Südländisches Feeling am Thunersee

Südländisches Feeling am Thunersee

Südländisches Feeling am Thunersee

Das idyllisch in Leissigen am See gelegene Häuschen lässt auf den ersten Blick nicht vermuten, dass es als eine von über fünfzig Jugendherbergen in der Schweiz genutzt wird. 

Text: David Heinen | Fotos: zvg

Beatenbucht, Beatushöhlen, Beatenberg – der heilige Beatus hat auf der rechten Thunerseeseite deutliche Spuren hinterlassen. Der Legende nach bekam St. Beatus von Petrus die Mission erteilt, nördlich der Alpen das Christentum zu verbreiten. So gelangte er in die Thunerseeregion – und hatte gleich ein gefährliches Abenteuer zu bestehen: In einer Höhle oberhalb des Sees lebte ein furchtbarer Drache, der die Landschaft verwüstete und die Menschen terrorisierte. Doch Beatus liess sich nicht einschüchtern und trat mutig mit dem Kreuz in der Hand dem Drachen entgegen. Dieser floh und stürzte in den Thunersee, wo er sein nasses Grab fand. Bis zu seinem Tod im Jahr 112 lebte Beatus dann in ebendieser Höhle als Einsiedler. Bei einer solchen Heldentat ist es kaum überraschend, dass ihn die Menschen in der Region von da an als Heiligen verehrten und die St.-Beatus-Höhlen zu einem Wallfahrtsort wurden. Die Wallfahrten nahmen in den folgenden Jahrhunderten immer weiter zu, angeblich weil die Kranken in den Höhlen von ihren Leiden befreit wurden. Doch Anfang des 16. Jahrhunderts setzte sich im ganzen Kanton Bern die Reformation durch, und der Berner Obrigkeit war das Treiben bei den St.-Beatus-Höhlen ein Dorn im Auge. Kurzerhand liess sie die Kapelle einreissen und die Höhle zumauern. Doch die Gläubigen liessen sich davon nicht abschrecken, immer wieder wurden die Mauern eingebrochen, und die Verehrung des St. Beatus dauerte fort.


Vom beschaulichen Buffet zum modernen Restaurant

Nun machen wir einen grossen Sprung in der Geschichte nach vorne und landen in der Moderne. Ende des 19. Jahrhunderts wurde die Standseilbahn von der Beatenbucht nach Beatenberg gebaut und 1889 feierlich eröffnet. 1946 folgte die Sesselbahn, die Beatenberg mit dem Niederhorn verband; nun waren der touristischen Erschliessung der Region keine Grenzen mehr gesetzt. Gemütlich konnte man von der Beatenbucht aus auf das Niederhorn reisen und auf 1964 Metern über Meer die fantastische Aussicht auf Eiger, Mönch und Jungfrau geniessen, während der Thunersee weit unten am Fuss des Bergs blau funkelte. Bald wurde bei der Bahnstation in der Beatenbucht auch ein kleines Buffet gebaut – der Vorgänger des Seerestaurants Beatenbucht. Das Lokal war damals noch viel kleiner, und es gehörte noch keine Terrasse zum Betrieb. Über 40 Jahre war Susanne Tschanz die Wirtin im alten Buffet und lebte auch danach noch in der Wirtenwohnung in der Station Beatenbucht. Im Jahr 2005 wurde dann das heutige Seerestaurant mit seiner schönen Sonnenterrasse eröffnet. Seit einigen Jahren verpachtet die Niederhornbahn AG die Lokalität an die Firma Hüttenzauber. Diese führt viele Betriebe in der Region, wobei das Seerestaurant Beatenbucht ein wenig aus dem Portfolio heraussticht. Während die anderen Betriebe eher Berghütten-Feeling vermitteln, ist das Seerestaurant Beatenbucht sehr modern und minimalistisch.


Genuss mit grandioser Aussicht

Vor dem Gebäude stehend, erblickt man einen eher unscheinbaren roten Container, an den sich ein Glaskubus anschliesst. Sofort fällt die grosse Terrasse auf, die sich elegant dem See anschmiegt und sich auf der rechten Seite der Bucht entlang bis ans Wasser erstreckt. Nur an wenigen Stellen kann man am rechten Thunerseeufer so nahe am Wasser dinieren. Wer das Restaurant betritt, wird von der unglaublichen Aussicht fast geblendet – eine riesige Glasfront bildet den Abschluss auf der Seeseite. Das Interieur ist eher schlicht gehalten, und es wurde viel mit Holz gearbeitet, wobei sich Stühle und Lampen in zeitlosem Schwarz präsentieren. Neben der Bar fällt sofort der schon fast überdimensionierte Pizzaofen ins Auge und steigert die Erwartungen. Insgesamt 90 Plätze hat das Seerestaurant Beatenbucht – 45 drinnen und noch mal 45 auf der Terrasse –, und bei schönem Wetter braucht es die auch. Auf der Website wirbt das Restaurant mit «südländischem Feeling am Thunersee», was wirklich nicht weit hergeholt ist. Merligen wird schliesslich das Palmendorf genannt, und die Gegend besticht durch ein äusserst mildes, schon fast mediterranes Klima. Wenn man es sich nun bei Sonnenschein auf der grossen Terrasse direkt am Wasser bequem macht und ein Stück Pizza verspeist, kommt tatsächlich Ferienstimmung auf. Allerdings hat das Restaurant auch bei schlechtem Wetter einiges zu bieten. So kann man gemütlich drinnen im Warmen sitzen und durch die Glasfront beobachten, wie Sturm und Gewitter über den Thunersee ziehen.


Nicht nur Schnitzel und Pommes

Seit Februar 2022 ist Matthias Pfäffli der Betriebsleiter im Seerestaurant Beatenbucht, und er legt grossen Wert auf Saisonales und Selbstgemachtes. Natürlich ist das Lokal erst mal ein Ausflugslokal – also dürfen Schnitzel, Pommes und Fischknusperli nicht auf der Karte fehlen. Bereits erwähnt wurden die Pizzen, für die das Küchenteam Teig und Sugo selbst herstellt. Die Karte bietet zusätzlich einige verspielte Sachen; so findet man darauf beispielsweise eine selbst gemachte Spargeltartelette mit Bärlauchpesto, süss-saurem Rhabarber und frittiertem Ei im Frühlingsangebot. Letztes Jahr war das vegetarische Tatar aus Pilzen, Auberginen und roten Zwiebeln ein echter Renner. Diese Eigenkreationen kommen gut an, und so bleibt die Fritteuse an manchen Tagen auch mal kalt. Klar ist: Das Team vom Seerestaurant Beatenbucht beherrscht die Klassiker genauso wie die moderne Küche. Sie wollen damit nicht nur für Ausflügler, sondern auch für Personen, die einfach gut auswärts essen möchten, interessant sein. Zudem werden immer mal wieder spezielle Anlässe durchgeführt. Vor einem Jahr wurde mit über 200 Gästen ein Rave veranstaltet. Das ganze Interieur wurde rausgeräumt und dafür ein DJ-Pult reingestellt. Solche Events sind noch im Aufbau begriffen, aber Matthias Pfäffli möchte das Konzept weiterverfolgen. Die Location ist schliesslich prädestiniert dafür.

Die Party wäre Beatus als Einsiedler wohl etwas zu viel gewesen, und er war sich wahrscheinlich auch etwas einfachere Kost gewohnt. Doch er hätte sicher Freude daran gehabt, dass sich die nach ihm benannte Bucht in so tollem Licht präsentieren kann – egal ob bei Regen oder Sonnenschein.

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