Mit Blick auf See und Niesen

Mit Blick auf See und Niesen

Mit Blick auf See und Niesen

In Oberhofen am Thunersee ist ein ganz besonderes Hotel zu finden. Bereits vor 120 Jahren wurde der «Niesenblick» gebaut und kann somit auf eine bewegte Geschichte zurückblicken. Seit gut zwei Jahren steht er nun unter neuer Führung – und es hat sich einiges getan.

Text: David Heinen | Fotos: zvg

Die Geschichte des heutigen Boutique Hotel & Restaurant Niesenblick ist ein kleines Mysterium, nicht viel ist über die Anfangszeit bekannt, und auch die Dorfchronik schweigt sich über die genauen Umstände aus. Nicht einmal alte Baupläne konnte die heutige Besitzerschaft ausfindig machen. Einigermassen gesichert ist zumindest, dass in dem Jugendstil-Chalet seit über 120 Jahre Gäste empfangen werden – es wurde also um 1900 erbaut. Damit lässt sich die kleine Geschichte des Hotels am See gut in die grössere Geschichte der Gemeinde Oberhofen und deren Tourismustradition integrieren. 


Schlösser, Wein und Tourismus

Seit Jahrhunderten bestimmt das Schloss Ober- hofen – längst nicht nur architektonisch – die Gestalt der Ortschaft am rechten Thunerseeufer. Im 13. Jahrhundert im Auftrag eines lokalen Adelsgeschlechts erbaut, fiel das Schloss 1306 an Habsburg-Österreich. Danach kam die Zeit der Berner. Diese nahmen im Sempacherkrieg von 1386 Oberhofen ein und erwarben bald darauf auch die Lehensrechte am Schloss Oberhofen. Bis Ende des 18. Jahrhunderts bestimmten die Berner über die Geschicke von Schloss und Ortschaft. Mit dem Ende des Ancien Régime kam auch das Ende der Berner Herrschaft in Oberhofen, und das Schloss geriet in Privatbesitz. Die Zeit von Adel und Lehen war endgültig vorbei. Ökonomisch waren in Oberhofen über Jahrhunderte drei Wirtschaftszweige bestimmend: Ackerbau, Rebbau und Fischerei. Kein Wunder, wenn man die Nähe zum See und das milde Klima am rechten Thunerseeufer bedenkt. Zusätzlich war Oberhofen eine wichtige Station des Schiffverkehrs auf dem Thunersee. Ende des 19. Jahrhunderts kam eine zusätzliche Einkunftsquelle für die Oberhofner und Oberhofnerinnen auf: der Tourismus. Die Gemeinde entwickelte sich Schritt für Schritt zum Kurort. Das um 1875 erbaute Logierhaus Moy war eine der ersten Unterkünfte in Oberhofen für die anwachsende Touristenschaar, die die Schönheit der Thunerseeregion für sich entdeckt hatte. Es folgten viele weitere Pensionen und Hotels. Die beiden Weltkriege bedeuteten dann eine Zäsur für das Gastgewerbe, und erst in den 50er-Jahren wurden die Bautätigkeiten wieder aufgenommen. Nun entstanden vermehrt Ferienhäuser und Ferienwohnungen. 


Modern und elegant in die Zukunft

In der ersten Blütezeit des Tourismus in Oberhofen wurde um 1900 die Pension Zaugg gebaut – so der ursprüngliche Name des «Niesenblicks». Über die Familie Zaugg ist wenig bekannt, zumindest gesichert ist, dass zwei Schwestern mit Namen Zaugg die Pension mehrere Jahrzehnte führten und vis-à-vis in einer Dépendance wohnten. Spätestens im Jahr 1976 ging die Ära Zaugg zu Ende, und die neue Besitzerschaft taufte die Pension im Längenschachen auf den Namen «Niesenblick» um. Nun machen wir einen Sprung in die Gegenwart. Vor gut zwei Jahren kauften Nathalie und Sandro Ravasio den «Niesenblick». Das Vollblutunternehmerpaar aus dem Raum Solothurn ist eigentlich spezialisiert auf möblierte Wohnungen und Zimmer, die auf Zeit vermietet werden. Doch die beiden haben sich sofort in das schöne Gebäude verliebt, und so sind sie nun auch Hotelbesitzende. Zusammen wollen sie den «Niesenblick» in die Zukunft führen. Die neun Zimmer des Hotels wurden kernsaniert und bekamen einen mediterranen, maritimen Stil verpasst. Die Zimmer sind elegant und eher schlicht gehalten, und dank den pointiert eingesetzten Dekoelementen wirken sie freundlich und fröhlich. Die weitläufige Terrasse erhielt ein Lifting und kann nun mit einem modernen Bar-Lounge-Flair auftrumpfen. Auch für die Zukunft ist noch einiges geplant: So möchten sie beispielsweise den bisher ungenutzten Estrich zu einer Suite umbauen und die Terrasse noch weiter vergrössern. Das Restaurant des «Niesenblicks» wird verpachtet, doch Besitzerschaft und Restaurantführung arbeiten eng zusammen, um gemeinsam ein harmonisches Ganzes zu bieten. Die Küche kann als schweizerisch-mediterran beschrieben werden, wobei ihnen wichtig ist, dass sie nicht abgehoben ist – vom Arbeiter bis zur Bankdirektorin sollen sich alle wohlfühlen. Zu diesem Konzept gehört auch, dass die unterschiedlichsten Events im Restaurant angeboten werden. Der «Niesenblick» soll ein Begegnungsort sein für alle, die Freude am Schönen haben.


Dem See so nah

Der grösste Selling-Point des «Niesenblicks» ist natürlich die wunderschöne Lage am Thunersee. Wenn man eines der Zimmer mit Seeblick betritt und durch die grossen Fenster das weite Blau erblickt, hat man das Gefühl, schon fast im See zu baden. Der «Niesenblick» hat sogar einen eigenen Bootssteg zu bieten – und der wird auch rege benutzt. Vom kleinen hoteleigenen Strand über Pedalos und ein Pontonboot bis hin zu Motorbooten hat das Hotel einiges für seine wasserbegeisterten Gäste im Angebot. Wenn die kälteren Monate nahen, wird es etwas ruhiger rund um den Thunersee, doch nicht so im «Niesenblick». Viele Gäste suchen gerade die spezielle Ruhe, die den See in der kalten Jahreszeit umgibt. Während dieser Monate steht den Gästen zusätzlich eine Sauna und ein Hot-Tub, die sie selbst anfeuern können, zur Verfügung – natürlich mit Blick auf den See. 

Wenn man die Fassade des «Niesenblicks» betrachtet, kann das Gefühl aufkommen, dass die Zeit stehengeblieben ist. Kaum etwas hat sich in den letzten 120 Jahren verändert. Noch immer sind die vielen verschnörkelten Holzverzierungen zu erkennen, die den Charme dieses im Jugendstil gebauten Chalets unter anderem ausmachen. Auch im grossen Gastraum des Restaurants, dem Salon Niesenblick, ist Holz das bestimmende Element, und die mysteriöse Geschichte dieses ehrwürdigen Hauses wird spürbar. Im Kontrast dazu stehen die modernen Hotelzimmer und die überdachte Terrasse. Dabei gelingt es dem Team des «Niesenblicks», eine Einheit aus diesen Elementen zu schaffen, und es kreiert somit das, was ihm am wichtigsten ist: Harmonie.

Hinterlassen Sie einen Kommentar

* Erforderlich