zimmer bilden die Basis des neuen Komfortstandards des Victoria-Jungfrau und zählen auch zu den beliebtesten Zimmern bei den Gästen.

Grundsätzlich ist beim Victoria-Jungfrau immer zu beachten, dass ein grosser Teil des Gebäudes unter Denkmalschutz steht. Von den Aussenbereichen über die zahlreichen alten öffentlichen Bereiche und die angrenzenden Säle bis hin zu den Böden, im Victoria-Jungfrau kann nicht einfach frei renoviert werden. Auf den modernen Trianon trifft dies jedoch nicht in diesem Ausmass zu wie beispielsweise auf den Lobbybereich.

Ein Grandhotel wie das Victoria-Jungfrau untersteht einem steten Prozess des Wandels. Man darf sich in dieser Branche nicht ausruhen: Der Gast will etwas erleben – er soll einen «Wow-Effekt» bekommen. Die grosse Herausforderung liegt darin, dass dieser Wunsch nach Neuem erfüllt wird, zugleich aber der Charme des Alten erhalten bleibt. Der Gast wählt nicht zuletzt aufgrund des Traditionsbewusstseins des Grandhotels diese Bleibe, er will aber auch mit dem Komfort der Gegenwart verwöhnt werden. Stetige Veränderungen sind folglich zwingend.


Was bedeutet dies für das Konzept der neu renovierten Zimmer? 

Das Gesamtkonzept, welches die spanische Architektin Monica Montabes entwickelte, könnte vielleicht generell bezeichnet werden als: Luxus mit klaren Linien, und zwar im modernen Sinne, aber auch mit Rücksichtnahme auf Tradition.

Früher waren die Zimmer durch Braun- und Beigetöne oder auch Blau- und Gelbtöne geprägt, wie das in den 80er-Jahren so üblich war – dies erzeugt heute jedoch einen etwas verstaubten Eindruck. Entsprechend sind die Zimmer nun in grauen und weissen Tönen gehalten. Die Farbgestaltung ist dezent und in Verbindung mit der Lichtgestaltung weisen die Zimmer ein modernes, aber auch nobles Flair auf.

Eher weniger, dafür grössere Möbel zieren die Zimmer, damit man Raum zum Atmen hat und das Auge wandern lassen kann. Vermehrte Accessoires sorgen dafür, dass dem Auge auch nicht langweilig wird. Goodies wie Minibar, Espressomaschine oder Bügelbrett gehören zum gesicherten Standard. Das Lichtbild lässt sich vom Bett aus selber kreieren und den persönlichen Wünschen anpassen. Hier sind Töne von hell über mild bis zu neutral möglich, das noble Flair der Zimmer geht aber im Kontext der Grau- und Weisstöne nicht verloren. Das Bad weist eine Badewanne, zwei Lavabos und Dusche auf. Als sinnbildliches Beispiel für das Gesamtkonzept: Während das Bad mit beheiztem Spiegel, damit er bei Dampf nicht anläuft, auf höchsten technischen Komfort ausgerichtet ist, sind die Griffe der Duschköpfe in Porzellan gehalten. Auch hier bewährt sich die Symbiose von Modernität und Tradition.

Die neu renovierten Zimmer sind in drei Kategorien aufgeteilt. Die Superior Zimmer verfügen über einen Vorflur und ein grösseres Zimmer mit Blick gegen Osten, selbst als kleinste Klasse sind sie äusserst grosszügig ausgestattet. Die Junior Suiten blicken gegen Westen und verfügen zusätzlich über eine Wohnzimmerecke, in der man sich wie zu Hause fühlen soll. Die grösste Kategorie bleibt die Duplex Suite, welche doppelstöckig und eine moderne Interpretation eines klassischen Chalets ist, hier hat man viel Platz und lebt beinahe wie in einer eigenen Wohnung.

In der Renovation im Victoria-Jungfrau wurde folglich alles daran gelegt, den Charme des Alten zu erhalten und zugleich moderne Standards zu bieten. Es wird hier aber nicht nur eine Beibehaltung des Alten mit einer modernen Ausstattung vermischt, vielmehr erreicht man mit dem Spiel von Farbtönen und der Lichtgestaltung eine Symbiose, welche einem das Gefühl gibt, eine «moderne Grandhotellerie» zu erleben. Das Alte, vielleicht auch eher im Sinne des Noblen, schwingt mit, dennoch fühlt man sich nicht in der Vergangenheit, sondern in einer vertrauten und modernen Gegenwart.

So bleibt das Victoria-Jungfrau einem steten Prozess des Wandels unterworfen. Dies bringt Herausforderungen mit sich, denn eigentlich bleibt nur von Mitte/Ende Oktober bis Mitte April wirklich Zeit für Renovationen, in der Hauptsaison ist das Hotel zu stark ausgelastet. Nichtsdestotrotz: Das Haus lebt immer! Visionen entstehen, und Visionen werden umgesetzt. Es bleibt letztendlich auch eine Art Spiel, eine Geschichte zu erzählen, in der das Hotel nicht nur Akteur in ihr, sondern sie selber ist. 

Dies macht den Reiz aus. Die Gäste geniessen den frischen Wind. Sie wollen Neues sehen, wenn sie wiederkommen, und sie fühlen sich trotzdem geborgen im alten Flair der Grandhotellerie. Ein Haus, das eine Geschichte erzählen kann, das eine Seele hat, bietet weit mehr als ein neuer, lebloser Betonkomplex. Aber man muss auch mit der Zeit gehen, wenn man nicht verstaubt wirken will. Das Victoria-Jungfrau versucht mit seinen neuen Zimmern diesen Schritt zu gehen: neuer alter Glanz – Hotellerie für den modernen Menschen in einer neuen Zeit, mit einer Seele, die sich auf eine lange Geschichte stützt, das Flair des altbewährten Noblen.

Für die Zukunft strebt man im Victoria-Jungfrau an, den Gästen im Hotel selbst mehr eigene Erlebniswelten zu bieten. Interlaken ist zerstreut und viele Gäste sind mit dem Angebot überfordert; das Victoria-Jungfrau soll den Gästen entweder Aktivitäten direkt im Haus bieten oder die Gäste zu Aktivitäten ausserhalb leiten. So soll ein Besuch im Victoria-Jungfrau noch mehr zu einem Gesamterlebnis werden.

Ein Besuch wird zu einem Gesamterlebnis.

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