Der Siebenschläfer – ein friedlicher Nachbar
Der Siebenschläfer – ein friedlicher Nachbar
Es gibt Wildtiere wie beispielsweise Füchse und Eichhörnchen, die wir oft zu sehen bekommen, andere zeigen sich eher selten. Zur zweiten Gruppe gehört der Siebenschläfer – und das, obwohl das kleine Tier mit seinen grossen Augen und dem buschigen Schwanz oft gar nicht so weit vom Menschen entfernt lebt.
Text: Hanspeter Latour | Fotos: Hanspeter Latour, zvg
Der kleine Schläfer
Teilweise schon im Herbst, aber sicher im Winter und im Frühling schläft der zur Familie der Bilche gehörende Siebenschläfer in seiner Behausung. Diese Verhaltensweise hat dem guten Kletterer seinen Namen gegeben. Der Siebenschläfer schläft sieben Monate im Jahr oder eben ohne Weiteres auch länger.
Er ist nicht nur ein vorwiegend nachtaktives Tier, sondern auch ein ausgesprochener Liebhaber des Sommers. Zu dieser Jahreszeit findet er reichlich Buchenkerne, Eicheln, Haselnüsse und verschiedene Sämereien, welche er für die Paarungszeit und dann insbesondere für den anzulegenden Winterspeck benötigt. Sein Lebensraum entspricht seinen Nahrungsvorlieben. Er bevorzugt lichte Buchen- und Mischwälder oder Parkanlagen mit Hecken und Haselsträuchern.
Siebenschläfer können ein Alter von sechs bis neun Jahren erreichen. Ein Weibchen bringt in der Regel fünf bis sieben Jungtiere zur Welt. Die Jungen werden in mit Laub gepolsterten Hohlräumen von Bäumen oder schutzbietenden Totholzstrukturen aufgezogen. Gerne suchen sich die Siebenschläfer dafür aber auch für Vögel bestimmte Nistkästen aus, wenn die Vogelbruten vorbei sind. Den Winter verbringen sie an frostsicheren Plätzen im Boden oder nicht selten in Gebäuden. Der Siebenschläfer gilt als nicht gefährdet, ist aber geschützt und darf in Fällen, in denen er störend wirkt, nicht getötet, sondern nur vergrämt werden.
Mir ist eine solche Geschichte von einem Ferienheim bekannt. Von der tieferliegenden Küche gab es einen kleinen Schacht mit einem Handaufzug zum Essraum. Als bemerkt wurde, dass sich dort ein Siebenschläfer zur Überwinterung eingenistet hatte, liessen die Erstbenutzer diesen gewähren, respektive schlafen und erklärten den Aufzug als gesperrt. Fortan benutzten sie zum Geschirrtransport die kurze Treppe. Ob auch die folgenden Ferienheimbenutzer so tierliebend waren, entzieht sich meiner Kenntnis. Ganz sicher landete das Tier aber nicht als Zubereitung für eine Delikatesse in der Küche, wie dies von den alten Römern gepflegt und genossen wurde.
In unserem Garten und Wäldchen bekam ich leider noch nie einen Siebenschläfer zu Gesicht. Ganz in der Nähe fand ich bei einem grossen, schon älteren Holzstapel deutliche Losungshaufen eines Siebenschläfers. Weil ich auf nächtliche Beobachtungen verzichtete, bekam ich ihn aber nie zu sehen. Als ich meinem Kollegen Martin beim Reinigen der Nistkästen davon erzählte, sagte er mir, er wüsste in seinem Revier ganz genau, in welchen Nistkästen Siebenschläfer zu sehen wären. Gerne nahm ich sein Angebot zu einer Beobachtung an.
Erfolgreiche Sichtung
Ausgerüstet mit Feldstecher und Fotoapparat fokussierte ich den ersten von Martin geöffneten Nistkasten. Tatsächlich war auf dem Kastenboden reichlich Laub, was auf einen Bewohner hinwies. Ein Tier war allerdings nicht zu sehen. Wir gingen auf dem Waldweg zum nächsten, an einem Laubbaum befestigten Kasten und kaum hatte Martin diesen geöffnet, kletterte ein schöner Siebenschläfer auf die obersten Äste. Martin machte den Kasten wieder zu, ich machte meine Fotos und anschliessend zogen wir uns zurück und beobachteten mit dem Feldstecher aus grösserer Distanz, wie der Siebenschläfer wieder einzog. Ich dankte Martin für die erfolgreiche Beobachtung und bei einem Kaffee mit Nussgipfel unterhielten wir uns im Restaurant «Gärtli» über das Nebeneinander von Vögeln und Siebenschläfern.
Es kommt gelegentlich vor, dass Siebenschläfer noch während der Brutzeit der Vögel in deren Gelege eindringen. In solchen Fällen ist es um die Eier oder Jungvögel geschehen. Mehrheitlich sind die Vogelbruten jedoch vorbei und von einer starken Bedrohung der Vögel durch die Siebenschläfer kann keine Rede sein.
Gerne zeige ich Ihnen auf der nebenstehenden Seite meine Bilder vom nicht gefährdeten, aber doch selten zu sehenden Tier mit seinen grossen schwarzen Augen, den langen Schnauzhaaren, den rundlichen Ohren und dem buschigen Schwanz.
Es kommt gelegentlich vor, dass Siebenschläfer noch während der Brutzeit der Vögel in deren Gelege eindringen.
Unser Buchtipp
Natur mit Hanspeter Latour
Autor: Hanspeter Latour
336 Seiten, 21,5 × 25,5 cm, gebunden,
Hardcover
ISBN 978-3-03818-265-8, CHF, 49.– / EUR 44.–